Heilbronner Schwurgericht verhängt Haftstrafe wegen Totschlags mit Tequilaflasche
Der Verurteilte hat im November vergangenen Jahres seine Freundin erschlagen. Jetzt wurde der 30-Jährige vom Heilbronner Landgericht verurteilt. Unterdessen kündigte der Verteidiger des Angeklagten Revision an.

Im Totschlagsprozess mit der Tequilaflasche hat die Schwurgerichtskammer des Heilbronner Landgerichts den 30-jährigen Angeklagten am Mittwoch für schuldig befunden. Darüber hinaus kam die Kammer zu der Auffassung, dass der Beschuldigte in der Nacht auf den 6. November 2021 vor dem tödlichen Schlag mit der Tequilaflasche auf den Kopf seiner Freundin deren damals siebenjährigen Sohn geschlagen und seinen Kopf in einer Tür eingeklemmt hat.
Dafür verhängten die Richter eine Gesamtfreiheitsstrafe von elf Jahren und sechs Monaten. Für die Körperverletzung zum Nachteil des Vaters der Getöteten in der Halloweennacht 2015 verurteilte die Kammer den Angeklagten zudem zu einer weiteren Haftstrafe von einem Jahr und drei Monaten.
Sicherheitskräfte erhöhen Präsenz im Gerichtsgebäude
Polizei und Ordnungskräfte hatten die Sicherheitsmaßnahmen vor und während des letzten Verhandlungstages in diesem langwierigen Indizienprozess noch einmal mit erhöhter Präsenz verstärkt. Dem Angeklagten wird eine kurze Zündschnur nachgesagt. Schon einmal war es während der Verhandlung zu einem Tumult gekommen, bei dem der Angeklagte aufstand und sich aggressiv an den Anwalt der Nebenklage wandte.
Im Zuschauerraum war am Mittwoch nicht genügend Platz für die interessierten Prozessbeobachter. Freunde der Opferfamilie harrten rund eine Stunde lang vor dem Gebäude aus, während der Vorsitzende Richter Martin Liebisch im Großen Saal des Landgerichts das Urteil der Kammer begründete.
Einlassung des Angeklagten deckt sich mit keinem einzigen Beweismittel
In diesem Indizienprozess hatten die Richter gegensätzliche Aussagen abzuwägen und in der Gesamtbetrachtung aller Umstände zu würdigen. Die Einlassung des Angeklagten, seine Freundin sei gegen eine Tür gestürzt, nachdem er sie geschubst habe, könne das Gericht zwar nicht widerlegen, so Liebisch. Für diese Version gebe es aber ebenso keine Augenzeugen wie für den Schlag mit der Flasche. Diese Einlassung decke sich aber nicht mit auch nur einer einzigen Zeugenaussage und allen weiteren Beweismitteln, wie etwa Sprachnachrichten, die in dieser Nacht hin- und hergeschickt wurden.
Entscheidend für den Schlag mit der Flasche spricht nach Auffassung des Gerichts unter anderem, dass die Freundin der Zeugin, die sich in der Tatnacht in der selben Wohnung aufhielt, ihrem Mann per Handy davon berichtete, nachdem das Opfer ihr kurz zuvor davon erzählt hatte. Zu diesem Zeitpunkt rechnete keiner der Beteiligten damit, dass die 30-Jährige ableben würde, so Liebisch. So scheide auch ein Komplott gegen den Angeklagten aus. „Keiner konnte zu diesem Zeitpunkt sehen, welche Bedeutung dieser Hinweis hat“, so Liebisch.
Opferfamilie empfindet Urteil als Genugtuung
Nach dem Richterspruch lagen sich die Angehörigen und die Freunde der Familie der Getöteten auf der Treppe vor dem Gerichtsgebäude in den Armen. „Es ist wie ein Geburtstagsgeschenk“, sagte die Halbschwester des Opfers erleichtert. Sie feierte am Mittwoch ihren 23. Geburtstag. Auch die andere Halbschwester ist mit dem Urteil zufrieden. „Für die deutsche Justiz ist das ein gutes Urteil“, sagte sie. Für die Eltern der Gestorbenen ist der Richterspruch eine Genugtuung. „Auch wenn das Urteil niemanden zurückbringt“, sind sich die beiden einig.
Staatsanwältin spricht von deutlichem Zeichen
„Die hohe Haftstrafe stellt ein deutliches Zeichen dar, wie Kapitalverbrechen auch im Nahbereich geahndet werden“, sagte Staatsanwältin Sabrina Klaiber. Das Urteil trage der langjährigen gewalttätigen Beziehung und dem schweren Verlust der Angehörigen Rechnung, so Sabrina Klaiber.
„Der Rechtsstaat hat seine Pflicht getan“, sagte Tobias Göbel, einer der Anwälte der Nebenkläger. Es sei ein gutes Urteil. „Aber nur ein Wort der Reue des Angeklagten wäre viel wert gewesen.“ Währenddessen kündigte der Verteidiger des Verurteilten noch in den Fluren des Gerichtsgebäudes an, in Revision zu gehen. „So kann man ein Urteil auch hindrehen,“ sagte Lars Middendorf.
Gesamtbetrachtung im Indizienprozess
Im Totschlagsprozess mit der Tequilaflasche vor dem Heilbronner Landgericht gibt es keine Augenzeugen. Lediglich eine Zeugin hat vom Opfer gehört, dass ihr Freund sie mit der Flasche geschlagen habe. Die Version des Angeklagten widerspricht dieser Darstellung. Für sie gibt es keine Zeugen. In so einem Prozess rücken Indizien in den Fokus. Selbst wenn die Beweislast eines jeden wichtigen Indizes nicht zum Nachweis der Täterschaft für ausreichend erachtet werden mag, kann es laut Bundesgerichtshof doch mit seinem verbleibenden erheblichen Beweiswert in der Gesamtheit aller belastenden Indizien dem Gericht eine entsprechende Überzeugung vermitteln.
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