Nach Messerangriff auf Polizisten in Rosengarten: Staatsanwalt fordert Haftstrafe
Im Prozess um versuchten Totschlag an einem Polizisten in Rosengarten fordert die Staatsanwaltschaft eine hohe Haftstrafe. Die Verteidigung spricht von einer „Notsituation“ und einem „fehlgeleiteten Elterninstinkt“.

Eine Inobhutnahme zweier Kinder am 1. Juli 2025 in Rosengarten (Landkreis Schwäbisch Hall) ist offenbar vollkommen eskaliert. Unter anderem soll dabei der 35 Jahre alte Vater mit einem Brotmesser auf einen Polizeibeamten eingestochen haben. Dieser blieb körperlich zwar unverletzt. Oberstaatsanwalt Harald Lustig fordert in seinem Plädoyer am Freitag vor dem Heilbronner Landgericht dennoch eine sieben Jahre lange Haftstrafe unter anderem wegen versuchten Totschlags.
Verteidiger Michael Donath räumte eine versuchte gefährliche Körperverletzung ein und forderte eine Bewährungsstrafe für seinen Mandaten.
SEK in Rosengarten: Im Flur des Angeklagten herrschten tumultartige Zustände
Tumultartige Zustände herrschten offenbar am 1. Juli 2025 in der Rosengartener Wohnung des Angeklagten, der zusammen mit seiner Lebensgefährtin zwei Kinder hat. Das zuständige Jugendamt sah schon seit längerem das Kindeswohl der fünfjährigen Zwillinge gefährdet.
Ein Gerichtsvollzieher sollte deshalb auf Beschluss des Amtsgerichts Schwäbisch Hall die beiden Kinder in Obhut nehmen. Dafür benötigte er nicht nur die Hilfe von vier Streifenpolizisten, sondern am Ende den Einsatz eines Spezialeinsatzkommandos (SEK) der Polizei.
Nachdem der Angeklagte dem Gerichtsvollzieher zunächst die Türe vor der Nase zuschlug, öffnete die Polizei das Schloss mit einem Dietrich. Drei Beamte gingen in die Wohnung. Ein vierter Polizist postierte sich hinter dem Haus, um eine mögliche Flucht zu verhindern.
Angeklagter kam unvermittelt mit einem Brotmesser zurück
Nach lautstarkem Wortgefecht und Gerangel im Flur, verschwand der Angeklagte offenbar hinter einem Vorhang in der Küche und soll unvermittelt mit einem Brotmesser zurückgekommen sein. Ohne Ankündigung soll der gelernte Bäcker hinter dem Vorhang heraus mehrfach auf den Oberkörper eines der Beamten eingestochen haben.
Die Polizisten zogen ihre Waffen und sprühten Pfefferspray. Der Beschuldigte zog sich daraufhin offenbar mit den beiden Kindern in den hinteren Wohnbereich zurück, um wie er sagte, mit ihnen zu spielen, fernzusehen und sich zu verabschieden. Die Beamten vor Ort forderten Verstärkung. Nach vier Stunden beendete das Spezialeinsatzkommando die Situation.
„Wenn jemand mit einem Messer mit einer 20 Zentimeter langen Klinge im Bereich des linken Schlüsselbeins, der Brust und des Herzens auf einen Menschen einsticht“, ist für Oberstaatsanwalt Lustig der Tatbestand des versuchten Totschlags erfüllt. In so einem Fall könne der Täter nicht beherrschen, ob die Tat nicht zu einer tödlichen Verletzung führt. „Er hat den Tod billigend in Kauf genommen“, sagte der Vertreter der Staatsanwaltschaft. Er forderte eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren.
Prozess in Heilbronn: Verteidiger spricht von einer Überforderung seines Mandaten
Von einer Tötungsabsicht könne keine Rede sein, sagte dagegen der Verteidiger des Angeklagten. Sein Mandant sei von der Situation völlig überfordert gewesen. Plötzlich habe eine Überzahl von Einsatzkräften bewaffnet im Flur seiner Wohnung gestanden und kompromisslos die sofortige Übergabe seiner Kinder gefordert.
Dass es derart eskalierte, sei dem Umstand zu verdanken, dass die Welt den momentan beschäftigungslosen Bäcker gelehrt habe, er habe nichts zu befürchten, wenn er sich nur konsequent genug querstelle. „Das war eine Fehleinschätzung“, sagte der Anwalt. „Sein Endziel war aber nicht die Eliminierung eines Beamten.“ Donath sprach vielmehr von einem „fehlgeleiteten Elterninstinkt“. Der Verteidiger plädierte auf eine Haftstrafe von zwei Jahren, die zur Bewährung ausgesetzt werden solle.
Der Angeklagte selbst entschuldigte sich in seinem letzten Wort beim Geschädigten, der seit dem Messerangriff psychisch angeschlagen und arbeitsunfähig ist. Der Vorsitzende Richter Martin Liebisch kündigte das Urteil der ersten Schwurgerichtskammer für Montag, 15. Dezember, um 11 Uhr an.
Kommentare öffnen

Stimme.de
Kommentare