Neues Müllsystem verunsichert Heilbronner – „alle Haushalte betroffen“
In Heilbronn wird 2026 ein neues Müllsystem eingeführt. Zahlreiche Bürger haben Bedenken, was auf sie zukommt.
Im nächsten Jahr wird in Heilbronn ein neues Abfuhr- und Gebührensystem im Abfallbereich eingeführt. Es gibt viele Fragen. Bürger stehen bei den Entsorgungsbetrieben im Technischen Rathaus Schlange. Robert Kenst, kaufmännischer Leiter der Betriebe, und Sachgebietsleiterin Susanne Koch antworten auf die gängigsten Fragen.
Neues Müllsystem für Heilbronn soll Anreize für bessere Abfalltrennung und -vermeidung bieten
Warum wird in Heilbronn 2026 ein neues Abfuhr- und Gebührensystem eingeführt?
Robert Kenst: Unser jetziges System mit Müllmarkenversand ist nicht zukunftsfähig. Die Anforderungen an die Abfallwirtschaft und somit die Kosten sind gestiegen. Als Beispiele nenne ich getrennte Sammlungen, ständig neue rechtliche Vorgaben, die CO2-Bepreisung, die Harmonisierung mit der Abfallwirtschaft des Landkreises Heilbronn und die Digitalisierung.
Heißt das, die Bürger sollen noch mehr reguliert werden?
Kenst: Nein. Wir wollen dem Bürger Anreize bieten, durch eine bessere Abfalltrennung und -vermeidung die Gebühren so niedrig wie möglich zu halten.
Susanne Koch: Wenn wir so weitermachen, kommen künftig weitaus höhere Kosten auf die Bürger zu.
Mit dem neuen System erfolgt die Umstellung vom Haushalts- auf den Grundstückstarif. Warum?
Kenst: Von den 44 öffentlichen Entsorgungsträgern hat die überwiegende Zahl den Grundstückstarif. Dadurch werden in Heilbronn jährlich etwa 17 000 Behältertausche vermieden.
Welche Haushalte sind von der Systemumstellung betroffen?
Kenst: Alle.

Was sieht die neue Regelung für Mehrfamilienhäuser vor?
Kenst: Es gibt eine Empfehlung für die gemeinschaftliche Nutzung von Behältern. Ab zehn Wohneinheiten ist künftig die gemeinschaftliche Behälternutzung vorgeschrieben.
Neues Müllsystem für Heilbronn: Großen Flut an Anfragen
Wird dies kontrolliert?
Koch: Zunächst nicht, aber im Nachgang schon. Wir sind nicht darauf aus, Bußgelder zu kassieren.
Ein Vorwurf lautet, Hausverwaltungen seien nicht informiert worden?
Kenst: Wir haben die großen Hausverwaltungen eingeladen, aber die Teilnahme war äußerst unbefriedigend. Zuletzt haben wir die Adressen der Hausverwaltungen ermittelt, ab 2. Mai erhalten sie die Zugangsdaten für die Behälterbestellungen ihrer Wohnanlagen.
Die Meldefrist für die Tonnen wurde verlängert. Es heißt, die Server seien überlastet.
Kenst: Die Meldefrist wurde aufgrund der großen Flut an Anfragen bis 30. Mai verlängert. Es melden sich Eigentümer und Mieter. Wir wollen allen gerecht werden.Koch: 10 000 Nutzer können gleichzeitig auf die Server zugreifen. Probleme gab es wegen der vielen Handyzugriffe, der Überlastung des Telefonnetzes und wegen Fehlbedienungen.
Ein Leser schreibt unter anderem: Nur weil ich einen Anteil an einem Grundstück mein Eigen nenne, soll ich nun die Kernaufgaben der städtischen Müllabfuhr übernehmen.
Kenst: Das ist so nicht richtig. Es gilt für die Abfallentsorgung der Anschluss- und Benutzungszwang. Das heißt: Das Grundstück muss an die Abfallentsorgung angeschlossen sein. Gleiches gilt beispielsweise beim Abwasser. Der Bürger ist nicht unser Erfüllungsgehilfe.
Müllabfuhr in Heilbronn: An den Sperrmüllsammlungen ändert sich nichts
Wie sieht die Entsorgung von Bioabfall aus?
Kenst: Wie für den Restmüll werden auch für den Bioabfall Chip-Behälter zur Verfügung gestellt und nach dem Grundstückstarif abgerechnet.
Gibt es künftig noch Sperrmüllsammlungen?
Kenst: Ja, da ändert sich an der bisherigen Regelung nichts. Einmal pro Jahr ist die Abholung kostenlos. Die Abfuhr kann online geordert werden. Abfallratgeber mit Bestellkarte liegen im Technischen Rathaus und in den Bürgerämtern aus.
Was kostet die ganze Umstellung den Bürger?
Kenst: Geschätzt rund 1,7 Millionen Euro für die neuen Behälter mit Chip-Ausstattung sowie rund 250 000 Euro Verteilungskosten. Die Kosten werden über die Abschreibung auf zehn Jahre verteilt. Die Restmüllgroßbehälter werden nicht ausgetauscht.
Neue Mülltonnen für Heilbronn: Preissteigerung von 40 Prozent im Gespräch
Was passiert mit den alten Behältern?
Koch: Die gut erhaltenen Behälter sollen möglichst in anderen Abfuhrgebieten weiterverwendet werden, die unbrauchbaren werden zerkleinert und als Rohstoff für neue Produkte wie Abfallbehälter verwendet.
Die Restmüllabfuhr wird 2026 neu vergeben. Die Rede ist dann von einer Preissteigerung von 40 Prozent. Wie kann das sein?
Kenst: Der letzte Vertrag war aus 2015 und enthielt sehr gute Konditionen. Die jetzt erfolgte Ausschreibung hat diese Steigerung erbracht. Auch der neue Vertrag ist langfristig angelegt.
2027 soll die Entsorgung des Restmülls teurer werden.
Kenst: Richtig. Auch hier gilt: Der alte Vertrag war sehr günstig. Jetzt wird die Verbrennung teurer, auch wegen der CO2-Bepreisung. Prognosen über die Höhe sind derzeit noch nicht möglich.
Neues Müllsystem für Heilbronn: Sorge vor illegal entsorgtem Müll
Sie rechnen damit, dass es drei Jahre dauern wird, bis sich das neue Abfuhr- und Gebührensystem eingependelt hat.
Kenst: Das sind Erfahrungen anderer öffentlicher Entsorgungsträger. Eventuell müssen Prozesse im Laufe der Zeit angepasst werden. Wir sind nicht allwissend.
Wie kann die Fremdbefüllung von Tonnen verhindert werden?
Kenst: Ab dem kommenden Jahr können Schwerkraftschlösser gegen Gebühr bestellt werden. 82 Euro kosten sie für Kleinbehälter, 94 Euro für Großbehälter.
Es gibt die Sorge, dass mit dem neuen Abfuhr- und Gebührensystem illegal entsorgter Müll zunehmen wird. Sehen sie das genauso?
Kenst: Davon gehen wir nicht aus. Zudem stellen wir mit dem neuen System sicher, dass auf allen Grundstücken Abfallbehälter in ausreichender Größe vorhanden sind.
Ist ein Zurück zum bisherigen System denkbar?
Kenst: Nein.