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Nach Raser-Prozess
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Heilbronner Richter fordert: Autos von Rasern beschlagnahmen – geht das so einfach?

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Sollen die Fahrzeuge potenzieller Raser beschlagnahmt werden? Das fordert unter anderem der Heilbronner Richter Alexander Lobmüller, der das Urteil im Fall des Wollhaus-Rasers gesprochen hat. In anderen Ländern ist dies bereits Realität.

In vielen europäischen Ländern ist es bereits seit längerer Zeit Praxis, seit März gilt die Regelung auch im Nachbarland Österreich: Verkehrsteilnehmer, die etwa durch Rasen die eigene und die Sicherheit anderer gefährden, müssen neben Geldbußen und Haftstrafen auch damit rechnen, dass ihr Fahrzeug beschlagnahmt und gegebenenfalls sogar versteigert wird. Nach Vorstellung der beiden Heilbronner Christoph Trossbach und Alexander Lobmüller soll diese Möglichkeit auch hierzulande Anwendung finden.

Heilbronner Richter fordert: Ordnungsamt der Stadt soll bei Rasern eingreifen

Der CDU-Stadtrat und der Richter, der im bundesweit beachteten Prozess gegen den "Wollhausstraßen-Raser" eine Haftstrafe von neuneinhalb Jahren wegen Mordes an einem 42-jährigen Familienvater verhängt hat, fordern in einem Antrag an die Stadtverwaltung Heilbronn, "klare Kante gegen Raser" zu zeigen. Das Ordnungsamt solle die Autos von Rasern sofort beschlagnahmen – auch, wenn es weder zu einem Unfall noch zu einem Urteil gekommen ist. Aber ist dies so einfach möglich, wie sich das die Antragsteller vorstellen?

Thorsten Wolf, Fachanwalt für Verkehrsrecht bei der Heilbronner Kanzlei Menzel Rosskopf Partner, hält eine Beschlagnahme "durchaus für ein probates Mittel, um potenzielle Wiederholungstäter abzuschrecken". Wolf verweist darauf, dass ein solches Vorgehen im Bereich des Polizeigesetzes möglich ist. Das ist in Baden-Württemberg Landessache und betreffe das Verwaltungsrecht. "Und hier gibt die Gesetzeslage ein solches Vorgehen durchaus her", so der Jurist. Angewandt werde die Beschlagnahme in der Praxis in der Breite allerdings seines Wissens nach "sehr zurückhaltend".

Ziel: Eine Störung der öffentlichen Sicherheit vermeiden

Und genau darum geht es den Antragstellern letztlich auch. Denn Richter Alexander Lobmüller verweist in Zusammenhang damit auf Paragraf 38, Absatz eins des Polizeigesetzes. Demzufolge kann die Polizei, das bestätigt auch Thorsten Wolf, eine Sache beschlagnahmen, wenn es so dem Schutz "eines Einzelnen oder des Gemeinwesens gegen eine unmittelbar bevorstehende Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung" dient oder eine Störung damit beendet oder verhindert werden kann.

Der Heilbronner Richter bezieht sich dabei auf einen Beschluss des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 18. März. Demnach könne das Verhindern einer Störung "nicht nur aus der Tat selbst, sondern auch aus den Voreintragungen und dem Nachtatverhalten schließen", so Lobmüller. Das Verwaltungsgericht hatte die Beschlagnahme des Fahrzeugs eines jungen Rasers für rechtens erklärt, der unmittelbar zuvor bereits mehrere Verkehrsregeln missachtet hatte.

Fahrzeug muss dem Raser nicht unbedingt auch selbst gehören

Liege eine Wiederholungsgefahr vor, könne das Fahrzeug, von dem die Gefahr ausgeht, beschlagnahmt werden - und zwar im Gegensatz zu den Vorgaben des Strafgesetzbuchs unabhängig vom Eigentumsverhältnis. Im Fall des "Wollhausstraßen-Rasers" gehörte der BMW nicht dem Angeklagten selbst, sondern dessen Vater. "Es kommt somit darauf an, ob ausreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Antragsteller in allernächster Zeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit weitere erhebliche Verkehrsverstöße, respektive Straftaten, mit seinem Fahrzeug begehen würde", so Lobmüller. "Leider" habe dies "die für die Gefahrenabwehr zuständige Stadt Heilbronn bislang noch nicht auf dem Schirm". 

Während dem ersten deutschen Autofahrer sein Fahrzeug in Österreich bereits abgenommen wurde, dürften allerdings ausländische Raser hierzulande einen Entzug des Fahrzeugs eher nicht fürchten müssen. "Wird er in Deutschland wegen eines Vergehens erwischt, ist diese Maßnahme eher nicht gerechtfertigt", sagt Fachanwalt Thorsten Wolf. "Er ist in diesem Fall ja in der Regel erstmalig auffällig." 

Die Polizei Heilbronn nimmt bei Kontrollen auch immer wieder gezielt Raser und Poser ins Visier.


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Kommentare

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Jürgen Mosthaf am 08.06.2024 07:02 Uhr

Stadtrat Troßbach hat als gewählter Vertreter des höchsten Organes einer Verwaltung diesen äußerst sinnvollen Antrag gestellt. Seine Zugehörigkeit zu einer politischen Gruppierung ist durchaus von öffentlichem Interesse. Weder sein Beruf noch sein Hobby oder seine Religion wären erwähnenswert. Käme der Antrag von der SPD und wäre am Sonntag keine Wahl hätte sich Frau Kugler- Wendt sicherlich nicht so echauffiert. Bemerkenswert ist die gewichtige Unterstützung des Antrages durch Herrn Lobmüller. Ein noch klareres und stärkeres Signal wäre natürlich ein gemeinsamer Antrag aller Gemeinderäte gewesen. Den könnte man ja im Nachgang immer noch formulieren. Es es halt wie immer, nicht die Sache zählt sondern das Parteibuch. Damit hat man so manche gute Idee im Gemeinderat zerredet und zu Grabe getragen.

Jürgen Mosthaf

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Marianne Kugler-Wendt am 06.06.2024 19:46 Uhr

Sehr geehrter Herr Zwingmann,

Welche Rolle spielt es bei dem geschilderten Thema dass Herr Trossbach CDU Stadtrat ist?
Ist nicht seine Kompetenz als Rechtsanwalt gefragt? Oder wird mein Ehrenamt jetzt immer genannt, egal über welche meiner Aktivitäten berichtet wird? Wenn ich als Verdi Geschäftsführerin tätig war, wurde mein Ehrenamt „Stadträtin“ selten und nur dann genannt wenn es einen Zusammenhang gab. Erklären Sie mir bitte den Zusammenhang von Rasern Autos beschlagnahmen und Stadtrat? Danke und freundliche Grüße Marianne Kugler Wendt

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