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Prozess in Heilbronn: Mutmaßliche Islamisten planten Morde an Juden und eigenen Märtyrertod

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Um sich einer radikalislamistischen Terrorgruppe anzuschließen, wollte der 25-jährige Y. aus Bad Friedrichshall in Syrien in den Krieg ziehen. Laut Staatsanwaltschaft gab es mit dem 18-jährigen O. zudem Pläne für einen Mordanschlag.


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Mindestens zwei Menschen jüdischen Glaubens wollten die beiden Hauptangeklagten offenbar töten. Als Ort des Verbrechens hatten sich Y. und O. entweder eine Synagoge in Heidelberg oder ein jüdisches Kulturzentrum in Frankfurt ausgesucht.

Das geht unter anderem aus einem Chatverlauf hervor, den die beiden Angeklagten auf der Kommunikationsplattform Telegram seit Anfang dieses Jahres geführt haben, und der am Freitag, 29. November, vor der 15. Großen Jugendkammer des Landgerichts Heilbronn in Auszügen verlesen wurde.

Demnachwollten sich die Angeklagten nach dem Anschlag von der Polizei erschießen lassen, um den Märtyrertod zu sterben. Ein unbekannter Dritter, mit dem Y. auf der Plattform Simple X Kontakt hatte, sollte nach deren Tod ein Bekennervideo veröffentlichen, das die Attentäter zuvor erstellt haben würden. Darin wollten sie Bundeskanzler Scholz die Schuld geben, weil er Israel unterstütze.

Islamisten-Prozess in Heilbronn: Angeklagte recherchierten nach öffentlichen Auftritten von Kanzler Scholz

Sollte sich ihr Vorhaben nicht umsetzen lassen, würden Y. und O. laut ihrem Chat ein Attentat auf Scholz selbst verüben. Laut den Polizeibeamten des Landeskriminalamtes (LKA) und der Polizeidirektion Heilbronn hat die Auswertung der Handys der Angeklagten ergeben, dass sie kurz vor ihrer Verhaftung Anfang Mai dieses Jahres bereits im Internet nach bevorstehenden öffentlichen Auftritten des deutschen Kanzlers recherchierten. 

Die Staatsanwaltschaft wirft den beiden jungen Männern deshalb unter anderem "Verabredung zum Mord" vor. Y. steht in diesem Prozess außerdem wegen des Versuchs eines staatsgefährdenden Verbrechens vor Gericht. Der dritte Angeklagte H. aus Untereisesheim muss sich wegen Beihilfe zur Vorbereitung einer schweren Straftat verantworten. Er hatte Y. Anfang April zum Flughafen nach Stuttgart gefahren, von wo sich Y. über die Türkei nach Syrien schleusen lassen wollte.

Im dortigen Kriegsgebiet wollte sich der Angeklagte offenbar von der islamistischen Partisanengruppe Hai’at Tahrir al-Scham (HTS) zum Kämpfer ausbilden lassen, um in Syrien mit der als terroristisch eingestuften Vereinigung gegen syrische Regierungstruppen zu kämpfen. Ziel der HTS ist es, das Regime des Staatspräsidenten Baschar al-Assad durch einen sunnitisch-islamischen Gottesstaat zu ersetzen. 

Mutmaßliche Islamisten in Heilbronn vor Gericht – Verfassungsschutz wusste offenbar bereits von der Rückreise nach Stuttgart

Daraus wurde nichts. Y. schaffte es trotz mutmaßlich mehrerer Versuche und Kontaktpersonen in der Türkei nicht über die Grenze nach Syrien. Er kehrte Mitte April nach Deutschland zurück. Dem Verfassungsschutz war Y. offenbar mindestens zum Zeitpunkt seiner Rückreise bereits bekannt. Immerhin wusste die Behörde laut dem ermittelnden Heilbronner Polizeibeamten, dass Y. von Istanbul nach Stuttgart fliegen würde, und verfasste an die Polizeibehörden eine entsprechende Warnmeldung.

Als Kind sei er stets ein Außenseiter gewesen, sagte Y. vor Gericht. Er sei von anderen Kindern gemobbt und auch geschlagen worden. Außerdem leide er unter der Krankheit ADHS. Als Folge sei er von mehreren Schulen geflogen und habe auch alle Ausbildungen abgebrochen. "Meine Eltern hatten das Beste versucht. Sie haben mich aber nicht verstanden", sagte Y.

Prozess in Heilbronn: Mutter des Angeklagten wendet sich an die Polizei

Verstanden haben die Eltern aber offenbar, dass sich Y. mit den Jahren zunehmend der muslimischen Religion zuwandte und sich offenbar immer mehr radikalisierte. So wandte sich die Mutter des Angeklagten hilfesuchend an die Polizei und gab den Hinweis, dass sich ihr Sohn in Syrien einer radikalen Organisation anschließen wollte.

Bei der Hausdurchsuchung Anfang Mai fand die Polizei unter anderem ein Messer im Rucksack unter dem Gebetsteppich. Während Y. anfangs ruhig gewesen sei, setzte er sich im Laufe der Hausdurchsuchung immer mehr zur Wehr. Dabei warf er unter anderem mit einem Messer nach einem Polizisten und griff einen anderen mit Messern an. Dabei wurde er von einem der Beamten mit der Dienstwaffe angeschossen und verhaftet.

Für den Prozess gegen die drei Angeklagten hat die 15. Große Jugendkammer des Heilbronner Landgerichts 15 Zeugen und zwei Sachverständige geladen. Die Angeklagten sind alle in Deutschland geboren und haben die deutsche Staatsbürgerschaft. Für den Prozess sind acht Verhandlungstage angesetzt. Das Urteil fällt  voraussichtlich Ende Januar. Wegen seines Angriffs auf die Polizisten bei der Hausdurchsuchung in Bad Friedrichshall läuft ein getrenntes Verfahren vor dem Heilbronner Landgericht. 

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