Stimme+
Freispruch oder Haft? 
Hinzugefügt. Zur Merkliste Lesezeichen setzen

Mit Bierflasche lebensgefährlich verletzt: Plädoyers nach Attacke vor Heilbronner Kneipe

   | 
Lesezeit  2 Min
Erfolgreich kopiert!

Im November 2024 hat ein Mann in Heilbronn einen anderen mit einer Bierflasche lebensgefährlich verletzt. Im Gerichtsprozess wurden nun die Plädoyers gesprochen – mit völlig unterschiedlichen Auffassungen.


Externer Inhalt

Dieser externe Inhalt wird von einem Drittanbieter bereit gestellt. Aufgrund einer möglichen Datenübermittlung wird dieser Inhalt nicht dargestellt. Mehr Informationen finden Sie hierzu in der Datenschutzerklärung.

Dass der Angeklagte ein Alkoholproblem haben würde, bezweifelte am Tag vor dem Urteil keiner der Prozessbeteiligten. Wie hoch der Promillegehalt des 38 Jahre alten Böckingers in der Halloween-Nacht gewesen sein mag, vermochte aber auch der psychiatrische Sachverständige Matthias Michel in seinem Gutachten vor der Heilbronner Schwurgerichtskammer nicht zu rekonstruieren.

Videoaufnahmen, die den Beschuldigten in der Gaststätte am Heilbronner Bahnhof kurz vor der Tat zeigten, ergaben für den Ärztlichen Direktor am Weinsberger Klinikum am Weißenhof aber „keine Anhaltspunkte für eine Einschränkung der Steuerungsfähigkeit“.

Versuchter Totschlag vor Heilbronner Kneipe? Mit Bierflasche auf Kopf des Opfers geschlagen

Obwohl dem Angeklagten demnach die volle Schuldfähigkeit zugesprochen werden kann, ging Staatsanwältin Melanie Stahlmann in ihrem Plädoyer hinter die Anschuldigung zurück, mit der sie Mitte März in den Prozess gestartet war. Am 1. November habe der Angeklagte gegen 2.34 Uhr dem mutmaßlichen Opfer vor der Kneipe eine Bierflasche auf dem Kopf zertrümmert. Dabei habe er den Tod des Opfers billigend in Kauf genommen, so die Staatsanwältin damals. Die Anklage lautete deshalb versuchter Totschlag und gefährliche Körperverletzung.

Mit Bierflasche auf Opfer eingeschlagen: Staatsanwältin zieht Vorwurf des versuchten Totschlags zurück

Den Vorwurf des versuchten Totschlag zog die Anklagevertreterin bei ihrem Plädoyer zurück. Was genau vor der Gaststätte vorgefallen ist, könne nicht eindeutig rekonstruiert werden. Klar sei aber, dass es keine Hinweise darauf gebe, dass der Beschuldigte die Schwere der Verletzung erkannt und den Tod des mutmaßlichen Opfers in Kauf genommen habe. Der 38-Jährige sei nur wegen gefährlicher Körperverletzung zu verurteilen, so die Staatsanwältin. Dafür forderte sie sechs Jahre Gefängnis und die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt.

 Foto: Archiv/Berger

Ganz anders sah das die Rechtsanwältin des Geschädigten, der in diesem Prozess als Nebenkläger aufgetreten ist. Sie forderte eine Verurteilung wegen versuchten Totschlags. In der fraglichen Nacht habe ihr Mandant sowie weitere Gäste friedlich in der Gaststätte gesessen. Dann sei der Angeklagte gekommen und habe die Wirtin beleidigt. Anschließend habe er draußen gegen die Scheibe der Kneipe geschlagen. Ihr Mandant sei daraufhin nach draußen gegangen, um die Situation zu beenden. „Er hat damit Zivilcourage gezeigt“, sagte Andrea Wachter. 

In Heilbronn mit Bierflasche auf Kopf geschlagen: Verletzung zeichnet Opfer bis heute

Die rund acht Zentimeter lange Narbe auf der linken Wange zeichnet das Opfer auch noch ein halbes Jahr nach der mutmaßlichen Tat. Das linke Augenlid kann der Geschädigte seit dem Schlag mit der Bierflasche nicht mehr vollständig öffnen. Die linke Gesichtshälfte ist teilweise taub. Die acht Zentimeter lange Schnittverletzung, die bis auf den Knochen ging, hat den linken Kaumuskel und die Ohrspeicheldrüse durchtrennt. Die gerichtsmedizinische Gutachterin Melanie Hohner bestätigte in ihrem Gutachten, dass die Verletzung wegen der starken Blutung lebensgefährlich war. Noch in der selben Nacht wurde der Geschlagene im SLK-Klinikum operiert.

Verteidigerin Peggy Eisele forderte dennoch Freispruch für ihren Mandanten. Der Angeklagte habe in Notwehr gehandelt. Laut den Tonaufnahmen auf dem Video sei klar, dass die Version des Geschädigten nicht richtig sei. Er hatte ausgesagt, der Angeklagte sei sofort auf ihn zu gerannt und habe unvermittelt mit der Flasche zugeschlagen. Tatsächlich ist aber auf dem Video zu hören, dass der Beschuldigte zweimal gefragt hat, was das mutmaßliche Opfer für ein Problem habe.

Dass darüber hinaus der Haarreif, den der Angeklagte in dieser Nacht trug, auf der Straße gefunden wurde, spreche dafür, dass der Geschädigte zuerst zugeschlagen habe. Ihr Mandant habe sich lediglich verteidigt und zurückgeschlagen.

Der Vorsitzende Richter Martin Liebisch kündigte das Urteil für Dienstag, 13. Mai, um 11 Uhr an.




Kommentare öffnen
Nach oben  Nach oben