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Prozess in Heilbronn: Studienabbrecher wegen Polizeitrickbetrug vor Gericht

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Vier Angeklagte müssen sich vor dem Heilbronner Landgericht verantworten. Als Mitglieder einer hierarchischen Bande sollen sie im süddeutschen Raum ältere Menschen mit dem Polizeitrickbetrug hereingelegt haben.


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Vier Angeklagte sollen sich mit dem sogenannten Polizeitrickbetrug an älteren Menschen bereichert haben. Die Beschuldigten müssen sich seit Dienstag vor dem Heilbronner Landgericht verantworten. Beim Prozessauftakt zeigten sich zwei von ihnen geständig. Die anderen beiden wollen vorerst keine Angaben zur Sache machen.

Angeklagte wegen bandenmäßigen Polizeitrickbetrugs vor dem Landgericht Heilbronn

Staatsanwältin Jacqueline Hermann wirft den Angeklagten gewerbsmäßigen Bandenbetrug vor. Demnach hätten sich die Beschuldigten in wechselnder Besetzung zwischen dem 23. Juli 2024 und dem 5. November 2024 in fünf Fällen als Polizisten und Staatsanwälte ausgegeben, ihre Opfer mit falschen Behauptungen unter Druck gesetzt und die Geschädigten um insgesamt rund 70.000 Euro betrogen. Darüber hinaus sollen zwei der Angeklagten illegal Waffen nach Deutschland eingeschleust und verkauft haben.

Weil sie mit dem Polizeitrickbetrug mehrere Senioren um viel Geld gebracht haben sollen, müssen sich vier Angeklagte vor dem Heilbronner Landgericht verantworten.
Weil sie mit dem Polizeitrickbetrug mehrere Senioren um viel Geld gebracht haben sollen, müssen sich vier Angeklagte vor dem Heilbronner Landgericht verantworten.  Foto: Berger, Mario

Die Masche soll immer nach dem gleichen Muster verlaufen sein. Demnach hätten die mutmaßlichen Täter bei ihren ausgesuchten Opfern angerufen und sich als Polizeibeamte oder Staatsanwälte ausgegeben. Dabei hätten sie vorgegeben, Kenntnis davon zu haben, dass die Geschädigten Opfer unter anderem von rumänischen Einbrecherbanden werden würden.

Opfer sollten Geld und Wertgegenstände übergeben

Um dabei zu helfen, den Einbrechern das Handwerk zu legen, sollten die Geschädigten Geldbeträge, Schmuck und andere Wertgegenstände an einem vereinbarten Treffpunkt übergeben. Tatorte waren laut Staatsanwältin Möckmühl, Heidelberg, Ludwigsburg, Horb und Ansbach. Die Geschädigten waren zum damaligen Zeitpunkt zwischen 76 und 85 Jahre alt.

Laut Staatsanwältin seien die Beschuldigten Mitglieder einer gefestigten, hierarchisch strukturierten und mindestens sechsköpfigen Bande, die sich gewerbsmäßig Vermögenswerte beschaffen wollte, um ihren Lebensunterhalt zu finanzieren. Dabei hätten die Angeklagten die Rolle sogenannter „Läufer“ gespielt, die Bargeld und Wertgegenstände der Geschädigten abholten, nachdem diese zuvor aus der Türkei gesteuerte Anrufe erhalten hätten. Die Beute hätten sie anschließend an andere Bandenmitglieder weitergereicht und einen Teil für sich behalten können.

Zwei der vier Angeklagten sollen darüber hinaus einer Gruppierung angehört haben, die illegal halbautomatische Pistolen aus der Türkei in die Bundesrepublik geschleust hätten. Entsprechend hätten die Angeklagten E. und D. am 10. September 2024 mindestens zehn solcher Waffen gekauft und nach Deutschland geschmuggelt. Bedient hätten sie damit ihren Käuferstamm im Raum Stuttgart, Ludwigsburg und Heilbronn. Laut Anklage wollten die Angeklagten damit ihren Lebensunterhalt verdienen.

Die Strafprozessordnung ermöglicht sogenannte Verständigungsgespräche bei Gerichtsverhandlungen. Dabei sprechen Richter, Staatanwälte und Verteidiger hinter verschlossenen Türen über den möglichen weiteren Prozessverlauf. Ziel ist es dabei, die Verhandlung möglichst effizient zu gestalten und damit zu beschleunigen. Dafür sind in der Regel Geständnisse und uneingeschränkte Mitarbeit der Angeklagten die Voraussetzung. Im Gegenzug kann sich das mildernd auf das Urteil auswirken. Als Ergebnis gibt die Kammer einen Strafrahmen vor, der aber für das Urteil nicht bindend ist.

Alle vier Angeklagten habe auf Umwegen Studium aufgenommen und abgebrochen

Drei der Angeklagten sind in der Türkei geboren. Einer davon ist deutscher Staatsbürger. Der vierte Beschuldigte hat die iranische Staatsangehörigkeit. Allesamt haben auf Umwegen ein Studium aufgenommen, aber nicht abgeschlossen. Fachrichtungen waren Tourismusmanagement, Bauingenieur, Innenarchitekt und Wirtschaftskorrespondent. In Deutschland verrichteten drei der Angeklagten verschiedene Arbeiten, unter anderem als Bahnbegleiter bei der Deutschen Bahn, bei der Post, im Bereich Veranstaltungen, im Anwaltsbüro oder bei Lidl.

Während der vierte Angeklagte E. derzeit in einem Asylbewerberheim wohnt, hat sich der Beschuldigte M. als Unternehmensberater selbstständig gemacht und ist gleichzeitig Prokurrist in einem Unternehmen. Er ist derzeit noch auf freiem Fuß. Die Angeklagten G., E. und D. befinden sich seit 19. März in Untersuchungshaft.

Prozessbeteiligte loteten den Strafrahmen für die Beschuldigten aus

Die öffentliche Verhandlung wurde mehrfach unterbrochen. Unter anderem loteten die Prozessbeteiligten dabei in einem Verständigungsgespräch die im Raum stehenden Strafrahmen und die mögliche Vergünstigung bei Geständnissen aus.

Aus Sicht der Vorsitzenden Richterin Caroline Sachse und der Verteidiger kämen bei umfassenden Geständnissen für die Beschuldigten Strafen zwischen neun Monaten und vier Jahren heraus. Für die Angeklagten E. und D. forderte die Staatsanwältin den Strafrahmen jeweils um ein Jahr zu erhöhen. Worauf diese dann vorerst keine Angaben zur Sache machen wollten. „Dann machen wir eben das volle Programm“, sagte Rechtsanwalt Talip Öz.


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