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Polizeitrick-Opfer in Heilbronn: „Es klingt im Nachhinein alles so idiotisch“

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Im Prozess gegen vier Polizeitrickbetrüger haben am Dienstag zwei weitere Zeugen vor dem Heilbronner Landgericht ausgesagt. Während eine Rentnerin aus Möckmühl der Bande auf den Leim gegangen ist, hat ein Senior aus Horb den Braten gerochen.


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„Es klingt im Nachhinein alles so idiotisch“, sagte die 77 Jahre alte Rentnerin am Dienstag im Zeugenstand des Heilbronner Landgerichts. „Aber ich hatte Fieber und war voll mit Medikamenten.“ Die Möckmühlerin ist das erste Opfer von insgesamt fünf angeklagten Fällen, wegen denen sich vier Männer seit Mitte November 2025 vor der neunten Großen Strafkammer verantworten müssen.

Aussage in Heilbronn: Angeblicher Thomas Müller soll sich als Staatsanwalt ausgegeben haben

Die Staatsanwältin wirft ihnen unter anderem gewerbsmäßigen Bandenbetrug vor. Sie sollen Teil einer mindestens sechsköpfigen Bande gewesen sein, die zwischen dem 23. Juli 2024 und dem 5. November 2024 in wechselnder Besetzung mit dem Polizeitrickbetrug ältere Menschen unter Druck gesetzt und sich an ihnen bereichert haben soll.

Weil sie unter anderem ältere Menschen um Geld und Wertsachen betrogen haben sollen, stehen vier Angeklagte vor dem Heilbronner Landgericht.
Weil sie unter anderem ältere Menschen um Geld und Wertsachen betrogen haben sollen, stehen vier Angeklagte vor dem Heilbronner Landgericht.  Foto: Berger, Mario

„Das Telefon hat geläutet“, sagte die Möckmühlerin. Ein Thomas Müller sei am Apparat gewesen. Er sei von der Staatsanwaltschaft, und ihr Haus und sie selbst seien in größter Gefahr, habe er gesagt. Die Polizei habe zuvor zwei Einbrecher geschnappt und eine Liste mit 30 Adressen sichergestellt. Darauf sei auch ihre Anschrift aufgeführt gewesen.

Polizeitrick-Betrug in Möckmühl: Geschichte schien Opfer offenbar plausibel

Die Geschichte habe abenteuerlich geklungen. Dennoch schien sie ihr offenbar plausibel. Auch dass der falsche Staatsanwalt von einer Infrarot-Drohne gesprochen habe, die einen Tresor in ihrem Haus festgestellt habe. „Das hat gepasst“, sagte die 77-Jährige. Denn tatsächlich sei am Tag davor eine Drohne tief über ihr Haus hinweggeflogen.

Mehrmals habe sich der Mann am Telefon gemeldet. Und die Geschichte wurde offenbar immer haarstäubender. Die Polizei habe Erkenntnisse, dass sich Personen am Waldrand postiert hätten und deshalb ein Angriff auf ihr Haus drohe. Sie brauche aber keine Angst zu haben. Der falsche Staatsanwalt habe gesagt, er würde mit ihr Kontakt halten und sie beschützen.

Prozess in Heilbronn: Zeugin will mutmaßlichen Geldabholer erkannt haben

Wichtig sei, dass sie ihre Wertsachen und das Bargeld aus dem Tresor in einen Beutel packe und einem Mitarbeiter übergebe, der an ihr Gartentor käme. Mit dem Code „Herr Müller hat mich geschickt“ würde er sich zu erkennen geben. Im Gerichtssaal erkannte die Geschädigte diesen Mann. Er entschuldigte sich darauf bei der Seniorin. Ein zweiter Angeklagter bat die Geschädigte um Verzeihung. Seinen Anwalt ließ er der Seniorin noch im Gerichtssaal 1000 Euro als Schadenswiedergutmachung übergeben.

Das war nur ein geringer Teil des Schadens. Immerhin hatte die Seniorin dem Mann am Gartentor zwölf Krügerrandmünzen, zwei Goldbarren und 2000 Euro Bargeld in die Tüte gepackt. Etwa die andere Hälfte des Tresorinhalts hatte sie behalten, weil sie ein „komisches Bauchgefühl“ gehabt habe. „Man handelt in so einer Situation nicht rational“, sagte die Zeugin.

Zeuge aus Horb in Heilbronn: Nach Anruf die echte Polizei verständigt

In Horb hatte die Bande mit ihrer Masche dagegen keinen Erfolg. Auch hier erhielt ein 83 Jahre alter Mann einen Anruf. Diesmal von einem Mann, der sich als österreichischer Polizist ausgegeben hatte. Auch er sei angeblich potenzielles Opfer einer Einbrecherbande und solle deswegen Bargeld und alle Wertgegenstände übergeben, damit sie in Sicherheit seien, habe der Anrufer gesagt.

„Das war schon ziemlich primitiv. Ich wusste, um was es geht“, sagte der Zeuge. Auch er sei mehrfach angerufen worden. Und auch ihm habe man gesagt, er solle niemanden informieren, schon gar nicht die Polizei. Ansonsten würden Konsequenzen drohen. Er habe sich darauf natürlich an die echte Polizei gewandt. Und dem Anrufer das beim nächsten Telefonat auch gesagt. Im Nachhinein sei das ein Fehler gewesen, so der 83-Jährige. Sonst hätte man zumindest den Abholer schon damals festnehmen können.




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