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Mysterium Pfingsten: Was steckt eigentlich hinter dem christlichen Fest?

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Mit Weihnachten und Ostern kennt sich jeder aus. Doch Pfingsten ist schwer zu fassen. Was hat es mit der Taube und dem Heiligen Geist auf sich? Hier gibt's die Antworten. 

Pfingsten ist für Christen das Fest des Heiligen Geistes, der gerne als Taube dargestellt wird. Der Tag gilt auch als Geburtstag der Kirche.
Pfingsten ist für Christen das Fest des Heiligen Geistes, der gerne als Taube dargestellt wird. Der Tag gilt auch als Geburtstag der Kirche.  Foto: dpa

An Weihnachten feiern Christen die Geburt Jesu Christi, an Ostern seine Auferstehung von den Toten. Das weiß jedes Kind. Aber an Pfingsten ? Das Fest spielt im öffentlichen Bewusstsein kaum eine Rolle. Es taugt scheinbar weniger zu Kitsch und Kommerz als Tannenbäume, Coca-Cola-Weihnachtsmänner und Ostereier.

Wörtlich übersetzt heißt Pfingsten „der fünfzigste Tag“. Das Fest erinnert an den Heiligen Geist, der laut Bibel 50 Tage nach Ostern über die Apostel kam. So konnten diese plötzlich in verschiedenen Sprachen reden und das Wort Gottes in alle Welt bringen. Pfingsten gilt deshalb auch als Geburtstag der Kirche.

Pfingstfest: Was hat es mit der Taube und dem Heiligen Geist auf sich? 

Und der Heilige Geist? Für aufgeklärte Zeitgenossen sind solche Größen schwer zu fassen. Auch seine Symbolik mit Windhauch, Feuer oder Taube ist kaum greifbar. In den Medien findet Pfingsten so gut wie gar nicht statt, es sei denn in Berichten über den Urlaubsstart, Ausflugsziele oder Freiluftveranstaltungen. Dabei steckt in dem unterschätzten Fest viel mehr.

Sein Kern ist faszinierend und aktueller denn je. Aus christlicher Sicht wurde an diesem Tag durch das Wirken des Heiligen Geistes die „babylonische Sprachverwirrung“ aufgehoben – nachhaltig. Menschen aus unterschiedlichen Ländern verstanden sich plötzlich blind, sprachen mit einer Zunge, waren Feuer und Flamme für die Botschaft der Nächstenliebe.

Pfingsten als Fest der Versöhnung zwischen den Menschen und mit der Institution

Heute trifft die Kirche auf weniger Sympathie. Selbst Insider tun sich mit der Institution schwer. Doch nicht nur zwischen Papst und Basis, zwischen Pfarrer und einzelnen Gemeindemitgliedern klafft mitunter ein tiefer Graben. Entfremdung scheint ein allgemein gesellschaftliches Problem zu sein: zwischen Politikern und Bürgern, zwischen Erwachsenen und Jugendlichen, zwischen Migranten und Alteingesessenen, zwischen angeblich Modernen und scheinbar ewig Gestrigen.

Was wünschen Sie Ihrer Kirche zum Geburtstag?

Wir nehmen das Fest zum Anlass für eine Umfrage. Drei Frauen, drei Männer, evangelische und katholische, ältere und jüngere: Was sie verbindet, ist der Glaube an Jesus Christus – und das Bekenntnis zu seiner Kirche, auch wenn sie längst gespalten ist. Trotz allem halten sie ihr die Stange, weil sie wissen, dass die zutiefst menschliche Institution auch gute Seiten hat.

Als mehr oder weniger kritische Geister lassen sie nicht locker, sich an ihr zu reiben. Die Stimme fragte die Sechs stellvertretend für viele Zeitgenossen: Was wünschen Sie Ihrer Kirche zum Geburtstag?

Gabriele Remmlinger, Obergriesheim
Gabriele Remmlinger, Obergriesheim  Foto: privat

Gabriele Remmlinger (51), Sachbearbeiterin, Obergriesheim

"Meiner Kirche wünsche ich, dass sie wieder positiver wahrgenommen wird. Klar hat sie auch ihre Fehler, aber wer hat die nicht? Gerade in unserer schnelllebigen Zeit ist es für mich wichtig, zwischendurch eine Pause einzulegen und mich wieder auf das Wesentliche zu konzentrieren. Im Gottesdienst, in der Natur oder bei einem Gebet gelingt mir das sehr gut. Dadurch kann ich Vieles besser annehmen, da Gott nicht alles richten kann, ich aber immer auf Gott vertrauen kann. Unsere ältere Generation hat uns das sehr gut vorgelebt. Sie hatten sehr schwere Zeiten zu meistern und ich bin der Meinung, dass sie ohne ihren Glauben vieles nicht so gut überstanden hätten bzw. verarbeiten konnten. Uns geht es gut und das sollten wir uns immer wieder bewusst machen und dankbar sein und nicht nur an Gott denken, wenn es uns schlecht geht oder wir mit etwas hadern."

Prälat Ralf Albrecht, Heilbronn
Prälat Ralf Albrecht, Heilbronn  Foto: Seidel, Ralf

Ralf Albrecht (58), evangelischer Prälat, Heilbronn

"Glückwunsch, Kirche, zum Pfingstgeburtstag. Viel Glück und viel Segen auf all Deinen Wegen. Ich wünsch Dir dreierlei: Gesundheit! Jesus als Herzschlag. Und bitte am Puls der Zeit. Frieden! Starke Impulse zu Zusammenhalt und mehr Miteinander. Und Friede mit Gott und in der Welt. Heiliger Geist! Nicht Resignation und Jammern. Sondern Aufbrechen durch Glaube, Liebe, Hoffnung."

Julian Hirsch, Leingarten
Julian Hirsch, Leingarten  Foto: privat

Juliane Hirsch (37), Grundschullehrerin, ev. Kirchengemeinderätin, Leingarten

"Ich wünsche der Kirche für die Zukunft, dass sie weiterhin relevant für viele Menschen ist. Kirche sollte die Anliegen und Probleme der Menschen ernst nehmen und ihnen auf Augenhöhe und in zeitgemäßer Sprache und Art begegnen. Auf die immer weiter sinkenden Mitgliederzahlen sollte Kirche reagieren, nicht kapitulierend, sondern anpackend, zuversichtlich und mutig. Kirche Kunterbunt ist ein tolles Beispiel, wie Gottesdienst für die ganze Familie zum Erlebnis wird. Nach gemütlichem Ankommen mit Kaffee und Hefezopf, gibt es eine Zeit, in der an verschiedenen Stationen das Thema ganzheitlich kennengelernt wird. Anschließend wird im knackigen Gottesdienst das Thema vertieft und beim gemeinsamen Essen Gemeinschaft gefeiert."

Dekan Christoph Baisch
Dekan Christoph Baisch  Foto: Veigel\, Andreas

Christoph Baisch (63), evangelischer Dekan, Heilbronn

"Für die Kirche zum Pfingstfest drei Wünsche: Zuerst, dass wir die Kraft von Gottes Heiligem Geist fröhlich und zuversichtlich feiern trotz vieler Herausforderungen und Veränderungen – und das in ökumenischer Verbundenheit. Als zweites wünsche ich, dass die vielen Menschen, die sich motiviert in der Kirche engagieren, durch den Geist Gottes immer neue kreative Ideen und Energie geschenkt bekommen, um die Botschaft von Gottes Liebe unter uns auszubreiten. Und schließlich wünsche ich, dass Gottes Geist dazu bestärkt, als Kirche deutlich und unerschrocken für die Demokratie und den Frieden einzutreten, denn nur darin kann jeder Mensch als geliebtes Geschöpf Gottes zu seinem Recht kommen."

Annika Göhler
Annika Göhler  Foto: privat

Anika Göhler (30), Gymnasiallehrerin, Neuenstein/München

"Ich wünsche der Kirche zu Ihrem Geburtstag an Pfingsten, dass sie wieder mehr junge Menschen ansprechen und erreichen kann. Und dass die Kirche wieder ein festerer Bestandteil im Leben wird und nicht noch mehr Christen jährlich aus ihr austreten. Dazu braucht es aber auch Fortschritt und eine gewisse Anpassung an unsere Zeit. Darüber hinaus bedeutet der Geburtstag an Pfingsten für die Christenheit aber auch Versöhnung und neue Gemeinschaft. Gerade in der aktuellen Zeit, in der Krieg - in der Ukraine und im Nahen Osten - wieder zu unserem Alltag gehören, sollte die Kirche sich für Frieden und Versöhnung unter den verschiedenen Ländern und Kulturen stärker denn je einsetzen und sich laut dazu äußern."

Dekan Roland Rossnagel, Heilbronn
Dekan Roland Rossnagel, Heilbronn  Foto: Veigel, Andreas

Roland Rossnagel (69), katholischer Dekan, Heilbronn

 "Alle Menschen, die Jesus begegneten, spürten seinen besonderen Geist. Viele erfuhren Heilung ihrer inneren und äußeren Verletzungen und bekamen neue Kraft zu leben. Überall, wo Menschen einander mit offenem Herzen begegnen, wo sie sich von der Bedürftigkeit ihrer Mitmenschen anrühren lassen, ist dieser Geist Jesu am Werk. Er schenkt Lebendigkeit, gibt niemanden auf und ermutigt mich dazu, mein Gegenüber auch dann ernst zu nehmen, wenn mir seine oder ihre Meinung fremd ist und ich nicht weiß, wie eine Lösung aussehen könnte. Diesen Geist wünsche ich nicht nur der Kirche, sondern allen Menschen."

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