Im Neckarbogen wohnen nach Angaben der Stadt Heilbronn derzeit 734 Menschen. Der neue Heilbronner Stadtteil, der im Zuge der Bundesgartenschau 2019 entstanden ist, gilt als Vorzeigeprojekt in der Stadt und soll sukzessive erschlossen werden. Ein Quadratmeter Wohnfläche kostet dort bis zu 8000 Euro. Derzeit werden die Gebäude im Baufeld K fertiggestellt und bezogen. Der Baustart für den dritten Abschnitt soll Anfang 2026 erfolgen. Im Endausbau sind Wohnungen für bis zu 3500 Menschen geplant.
Lärm, Poser und Drogen: Anwohner im Heilbronner Neckarbogen schlagen Alarm
Die Bewohner des Heilbronner Stadtteils Neckarbogen gehen wegen anhaltender Lärmbelästigungen auf die Barrikaden. Stadt und Polizei verweisen auf regelmäßige Kontrollen.
Ein Selbstversuch in der Heilbronner Jugendherberge im neuen Stadtteil Neckarbogen regt zum Nachdenken an. Denn an Schlaf ist bei der Übernachtung in einer lauen warmen Freitagnacht im schmucken roten Backsteingebäude kaum zu denken.
An diesem Abend halten sich vor allem zahlreiche Jugendliche und junge Erwachsene auf den Neckarwiesen und rund um den Karlssee auf, um dort bis weit in die Nacht hinein lautstark zu feiern. Zurück bleiben Berge von Müll.
Anwohner: Schlimmer Alltag im Heilbronner Vorzeigestadtteil Neckarbogen
Was für den Übernachtungsgast am Wochenende ärgerlich ist, ist für die Bewohner des neuen Heilbronner Stadtteils aber offenbar Alltag. „Ich finde es in diesem Jahr extremer als zuvor. Sogar schlimmer als zu den Hochzeiten “, klagt J., die schon seit Jahren im Neckarbogen wohnt. „Vor allem in der Paula-Fuchs-Allee sind die Zustände mit den Posern und Rasern deutlich schlimmer geworden“, ergänzt ihre Nachbarin M.

Die Bewohner, die im persönlichen Gespräch mit der Heilbronner Stimme Klartext reden, wollen ihre Namen nicht nennen. „Wir haben immer mal wieder die Verursacher des Lärms angesprochen und bei einigen auch Verständnis erfahren, andere haben aber sehr aggressiv reagiert“, schildert R. die Lage. Deshalb herrsche inzwischen sogar Angst im Stadtteil auf dem ehemaligen Buga-Gelände.
Lärm im Heilbronner Neckarbogen: Unterschriftensammlung schon vor drei Jahren
Bereits im Sommer 2021 hatten die Anwohner im Neckarbogen rund 300 Unterschriften gesammelt, nachdem sich Ruhestörer und die Poserszene zunehmend im Neckarbogen breitgemacht hatten. Damals hatte die Stadt schnell reagiert, einen Bürgerdialog vor Ort organisiert und mehrere Maßnahmen angekündigt, die teilweise auch umgesetzt wurden.
So wurde die Theodor-Fischer-Straße als Fußgängerzone ausgewiesen, die Bleichinselbrücke als breite Zufahrtstraße durch Blumenschiffchen verengt und zeitweise ein zusätzlicher Sicherheitsdienst eingesetzt. Darauf hatte sich Situation zeitweise verbessert.
Poserszene und Partygänger kommen über Bleichinselbrücke in den Heilbronner Neckarbogen
Doch das ist längst wieder vorbei. „Da die Zufahrt über die Bleichinselbrücke in die Quartiersgarage frei zugänglich ist, nutzen die Poser die Strecke als Einfallstor“, ärgert sich R. Die Fußgängerzone würde die Poserszene und Partygänger, die mit dem Auto kommen ebenfalls nicht abschrecken. Sogar in den Haltezonen machten sich die Fahrzeuge breit. „Bei uns ist inzwischen nur das schlechte Wetter Garant für eine ruhige Nacht“, sagt R. bitter.

Den Vorwurf, die Stadt und Polizei würden nicht energisch genug gegen die Szene vorgehen, weisen die Behörden zurück. „Der Kommunale Ordnungsdienst ist täglich im Einsatz, regelmäßig auch in den Abendstunden. Beschwerden aus der Bevölkerung wird gezielt nachgegangen“, sagt Pressesprecherin Suse Bucher-Pinell auf Anfrage. Die Polizei habe regelmäßig Fußstreifen und Streifenwagen im Einsatz“, betont das Polizeipräsidium. „Auch in den Abend und Nachtstunden zeigt die Polizei dort gezielt Präsenz“, sagt Sprecher Manuel Unser. Zuletzt seien am vergangenen Freitag intensive Kontrollen durchgeführt worden, betont die Polizei.
Polizei im Neckarbogen im Einsatz – Anwohner: „aber nicht wenn es relevant wird“
„Die Ordnungshüter sind zwar da, aber nicht wenn es relevant wird“, widerspricht K. „Der Stadtteil wird als Vorzeigestadtteil entsprechend teuer verkauft, aber wenn das weiter so sein soll, dann muss die Stadt endlich hinschauen und reagieren“, fordert die junge Frau.
Und zu den bekannten Problemen ist noch eine weiteres Übel hinzugekommen. Zunehmend ergreifen auch Rauschgiftkonsumenten Besitz vom Stadtteil obwohl im Neckarbogen auch die Dieter-Schwarz-Schule und eine Kita beheimatet sind. In diesem Umfeld ist der Genuss von Cannabis auch nach der Legalisierung verboten. „Kontrollen der Drogenkonsumenten finden aber überhaupt nicht statt“, klagt J. Antworten zur Drogenproblematik im Neckarbogen gibt es weder von der Polizei noch von der Verwaltung. Da ist der Lärm, der von den fahrenden Zügen des nahen Hauptbahnhofes in den neuen Stadtteil herüberschallt, noch das geringere Problem.
Den Schlaf ab 4 Uhr morgens können sie dem einen oder anderen Bewohner und Übernachtungsgästen der Jugendherberge trotzdem rauben.