Missbrauch und heimliche Bilder: Praxis-Mitarbeiter aus Raum Heilbronn muss in Haft
Ein 53-Jähriger muss für mehr als zwei Jahre ins Gefängnis. Das Heilbronner Amtsgericht verurteilt ihn wegen Missbrauchs von Frauen in einer Physiopraxis, außerdem soll er sie unerlaubt fotografiert und gefilmt haben.
Das Amtsgericht Heilbronn hat am Montag, 15. September, einen 53-Jährigen zu zwei Jahren und sechs Monaten Gefängnis verurteilt. Das Gericht unter dem Vorsitz von Richter Michael Reißer sah es als erwiesen an, dass der Mann als Mitarbeiter einer Physiopraxis im Landkreis Heilbronn in 15 einzelnen Fällen, Patientinnen und Mitarbeiterinnen sexuell missbrauchte und unerlaubt Nacktfotos und Videos von ihnen anfertigte. Der Mann mit deutscher Staatsbürgerschaft räumte zu Beginn der Verhandlung ein, dass er die Bilder gemacht hatte. In seinem Schlusswort entschuldigte er sich.
Angeklagt sind 18 einzelne Taten – Vergewaltigungsvorwurf stellt sich als Lüge heraus
Die Staatsanwaltschaft hatte 18 einzelne Taten angeklagt. Der schwerwiegendste Vorwurf lautete Vergewaltigung. Im Prozess gestand das vermeintliche Opfer jedoch, dass der Geschlechtsverkehr zwischen ihr und dem Beschuldigten einvernehmlich war. Die beiden hatten eine Affäre. Sie erfand die Vergewaltigung, um ihre Ehe zu schützen.
In einem anderen Fall hielt das Gericht eine Zeugin für nicht glaubwürdig. Sie habe sich bei ihrer Aussage in Widersprüche verstrickt, sagte Reißer in der Urteilsbegründung. Das Gericht war nicht zweifelsfrei davon überzeugt, dass der 53-Jährige der Frau an die Brust fasste.
Ein weiterer Fall wurde beim Prozess nicht berücksichtigt, weil das mutmaßliche Opfer krankheitsbedingt nicht aussagen konnte. Das Geschehen liege nun fünf Jahre zurück und habe auf die zu erwartende Strafe keinen gravierenden Einfluss, erklärte Reißer. Zudem wolle man der Frau ein Erscheinen vor Gericht ersparen. Sie leidet nach Angaben ihrer Rechtsanwältin Tanja Haberzettl-Prach noch heute unter den Vorkommnissen.
Missbrauch in Physio-Praxis im Raum Heilbronn: Anklage fordert Gefängnis, Verteidigung plädiert auf Freispruch
Es blieben die nachweislich 15 Taten übrig. „Nur die Spitze des Eisbergs“, war Staatsanwalt Marius Schwemlein überzeugt. Er hatte etwas mehr als drei Jahre Gefängnis für den Angeklagten gefordert. Die Polizei beschlagnahmte im März bei der Durchsuchung der Praxis und der Privaträume Tausende Aufnahmen, sagte ein als Zeuge geladener Polizeihauptkommissar in der Verhandlung aus. Mehr als 60 Beweismittel seien gesichert worden – darunter Handys, kleine Kameras, Laptops und USB-Sticks. Der überwiegende Teil der Daten sei noch nicht mal ausgewertet.
Dem Gericht und den Prozessbeteiligten lagen Fotos von entblößten Brüsten und Intimbereichen vor. Es gab Schilderungen über unangemessene Berührungen. Der Physio-Mitarbeiter habe das Behandlungsverhältnis nicht nur ausgenutzt, sondern die Situationen absichtlich geschaffen. Er wies die Patientinnen an, sich in entwürdigende Positionen zu begeben und sich vollständig auszuziehen. Außerdem installierte er in der Toilette heimlich eine Kamera und filmte Praxis-Mitarbeiterinnen.
Die Verteidigerin des Mannes, Anke Stiefel-Bechdolf, redete die Geschehnisse klein. Sie erkannte zwar moralische Verfehlungen, sah aber keine strafrechtlich relevanten Taten. Sie forderte Freispruch für ihren Mandanten. Sollte es eine Haftstrafe geben, forderte sie, die zur Bewährung auszusetzen.