Heilbronner Stimmen zur Stadtbild-Debatte: „Ton macht die Musik“
Bundeskanzler Friedrich Merz erntet für seine „Stadtbild“-Äußerung im Zusammenhang mit der Migrationsdebatte Zustimmung und Empörung gleichermaßen. Wir haben Menschen auf dem Heilbronner Marktplatz gefragt, was sie von der Debatte halten.
Seit Friedrich Merz mit seiner Aussage über Migranten eine Debatte ausgelöst hat, wird auch in Heilbronn darüber gesprochen. Auf dem Marktplatz in Heilbronn, einer Stadt mit hohem Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund, sind die Reaktionen sehr unterschiedlich.
Für eine 61-Jährige aus dem Landkreis Heilbronn, näher möchte sie sich nicht zu erkennen geben, haben Probleme nichts mit Migration zu tun, sondern mit der sozialen Lage. „Es tummeln sich viele sozial Schwächerer und manchmal ist das nicht sehr schön“, gibt sie zu bedenken. Die hätten aber jegliche Herkunft, deswegen sei Abschiebung sicher keine Lösung.

Probleme in der Heilbronner Innenstadt? Alkohol und Lärm nerven
Früher habe sie mal überlegt, Türkisch zu lernen, um mehr Leute zu verstehen, erzählt die 61-Jährige. „Aber da komme ich heute nicht mehr weit mit.“ Die verschiedenen Sprachen empfindet sie nicht als beängstigend, eher machen ihr Themen wie Lautstärke, Alkohol oder Auseinandersetzungen Sorge. „Auch das erlebt man in allen Nationalitäten.“
Die Sprachenvielfalt ist für Oana Kreisel schon eher ein Problem. „Wenn wir uns nicht verständigen können, läuft vieles schief“, ist die 46-Jährige überzeugt. Die Heilbronnerin fühle sich da manchmal regelrecht fremd, obwohl sie einen deutschen Pass hat. „Als ich vor über 20 Jahren aus Rumänien nach Deutschland kam, wurde auf den Straßen mehr Deutsch gesprochen, ich denke auch jetzt sollte in der Öffentlichkeit Deutsch gesprochen werden.“ Das müsse nicht perfekt sein, aber jeder Migrant sollte ihrer Meinung nach ein gutes Niveau anstreben.
„Ich wurde damals oft ausgelacht, das war auch nicht okay. Man sollte lieber helfen und unterstützen.“ Ganz klar brauche Deutschland Unterstützung von Ausländern, sie kenne viele Ärzte mit Migrationshintergrund und eigener Praxis, aber auch in anderen Bereichen seien sie wichtig. „Wenn sie die Sprache gut können, können sie gute Jobs übernehmen, denn es gibt viele fleißige Migranten, aber Kommunikation ist das Leben.“
Junge Menschen nehmen das Thema entspannter wahr
Die 27-jährige Vanessa kannte das Zitat nicht und hat sich auch noch keinerlei Gedanken über das Stadtbild in Heilbronn gemacht. „Mich stört es nicht, ich hatte noch nie Probleme mit den Leuten“, betont die Kirchausenerin. Eine 68-Jährige, ebenfalls aus Kirchhausen, winkt lachend ab. „Ja, es gibt viele Migranten, aber das ist kein Problem, ich komme ja selber aus Siebenbürgen“, erklärt sie.
Für einen 82-Jährigen ist Merz‘ Zitat ein absolutes No-Go. „Aber ich bin auch kein Schwarzer“, ergänzt er augenzwinkernd und verweist damit auf die Parteifarbe der CDU. Absolut unpassend, eine Kopie der AfD, lautet sein Urteil. „Zum Teil hat er ja gar nicht Unrecht, aber man hätte es anders sagen können – der Ton macht die Musik.“
Natürlich gebe es vereinzelt Probleme mit Migranten, aber das seien ja nicht die einzigen, die Probleme machen, findet der Rentner aus Heilbronn und merkt ironisch an: So langsam reihe sich der Kanzler damit in seine spezielle „Freundesliste“ ein, auf der bisher Putin, Trump und Erdogan stehen.

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