Videoüberwachung am Heilbronner Markplatz – Kopfschütteln über geplante Zeiten
Die Umsetzung der Videoüberwachung auf dem Heilbronner Marktplatz wirft viele Fragen auf. Die jetzt bekannt gewordenen Überwachungszeiten sind umstritten.
Stadt und Polizeipräsidium schweigen nach wie vor eisern. Vor dem 3. September geben beide Behörden keine Auskunft über die geplante Videoüberwachung. Dabei kann jeder, der offenen Auges über den Heilbronner Marktplatz schlendert, sehen, was sich in Sachen Videoüberwachung abzeichnet.
Die Kameras sind bereits seit der vergangenen Woche montiert, nun stehen seit Anfang der Woche auch schon die Schilder am Kameramast, die vom rechtlichen Rahmen der Maßnahme künden.

Stadt und Polizei halten sich weiterhin bedeckt zur Videoüberwachung in Heilbronn
Und diese Schilder sorgen für die nächste Aufregung in der Stadt. Denn als Überwachungszeiten werden Montag bis Freitag von 14 bis 21 Uhr und Samstag von 20 bis 2 Uhr genannt. Der Sonntag taucht auf der Tafel überhaupt nicht auf. „Keine Videoüberwachung an Gebäudeeingängen und bei Versammlungen“ steht zudem auf dem Schild, das von schwarz-orangefarbenen Klebebändern notdürftig verdeckt ist.
Warum die Überwachungszeiten abends schon um 21 Uhr enden, erschließt sich weder Passanten noch Stadträten, die die Schilder zunehmend wahrnehmen. Unverständnis herrscht auch, warum die Kameras samstags bis 20 Uhr ausgeschaltet bleiben.
Gemeinderat fordert umfassendere und KI-gestützte Überwachung: Beispiele Mannheim und Stuttgart
Kritik kommt vor allem aus den Gemeinderatsfraktionen. Christoph Troßbach, der mit der CDU-Fraktion das Thema maßgeblich befeuert hat, spricht von einem Flickenteppich. „Wir brauchen die richtigen Überwachungszeiten – auch samstags und nachts. Gerade Frauen fühlen sich hier besonders unsicher“, unterstreicht Troßbach und fordert eine KI-gestützte Videoüberwachung in Heilbronn, wie sie in Mannheim zum Einsatz kommt.
Dort sind die Kameras durchgängig geschaltet, die Auswertung der Bilder läuft über eine algorithmusbasierte Situationsanalyse, die Bewegungsmuster analysiert (siehe Hintergrund am Ende des Textes). In der Landeshauptstadt Stuttgart sind Kameras vor allem zu den Stoßzeiten des Nachtlebens in Betrieb. „Die Beobachtung läuft in der Regel freitags und samstags, sowie vor Feiertagen von 20 Uhr abends bis 6 Uhr morgens“, erläutert Timo Brenner, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Stuttgart. Überwacht werden Schlossplatz und Kleiner Schlossplatz, die Parkanlage und die Zugänge zu den dortigen ÖPNV-Haltestellen.
Anfragen und Anträge im Gemeinderat zu Ausweitung der Videoüberwachung in Heilbronn
Mit Blick auf die Nachbarstädte hat Troßbach eine Anfrage an die Stadt initiiert, in der die Überwachungszeiten und die dafür maßgebliche Datengrundlage hinterfragt werden. Die Freien Wähler haben inzwischen einen Antrag angekündigt wonach die Einrichtung von Videoüberwachung an weiteren öffentlichen Plätzen wie Kilianskirche und belebten Innenstadtbereichen geprüft werden soll.
Raphael Benner kritisiert die zeitlichen Beschränkungen der Überwachung. „Diese Maßnahme ist halbherzig und wird das Ziel nicht erreichen“, sagt der Fraktionsvorsitzende der AfD. Dagegen sind die Grünen mit Umsetzung der Überwachung zufrieden. „Entscheidend ist für uns, dass Maßnahmen verhältnismäßig bleiben und transparent kommuniziert werden“, sagt die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Andrea Babic.
Datenschutzbeauftragter betont Grundrechte und definiert Kriminalitätsschwerpunkt
Für den Landesdatenschutzbeauftragte Tobias Oliver Keber stehen die Grundrechte der Bürger im Vordergrund. Nach seiner Stellungnahme konnte das Polizeipräsidium Heilbronn darlegen, dass es sich beim Marktplatz derzeit um einen Kriminalitätsschwerpunkt handelt, was Voraussetzung für eine Überwachung ist. „Uns war es daher wichtig, dass die Videoüberwachung auch auf die Zeiträume begrenzt wird, in denen der Großteil der Straftaten begangen wird“, betont der Datenschutzbeauftragte auf Anfrage.
Zwar beantwortet auch Keber keine konkreten Fragen zu den Überwachungszeiten in Heilbronn, die Antwort legt jedoch nahe, dass tatsächlich in den Zeiträumen zwischen 14 und 21 Uhr - samstags bis 2 Uhr - in der Stadt die meisten Straftaten begangen werden.
Hintergrund: Pilotprojekt „Videoschutz Mannheim“ - 68 Kameras wurden installiert
Das im Mai 2022 gestartete Pilotprojekt „Videoschutz Mannheim“ ist ein wichtiger Baustein im Sicherheitskonzept der Stadt. Es sieht die Überwachung von Bahnhofsvorplatz, Marktplatz, Alter Messeplatz, Paradeplatz und Breite Straße mit insgesamt 68 Kameras vor. Die Bereiche weisen eine überdurchschnittlich hohe Kriminalitätsbelastung auf.
Das Assistenzsystem erkennt polizeilich relevante Bewegungsmuster, die auf eine Straftat hinweisen und zeigt sie dem polizeilichen Videobeobachter an. Er kann dann die Lage bewerten und sofort Maßnahmen einleiten.

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