Heilbronner Gerhart-Hauptmann-Grundschule soll umbenannt werden
Heilbronn belässt es bei Umbenennungen wegen NS-Belastung nicht nur bei Straßen. Auch die Gerhart-Hauptmann-Grundschule soll einen neuen Namen bekommen. Und die Kunsthalle Vogelmann?
80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und der Befreiung vom NS-Regime tritt die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus in Heilbronn in eine neue Phase.
Der Gemeinderat hat vor wenigen Tagen beschlossen, Verfahren zur Umbenennung von sieben Straßen einzuleiten, die Namen ehemaliger Nazis tragen. Gleichzeitig sollen an 27 weiteren Straßenschildern entsprechende Infos angebracht werden. Grundlage dafür bilden wie berichtet die aus einer Studie resultierenden Empfehlungen der Historikerin Dr. Susanne Wein und einer Expertenkommission.
NS-Vergangenheit in Heilbronn: Auch der Otto-Rombach-Preis wird hinterfragt
Während es in der Ratssitzung zunächst um Straßen ging, raten die Experten zu weiteren Umbenennungen. Einen neuen Namen bekommen soll etwa der Otto-Rombach-Preis für junge Kulturschaffende.

Der aus Böckingen stammende Otto Rombach (1904-1984) war zwar nicht Parteimitglied, ergriff aber die Möglichkeit, seine Karriere als Schriftsteller von Unterhaltungsliteratur während des Nationalsozialismus voranzutreiben und hatte in dieser Zeit seine größten Erfolge.
NS-Aufarbeitung in Heilbronn: Hauptmann taugt laut Studie nicht zur Identifikationsfigur für Schüler
Weit prominenter ist Gerhart Hauptmann (1862-1946), nach dem in Heilbronn-Ost eine Grundschule und – im Stadtteil Biberach – eine Straße benannt sind. Der Literaturnobelpreisträger von 1912 ließ sich laut Susanne Wein „bereitwillig für das nationalsozialistische Regime einspannen und verschloss vor dessen Verbrechen konsequent die Augen“.
So habe er etwa erlaubt, dass eine positiv besetzte jüdische Figur aus einem seiner Theaterstücke eliminiert wurde und pflegte persönliche Kontakte zu Parteigrößen. „Deshalb“, so heißt es in der Studie wörtlich, „und aufgrund der Nähe zur NS-Weltanschauung in öffentlichen und privaten Äußerungen sowie wegen seiner antisemitischen Tagebuchnotizen, eignet sich Gerhart Hauptmann nicht als Vorbild und Identifikationsfigur für Schülerinnen und Schüler – zumal einer Grundschule“. Bei der Straße hingegen reichten Zusatz-Infos zur Aufklärung aus.
Abgesehen von der Nachkriegszeit gab es in Heilbronn zuletzt zwei Umbenennungen wegen hoher NS-Belastung der Namensgeber: Seit 2011 heißt die frühere Wilhelm-Hofmann-Schule in Böckingen Neckartalschule. Und 2013 wurde die Reinöhlschule in Grundschule Alt-Böckingen umbenannt.

NS-Vergangenheit in Heilbronn: Kunsthalle Vogelmann soll Info-Tafel zur Vita des Namensgebers bekommen
Ein weiterer, zumindest für den Kulturbetrieb ebenso prominenter wie überraschender Fall ist Ernst Franz Vogelmann (1915-2003), nach dem eine Stiftung, ein Preis und die 2010 gebaute Kunsthalle an der Nord-Ost-Flanke der Heilbronner Harmonie benannt sind. Sein in der NS-Zeit prosperierender Familienbetrieb wurde unter seiner Mitleitung „loyal und systemkonform im nationalsozialistischen Sinne geführt und gab sich 1938 eine von nationalsozialistischer Ideologie geprägte Betriebsordnung“.
Diese Infos sowie Vogelmanns Teilnahme am Ostfeldzug, so die Empfehlung der Studie, sollte dokumentiert und kommuniziert werden. Heikel: Der Vogelmann-Preis ist mit 30 000 Euro – international betrachtet – sehr hoch dotiert. Der aktuelle Preisträger Gregor Schneider hat sich in seinen Arbeiten unter anderem mit dem Nationalsozialismus beschäftigt.