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Heilbronner Fahrlehrer gibt Einblicke – diesen Fehler machen Fahranfänger am häufigsten

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„Pfeil ist geil“: Mit Humor und Pädagogik begleitet Fahrlehrer Manuel Wagner aus Heilbronn seine Schüler. Warum viele trotzdem an der Theorie scheitern und was gegen Prüfungsangst hilft.


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Wohl kaum jemand erinnert sich gern an seine ersten Fahrstunden: zittrige Hände am Lenkrad, hektische Blicke in den Rückspiegel und dann auch noch den Schulterblick nicht vergessen. Für Fahrlehrer Manuel Wagner gehört das zum Alltag.

Seit über zehn Jahren begleitet er Fahrschüler auf dem Weg zum Führerschein und beobachtet dabei, wie sich das Fahrverhalten über die Jahre verändert hat. Im Interview spricht er über Prüfungsangst, Ablenkung durch Handys und die Gefahren durch Raser. Auch zur Cannabis-Teillegalisierung hat er eine klare Meinung.

Nervosität ist das größte Problem: Heilbronner Fahrlehrer gibt Tipps 

Welche typischen Fehler machen Fahranfänger am häufigsten?

Manuel Wagner: Wir haben heute die Klasse B 197, die es erst seit ein paar Jahren gibt. Dabei beginnt man mit einem Automatikfahrzeug und wechselt dann auf einen Schaltwagen, sodass man sich quasi vom Leichten zum Schwereren arbeitet. Da merkt man schon, dass es für manche schwierig wird, wenn plötzlich alles gleichzeitig passieren muss – also Schalten, Schauen und Lenken. Ansonsten würde ich behaupten: Der Klassiker schlechthin bei den ersten Fahrstunden sind nicht die Fehler, sondern die Nervosität.

 

Haben Sie Beispiele?

Wagner: Der Schulterblick zum Beispiel wird gern mal aufgrund der Nervosität vergessen, obwohl man ihn zuvor tausendmal geübt hat. Und die Vorfahrtsregeln sind eigentlich mit am interessantesten. Wir haben extrem viele Regeln und Markierungen. Wenn du an eine Kreuzung kommst, kannst du selbst als erfahrener Fahrer kurz überfordert sein. Manchmal fehlt einfach eine bessere Orientierungshilfe in größeren Kreuzungsbereichen mit Gegenverkehr.

 

Was hilft, den Überblick zu bewahren?

Wagner: Es gibt da eine ganz einfache Regel und einen coolen Merksatz: „Pfeil ist geil.“ Das ist eine humorvolle Eselsbrücke für den Straßenverkehr. Wenn in der Ampel ein grüner Pfeil ist, kann ich abbiegen. Hat die Ampel hingegen keinen Pfeil, sondern nur die Farben Rot, Gelb und Grün, dann weiß ich, dass der Gegenverkehr ebenfalls Grün hat und auch Fußgänger sowie Radfahrer die Straße kreuzen könnten.

Deshalb ist Pädagogik ein Riesenthema in der Fahrlehrerausbildung

Manuel Wagner mit seiner Frau und Geschäftspartnerin Sinem Wagner.
Manuel Wagner mit seiner Frau und Geschäftspartnerin Sinem Wagner.  Foto: Könnecke, Lisa

Was fällt Fahrschülern Ihrer Erfahrung nach schwerer – die Theorie- oder die Praxisprüfung?

Wagner: Ich würde sagen, die Praxisprüfung läuft in der Regel einfacher und besser. Natürlich ist der Respekt davor groß, weil sie das Finale des Führerscheinmachens ist. Dennoch fällt den meisten die Theorie schwerer. Das spiegelt sich auch in der Bundesstatistik wider – die Durchfallquote ist enorm angestiegen. Videos sind heutzutage eine coole Quelle, um sich über ein bestimmtes Thema zu informieren und zu lernen.

 

Warum fallen so viele durch?

Wagner: Ich finde, manche Fahrschulen tun zu wenig, um dem entgegenzuwirken. Sie achten oft nicht genug darauf, ob ihre Fahrschüler wirklich bereit sind. Stattdessen heißt es oft: „Na, mach doch, geh doch rein.“ Aber das ist nicht Sinn und Zweck der Sache. Jeder Schüler sollte individuell unterstützt werden, um gezielt an seinen Schwächen zu arbeiten.

 

Wie reagieren junge Leute auf Kritik oder Fehler während der Fahrstunden?

Wagner: Total unterschiedlich. Manche ziehen sich zurück und werden leiser. Das merke ich und weiß dann: „Okay, da muss man jetzt ein bisschen aufpäppeln.“ Deshalb ist Pädagogik ein Riesenthema in der Fahrlehrerausbildung. Man muss wissen, wie man jemanden abholt, wie der Mensch tickt und wo seine Interessen liegen. Generell finde ich: Spaß und eine angenehme Atmosphäre sind wichtig – dann lernt es sich leichter.

Sie sind seit über zehn Jahren Fahrlehrer. Welche Beobachtungen machen Sie?

Wagner: Ich bin jetzt seit über zehn Jahren im Geschäft, und was mir auffällt, ist, dass der Antrieb bei manchen etwas nachgelassen hat. Nicht alle sagen mehr: „Komm, ich gebe Gas, ich bleibe dran und ziehe es wirklich durch.“ Vor allem das Lernen für die Theorieprüfung ist für einige ein leidiges Thema. Es gibt mittlerweile extrem viele Fragen – wir reden von über 1300.

 

Wie kann man Prüfungsangst reduzieren?

Wagner: Indem man dem Wort „Prüfung“ gar nicht so eine große Bedeutung gibt. Das Problem ist, dass dieses Wort bei uns Menschen oft negativ behaftet ist. Ich sage meinen Schülern immer: In der Schule wird vielleicht einmal im Jahr Stoff abgefragt – aber bei der Fahrprüfung kommt nur das dran, was sie aktiv in den Fahrstunden geübt haben. Wenn ich einem Fahrschüler sage, dass er bereit für die Prüfung ist, dann kann er sich darauf verlassen. Es hilft auch, sich zehnmal nacheinander selbst zu sagen: „Ich schaffe das.“

 

„Tuningszene sofort mit Raserei zu verbinden, ist nicht fair“ 

Immer wieder fallen Raser negativ auf. Wie schätzen Sie die Problematik ein?

Wagner: Man muss härter durchgreifen – das ist auch der allgemeine Tenor in unserer Branche. Nehmen wir zum Beispiel den Europaplatz in Heilbronn: Wie viele haben sich dort in den letzten Jahren um die Bäume gewickelt, obwohl in der Straße eigentlich nur 40 km/h erlaubt sind? Ich bin auch Familienvater. Ich möchte mit meiner Tochter an der Hand und meiner Frau entspannt über die Straße gehen können.

 

Gibt es etwas, das Sie in dieser Hinsicht noch stört?

Wagner: Was ich schade finde, ist, dass die Tuningszene oft verachtet oder direkt für Raser-Unfälle verantwortlich gemacht wird. Jedes getunte oder auffällige Auto wird sofort mit Raserei in Verbindung gebracht. Das ist nicht fair. Ich kenne genug junge Leute, die extrem verantwortungsbewusst fahren, weil ihr Auto ihr Heiligtum ist – ihr Hobby, auf das sie achtgeben.

 

Cannabis ist seit dem 1. April 2024 teilweise legalisiert. Was bedeutet das für den Straßenverkehr?

Wagner: Das ist gerade ein sehr heißes Thema. Für den berauschenden Wirkstoff THC wurde ein Grenzwert von 3,5 Nanogramm pro Milliliter Blut festgelegt – ähnlich wie die 0,5-Promille-Grenze für Alkohol. Wir tauschen uns in der Branche regelmäßig darüber aus, und viele befürchten Schlimmes. Manche sagen, dass sich diese Regelung noch katastrophal auf den Straßenverkehr auswirken wird. Ich persönlich halte das auch für ein heißes Eisen. Der entscheidende Punkt ist doch: Kann jemand, der Cannabis konsumiert hat, wirklich sicher beurteilen, ob er noch fahrtüchtig ist? Und wann genau er den Grenzwert von 3,5 Nanogramm im Blut erreicht? Im Straßenverkehr muss man schnell reagieren und aufmerksam sein. Manche sind schon ohne Rauschmittel total überfordert – etwa, wenn plötzlich ein Krankenwagen mit Blaulicht heranrast.

Manuel Wagner (36) ist Geschäftsführer und Fahrlehrer der gleichnamigen Fahrschule Wagner in Heilbronn. Seine Frau Sinem Wagner (33) ist für die Büroleitung verantwortlich. 

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