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Nach türkischem Autokorso in Heilbronn: Polizeigewalt oder tätlicher Angriff auf Polizisten?

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Ein Heilbronner wirft Polizisten gefährliche Körperverletzung vor. Die Polizei wiederum ermittelt gegen den Mann wegen des tätlichen Angriffs auf Beamte. Was geschah bei der Kontrolle nach einem EM-Spiel der Türkei?


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Unterschiedlicher könnten die Angaben nicht sein: Ein 39 Jahre alter Mann aus Heilbronn wirft Polizisten gefährliche Körperverletzung vor. Das Polizeipräsidium gibt an, der Mann habe Beamte tätlich angegriffen. „Wir haben Anzeige erstattet“, sagt Rechtsanwalt Yalcin Tekinoglu aus Heidelberg. Er vertritt den 39-Jährigen und berichtet aus Sicht seines Mandanten von dem Vorkommnis am Samstag, 6. Juli, nachts in der Heilbronner Innenstadt. An jenem Abend scheidet die Türkei bei der Fußball-Europameisterschaft aus. In der Stadt feiern trotzdem zahlreiche Fans ihre Mannschaft.

Nicht so der 39-Jährige, sagt Tekinoglu. Der sei mit einem Freund etwas trinken gewesen. Hinterher, auf dem Weg zum Auto, sei sein Mandant an einer „harmlosen Polizeikontrolle“ vorbeigekommen. Die Polizei hat rund um den Autokorso gegen 23 Uhr in der Lohtorstraße zwei Frauen überprüft, die zuvor Pyrotechnik gezündet haben sollen.


Während der Kontrolle sei es zu einem tätlichen Angriff gegen die Einsatzkräfte gekommen, heißt es in einem Polizeipressebericht. Zwei Männer seien in Gewahrsam genommen worden. Einer von ihnen ist der 39-Jährige. Gegen ihn ermittelt die Polizei wegen des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte, teilt Annika Schulz, Sprecherin des Präsidiums, mit. Nähere Angaben zum Tathergang macht die Polizei während der noch laufenden Ermittlungen nicht.

Polizist in Heilbronn angegangen – oder war es Polizeigewalt? 

Was sich im Detail zugetragen hat, wird untersucht. Zum jetzigen Zeitpunkt steht nicht fest, ob der Vorwurf des 39-Jährigen berechtigt ist. Eine Anzeige in dem Fall gegen die Polizei sei jedenfalls noch nicht eingegangen, heißt es dazu am Donnerstagmorgen im Präsidium.

Tekinoglu zufolge kennt sein Mandant die zwei von der Polizei kontrollierten Frauen nicht. Als er an der Stelle vorbeigekommen sei, habe einer der Polizisten zu ihm gesagt: "Andere Straßenseite.“ Daraufhin habe der 39-Jährige erwidert: „Ist doch scheißegal.“ Es sei überhaupt keine brenzlige Situation gewesen. Drei Polizisten hätten sich auf ihn gestürzt. Sein Mandant habe sich widerstandslos zu Boden bringen und Handschellen anlegen lassen. Dabei habe er sich wohl an der Weste eines Polizisten festgehalten.

Einer der Beamten, gibt der Rechtsanwalt an, soll den Kopf des 39-Jährigen mehrfach auf den Boden geschlagen haben. Ein anderer Beamte habe ihm das Knie auf den Rücken gepresst. Ein Freund, der den 39-Jährigen begleitet habe, sei ebenfalls zu Boden gebracht worden. Tekinoglu zufolge soll im weiteren Verlauf des Geschehens ein Polizist seinem Mandanten gedroht haben: „Hast du noch nicht genug? Willst du noch mehr?“ Für ihn könne diese Aussage ein Hinweis auf übermäßige Polizeigewalt sein.

Auf Instagram sucht der 39-Jährige nach möglichen Zeugen. Zu sehen ist er mit einem blauen Auge und einem Pflaster über der Augenbraue. Sein Mandant, der seit zehn Jahren bei Audi im Qualitätsmanagement arbeite, sei im Krankenhaus behandelt und krankgeschrieben worden, sagt Tekinoglu.

Wie beim Vorwurf der Polizeigewalt ermittelt wird

Mit dem Vorwurf der Polizeigewalt sehen sich Polizisten immer wieder konfrontiert. Im Präsidium Heilbronn mit 1500 Polizeibeamten liegt die Zahl der Anzeigen wegen Körperverletzung im Amt in den vergangenen fünf Jahren jeweils im einstelligen bis niedrigen zweistelligen Bereich, sagt Sprecherin Annika Schulz. Meistens stünden die Vorwürfe im Zusammenhang mit der Durchsetzung von Amtshandlungen.  Eine unbeteiligte Stelle innerhalb des Präsidiums sei für die Bearbeitung der Fälle zuständig. Mögliche Amtsdelikte der Schutzpolizei untersuche grundsätzlich die Kriminalpolizei.

„Hierdurch gewährleisten wir eine professionelle und unabhängige Ermittlungsführung unter Beteiligung der zuständigen Staatsanwaltschaft als Herrin des Verfahrens.“ Darüber hinaus prüfe der oberste Dienstvorgesetzte, das ist Polizeipräsident Frank Spitzmüller, die Einleitung eines Disziplinarverfahrens. Steht ein Kripo-Beamter unter Verdacht, übernimmt das Landeskriminalamt Baden-Württemberg die Untersuchung. In der überwiegenden Zahl der Fälle seien die Verfahren durch die Staatsanwaltschaft eingestellt worden.

Rechtsanwalt Tekinoglu möchte erreichen, dass die Untersuchung im Fall seines Mandanten an ein anderes Präsidium abgegeben wird. „Wegen der Neutralität.“ Ansonsten werde er Beschwerde beim Innenministerium einlegen.

 

 


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