Audi, Porsche und Co.: Wie Unternehmen im Ipai Heilbronn die Zukunft gestalten
Geöffnete Türen zu Firmen, die ihre aktuellen Projekte zeigen: Das tut sich im Heilbronner Innovationspark Künstliche Intelligenz (Ipai). Auch neue Akteure sind beim Experience Day dabei.
Der Innovationspark Künstliche Intelligenz (Ipai) wächst – schon jetzt im eigenen Gebäude im Wohlgelegen, während bei Heilbronn-Neckargartach die Bauarbeiten für den großen Campus auf Hochtouren laufen. Über 100 Firmen, Institutionen und Gruppen gehören mittlerweile dem Netzwerk an.
Beim sogenannten Experience Day öffnen sich die Büros und Forschungsflächen für alle, und an diesem Tag wird deutlich, worin die Stärke des Zusammenschlusses liegt, in dem es um angewandte Künstliche Intelligenz geht. Miteinander versuche man, sagte Ipai-Geschäftsführer Moritz Gräter, die Zukunft zu gestalten. „Wir haben die riesengroße Chance, mit dem Ipai einer der Transformationsleuchttürme in Deutschland zu sein.“

Im Wettbewerb Konkurrenten, im Ipai fast Nachbarn: Das steckt hinter dem Projekt
Im Wettbewerb Konkurrenten, im Ipai fast Nachbarn: Audi und Porsche liegen mit ihren gläsernen Büros nur wenige Schritte auseinander, die Automobilhersteller zählen beim Experience Day zu gefragten Gesprächspartnern. Mitmachen und ausprobieren ist auf allen Stockwerken im Gebäude, Ipai-Spaces genannt, angesagt.
Die Schwarz-Gruppe zeigt, mit welcher Genauigkeit ein System automatisch Gemüse und Obst erkennt. Im Erdgeschoss ist der menschlich anmutende Roboter Mirokai unterwegs, lässt sich unter anderem eine Blume reichen – trotz mancher Schwierigkeiten. „Entschuldigung“, sagt die Maschine plötzlich, „ich habe dich nicht ganz verstanden.“ Es liege an der deutschen Sprache, bittet Roger Wolf um Verständnis. Die Datenmenge sei so groß, dass nicht alles im Mirokai gespeichert werden könne, sondern extern – und dann müssten die Daten übermittelt werden.

Manches lässt sich auf dem Ipai-Gang klären - ohne komplizierten Dienstweg
Ipai bringt Unternehmen und Institutionen zusammen, oft ist deshalb von Ökosystem die Rede – was vielleicht am ehesten als Netzwerken verschiedener Akteure verstanden werden kann, die alle ein Ziel verfolgen. Es funktioniert, wie unter der Hand zu hören ist. Gerade dieses Netzwerk hat es demnach geschafft, dass sich Unternehmen öffnen. Es schadet eben niemanden, heißt es, wenn beispielsweise die Rechtsabteilungen unterschiedlich großer Unternehmen zusammen in Fortbildungen sitzen. Und wer sich auf dem Gang begegnet und Themen anspricht, muss keinen langen Dienstweg einhalten.
Diese Zusammenarbeit ist auch Jens Ilg von EBM-Papst entscheidend. „Man kann viel voneinander lernen.“ Es gebe viele Bereiche, in denen man nicht im Wettbewerb zueinander stehe, und mit denen sich alle Firmen befassen: Mitarbeiter müssen in Sachen KI geschult werden, welche Anwendungen können sinnvoll sein. Für EBM-Papst ist die Präsenz im Ipai „super wichtig“. Jens Ilg: „In unterschiedlichen Dingen arbeiten wir zusammen.“
Aufwand reduzieren: Deshalb setzt EBM-Papst auf KI
Beim Ipai-internen Info-Tag stellt das Team vor, wie KI unter anderem zum Einsatz kommt. Einkauf, Marketing, Finanzierung: Viele Aspekte spielen eine Rolle, sagt Jan Koch, wenn es um die Planung gehe – auch saisonale Belange. Manuelle Aufwände sollen reduziert werden. „KI kann besser die Zusammenhänge in den Daten erkennen und Vorhersagen treffen.“
Klopfen genügt: Bei Fischer zeigt Marcus Keller, wie eine KI-Anwendung dem Hobbyhandwerker anzeigt, aus welchem Material eine Wand besteht. „Ipai ist eine hervorragende Institution, um sich auszutauschen und Erfahrungen zu teilen“, sagt er. Das „gemeinsame Verständnis“ helfe.

Polizei im Ipai: Dank der Nähe zu Unternehmen sind Beamte dichter am Puls der Zeit
Auf den Austausch setzen auch die Beamten der Polizei, die zu den ersten Mitgliedern des KI-Netzwerks gehört. Durch die besondere Nähe zu den Unternehmen sei man dichter „am Puls der Zeit“, sagt Martin Schmid. „Der Impact findet viel früher statt.“
Erst seit wenigen Wochen an Bord ist das belgische Computerchip-Forschungsinstitut Imec – und auch die Mitarbeiter präsentieren das, was sie in Heilbronn im Bereich der Automobilindustrie vorhaben. Produkte sollen entwickelt werden, die später von den Herstellern selbst produziert werden, sagt Dieter Hoffend. Bis Labore im Ipai-Campus bezugsfertig sind, sucht Imec derzeit entsprechende Räume in der Region. Imec bringt sich auch ein, was die Ausstattung im Campus angeht. Die Forscher brauchen spezielle Bodenbeläge, um die Chips nicht zu zerstören, eine gute Entlüftung und auch viel Kapazität für die Datenübertragung.
Imec will auch in Fachkräfte investieren. Mehr Talente für Chip-Design solle es geben. Hier arbeite Imec mit dem Landesgraduiertenzentrum zusammen, das in Heilbronn angesiedelt werden soll, so Dieter Hoffend.
Massiver Wettbewerbsdruck: Worauf das Land im Ipai setzt
Eine Roboterhand versucht zu greifen, eine fahrbare Raupe ebnet Plätze auf Reiterhöfen: Erlebbar ist, woran Mitarbeiter des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) sitzen. Der Netzwerk-Gedanke des Ipai spricht beispielsweise Jochen Lindermayr an. Mit dem Standort Heilbronn rückt Fraunhofer IPA dichter ran an Unternehmen, mit denen die Forscher bereits zusammenarbeiten. Weitere Kooperationen sind erwünscht, wenn es um den Einsatz von KI geht: Alles, was zu komplex fürs klassische Programmieren ist, sei interessant, so der Fraunhofer-Mitarbeiter.
Der Grund ist vielen klar. Der Wettbewerb zieht an. „Wir müssen uns anstrengen“, sagt mit Blick nach China Werner Kraus, der beim Fraunhofer–Institut den Forschungsbereich Roboter- und Assistenzsysteme leitet.

Das sieht Nicole Hoffmeister-Kraut genauso. „Wir alle erleben in der Zeit einen massiven Wettbewerbsdruck weltweit, gerade eben auch in unseren angestammten Branchen“, so die baden-württembergische Wirtschaftsministerin im Ipai. Das Land investiert Dutzende Millionen Euro in den Campus und in die Imec-Ansiedlung. „Deswegen ist es dringend und zwingend notwendig, dass wir diesen Sprung machen.“ Bei KI solle man zum Mitgestalter werden. „Ich empfinde den Ipai immer als einen Ort, an dem Innovationen konkret werden, an dem greifbar wird und man erlebt, was alles möglich ist.“


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