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Heimkehr nach Schwaigern
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Im Wohnmobil auf Weltreise: Familie Stein erkundete vier Jahre lang Europa und Amerika

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Das Ehepaar Julia und Walter Stein hat mit Hund Wilma in einem umgebauten Lastwagen zunächst Europa und dann Nord- und Südamerika bereist. Mit unzähligen Geschichten im Gepäck sind die Abenteurer aus Schwaigern zurück in der Heimat. 

Julia und Walter Stein aus Schwaigern haben mit Hündin Wilma die Panamericana bereist.
Julia und Walter Stein aus Schwaigern haben mit Hündin Wilma die Panamericana bereist.  Foto: privat/Montage: HSt

Wie aus einem Abenteuerroman hört es sich an, wenn Julia und Walter Stein von ihrer Weltreise berichten. Als ihr Expeditionsfahrzeug im Amazonas in Ecuador in einem Graben stecken bleibt, sind sie plötzlich im tiefsten Regenwald mitten im Kannibalengebiet auf sich allein gestellt. Mit Hund Wilma auf dem Arm und Machete in der Hand kämpfen sie sich auf der Suche nach Hilfe durch den Dschungel, den Walter Stein als undurchdringlich und laut beschreibt. Neugierige Affen hangeln sich schreiend über sie hinweg. Neben „unglaublichen Landschaften und Tierwelten“ ist es das, was dem Ehepaar aus Schwaigern bei ihrer vierjährigen Weltreise durch Europa und Amerika aufgefallen ist – die große Geräuschkulisse.

„Wir können immer noch nicht glauben, wie ruhig es in Deutschland ist“, sagen die beiden. Zum ersten Mal seit langer Zeit sind die 46 und 68 Jahre alten Ehepartner wieder für längere Zeit zurück in ihrer Heimat, wo sie vier Jahre zuvor ihr Haus vermietet und Möbel eingelagert haben. Ihren 12,5 Quadratmeter großen, umgebauten Lastwagen haben sie gegen eine Wohnung eingetauscht – zumindest vorerst.

In Panama campierte Familie Stein mit ihrem Lkw unter den Palmen.
In Panama campierte Familie Stein mit ihrem Lkw unter den Palmen.  Foto: privat

Abschied aus Schwaigern: Lastwagen-Reise von Familie Stein startete 2021

Alle Brücken abzubrechen und auf unbestimmte Zeit die Welt zu erkunden, erfordert Mut und manchmal den notwendigen Schubser. Bei Familie Stein ist das die Corona-Pandemie. Beruflich sind die Musikerin Julia Stein und der mittlerweile berentete Springreiter Walter Stein schon immer viel unterwegs gewesen, als spätestens 2021 der Wunsch nach einer längeren Auszeit aufkommt. Eine Firma baut einen Lastwagen zu einem modernen, autarken Expeditionsfahrzeug um. Familie Stein vermietet ihre Wohnung, zieht probeweise einen Monat in ihr neues Zuhause auf vier Rädern und testet das Pilotprojekt anschließend in Europa auf Herz und Nieren. Im Sommer 2022 brechen die Eheleute und ihr Zwergpudelmischling Wilma dann zu ihrer Tour auf einem Straßensystem auf, das den zweigeteilten amerikanischen Kontinent miteinander verbindet. „Das, was man die Panamericana nennt“, erklärt Julia Stein.

Mit dem Schiff durch reiste Familie Stein zum Columbia Glacier, einem Gletscher in Alaska.
Mit dem Schiff durch reiste Familie Stein zum Columbia Glacier, einem Gletscher in Alaska.  Foto: privat

Per Schiff gelangt das Wohnmobil nach Halifax in Kanada. Von dort fahren die drei nach Alaska, entlang der Westküste der USA und setzen an der Halbinsel Baja California ans mexikanische Festland über. Ihr Weg führt durch die Länder Zentralamerikas bis nach Panama, wo sie erneut per Schiff nach Kolumbien übersetzen. Sie durchqueren Peru, Bolivien und Chile bis an den unteren Zipfel Südamerikas nach Ushuaia. Von dort geht es durch Argentinien nach Brasilien. Was in wenigen Sätzen zusammengefasst ist, dauert insgesamt drei Jahre.

Kojote, Piranhas, Denguefieber: Familie Stein erlebt unzählige Abenteuer

Unzählige Geschichten haben Julia und Walter Stein bei ihrer Heimkehr im Gepäck. So werden sie Zeugen von atemberaubende Naturschauspielen wie fressenden Grizzly-Bären bei der Lachswanderung oder Bisonherden in der Prairie. Besonders im Gedächtnis geblieben sei ihnen die Gastfreundschaft, die ihnen entgegengebracht wurde. „Das war sehr beeindruckend“, betont Walter Stein.

Familie Stein aus Schwaigern mit ihrem Lkw in Salar de Uyuni, dem Salzsee in Bolivien.
Familie Stein aus Schwaigern mit ihrem Lkw in Salar de Uyuni, dem Salzsee in Bolivien.  Foto: privat

Durch den Hund, seine Leidenschaft für Pferde und Julia Steins Musik seien sie schnell in Kontakt mit den Einheimischen gekommen. „Sie hat Hauskonzerte gespielt, oder wir haben gekocht“ – zum Beispiel Linsen mit Spätzle, berichtet Walter Stein. Oft seien die Leute aber auch einfach hergekommen, um Essen zu bringen und ein Gespräch anzufangen. „Da sind richtig tolle Freundschaften entstanden“, schwärmt seine Frau. Zu einigen habe man bis heute Kontakt. „Für mich ist die Hauptstadt immer die Essenz des Landes“, sagt Julia Stein, „deswegen waren wir immer ausgiebig dort.“

Virtuelles Tagebuch

Familie Stein hat ihre Reise auf dem Instagram-Profil „stein_zeit_reise“ dokumentiert. 

Hin und wieder müssen die drei auch mit schwierigen Situationen fertig werden. Während der Reise erblindet Hündin Wilma auf einem Auge durch eine Netzhautablösung. Als sie während eines ausgerufenen Notstands in Guatemala durch das Hochrisikogebiet für Denguefieber fahren, stellen sie sicher, dass die Fliegengitter dicht sind. „Wir haben Gott sei Dank nichts gehabt“, sagt Julia Stein. In Brasilien werden sie von Einheimischen vor dem Schwimmen gewarnt, dass es in dem Gewässer Piranhas gibt. Und in Kanada spielt Julia Stein Frisbee mit Wilma, als plötzlich ein Kojote hinter ihr steht. „Wir haben uns beide so angeguckt, und dann ist der Kojote ab in den Wald“, erinnert sie sich und lacht. „Es war wie in einem Comic.“

Julia und Walter Stein in Machu Picchu, der weltberühmten Ruinenstadt in Peru.
Julia und Walter Stein in Machu Picchu, der weltberühmten Ruinenstadt in Peru.  Foto: privat

Reisende aus Schwaigern berichten von Erfahrung mit korrupter Polizei

Mehrfach geraten sie in die Fänge von korrupten Polizisten, die ihnen etwa das Nummernschild abnehmen und Geld erpressen wollen. „Für uns als Deutsche mit unserem Rechtsempfinden ist das natürlich erstmal total erschreckend“, sagt Julia Stein. „Man lernt aber auch damit umzugehen“, ergänzt ihr Mann. In solchen Gefahrensituationen gelte es, ruhig zu bleiben. Oft reiche es schon, nach der Dienstnummer zu fragen oder die Botschaft anrufen zu wollen.

Ausrüstung

Der DXV Expedition Vehicle hatte ehemals einen Kran, bevor der umgebaute Aufsetzer kam. Das Gefährt ist optimal ausgestattet. „Wir sind völlig autark“, sagt Walter Stein. Er und seine Frau besitzen einen Lkw-Führerschein.Wlan gebe es überall. Abgesehen von abgeschiedenen Regionen bekäme man Arzttermine in Südamerika einfach per Whatsapp, kontaktloses Bezahlen sei die Regel. Aber: „Man tut gut daran, immer eine gewisse Summe an US-Dollar bei sich zu führen.“ 

Hündin Wilma vor den Niagarafällen in Kanada.
Hündin Wilma vor den Niagarafällen in Kanada.  Foto: privat

Schwaigerner geben Tipps: Was Reisende auf ihrer Tour beachten sollten

Touristen sollten nicht bei Dunkelheit unterwegs sein, erklärt Julia Stein, und nicht in Narcos-Gebiete reisen, wo sich Drogenbanden bekriegen, keine Wertsachen mit sich führen, dafür aber einen falschen Geldbeutel. „Wenn du durch gefährliche Länder reist, gibt es einfach gewisse Regeln. Wenn du die einhältst und ein bisschen Glück hast, passiert nichts.“ Auch dem Rat Einheimischer sollten Reisende trauen.

„Wenn du durch gefährliche Länder reist, gibt es gewisse Regeln.“Julia Stein

Zurück im beschaulichen Schwaigern wollen die Steins die Herbst- und Wintermonate genießen. Kürzlich ist das Wohnmobil von Uruguay auf dem Wasserweg nach Europa zurückgekehrt und wird nun gewartet. Nächstes Jahr setzen die drei ihre Reise in den Vereinigten Staaten fort.

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