Walter und Julia Stein aus Schwaigern reisen um die Welt – Weihnachten in Patagonien
Sie sind seit drei Jahren als Weltreisende unterwegs: Walter und Julia Stein aus Schwaigern haben 2021 Möbel eingelagert, die Wohnung vermietet und den Alltag hinter sich gelassen. Was sie aktuell am meisten schätzen.

"Der Weg ist das Ziel“ steht über der Weltreise von Walter, Julia und Wilma Stein. Wilma ist der Hund. Ein Zwergpudelmischling, der bei allen Abenteuern dabei ist. Auf Instagram sind die Stationen des Trios unter „stein_zeit_reise“ zu finden. Man erhält dort einen Eindruck von der Welt, wie sie sich den Reisenden aus Schwaigern darstellt.
Die Einträge reichen bis Januar 2021 zurück, als der erfolgreiche Springreiter Walter Stein mit der Flötistin, Musiklehrerin und Chorleiterin Julia Stein anfing, ein DXV Expedition Vehicle von MAN zu einem 12,5 Quadratmeter großen, rollenden Zuhause umzubauen.
Von Schwaigern aus mit dem Wohnmobil hinaus in die Welt
Zu dem Zeitpunkt hatten die beiden ihre Jobs bereits gekündigt, Haus und Wohnung waren vermietet, die Möbel eingelagert. In einem Interview mit der Heilbronner Stimme sagte Julia Stein am 16. August 2021: „Wir haben erkannt, dass man viele Dinge gar nicht braucht.“ Fast zehn Jahre hatten die beiden zu diesem Zeitpunkt schon darüber nachgedacht, den Alltag in Deutschland zumindest eine Zeit lang hinter sich zu lassen.

Aus geplanten zwei Jahren sind mit kurzen Unterbrechungen inzwischen drei geworden. Und die Reise geht weiter. Das jüngste Abenteuer war vor zwei Wochen der Besuch von Matchu Picchu, dem UNESCO-Welterbe in Peru. Über Whatsapp seien sie gut zu erreichen, hatte Walter Stein der Stimme geschrieben. Und tatsächlich: In einem kleinen Café im Park von Pisac bekamen die beiden einen Internet-Zugang.
Walter und Julia Stein auf Weltreise: "Keinen Tag bereut"
„Keinen Tag haben wir bereut, losgefahren zu sein“, sagt Julia Stein wie aus der Pistole. Auf der ersten Etappe hatte das Paar zehn Länder in Europa bereist, einschließlich der Türkei. Dann wurde das Wohnmobil in Hamburg Richtung Halifax verschifft. Von Kanada aus ging es nach Alaska, anschließend durch die westliche USA nach Mittelamerika und jetzt durch den gesamten südamerikanischen Kontinent.
Die Steins sind zwischenzeitlich 80.000 Kilometer gefahren. Als „Langzeitreisende“ bezeichnen sie sich, nicht als „Langzeiturlauber“. Reisen habe seine eigenen Anstrengungen, sagt sie: „Wir sind ununterbrochen am Recherchieren, reflektieren die innenpolitische Lage eines Landes, überlegen, wo wir als nächsten hinfahren“. Es sei ein Luxus, die schönsten Plätze der Welt zu sehen, „aber wir geben meistens Vollgas“. Manchmal machten sie daher auch Urlaub vom Reisen, blieben drei bis fünf Tage an einem Ort, auch, um die Eindrücke zu verarbeiten, die sie überall sammeln.
Der Springreiter aus Schwaigern gibt in Südamerika Kurse
„Im Vergleich zu anderen Reisenden haben wir über den Reit- und Hundesport und über die Musik sicher mehr Kontakt zu Einheimischen“, sagt Julia Stein. Er coachte Springreiter in El Puité und wurde anschließend gefragt, ob er die Nationalmannschaft Guatemalas trainieren wolle. Das lehnte er ab. Aber er gibt immer wieder Reitkurse. Das hat sich herumgesprochen. Die nächsten Kurse finden in Bolivien statt. Er selbst lerne dabei viel dazu, sagt er. Sie saß an Weihnachten 2023 in Yuma, Arizona, mit im Orchester.
Die beiden Reisenden meisterten die Begegnung mit einer bewaffnete Gang und mit korrupten Polizisten.
Mit dem deutschen Vize-Botschafter tanzten sie auf einem Oktoberfest in El Salvador: „Wir wussten gar nicht, dass die Latinos keine Partytänzer sind. Wir haben den Saal jedenfalls gerockt“, schrieb Julia Stein damals in einem Post. Wilma hat drei Tage nach einer schweren Augen-Operation bei einem Agility-Turnier die Bronzemedaille gewonnen. Überhaupt Wilma: „Sie gehört seit neun Jahren zu uns“, sagt Walter Stein. „We are family“ steht unter einem Foto bei Instagram, das die drei eben als Familie zeigt.
Walter und Julia Stein feiern Weihnachten in Patagonien
Wenn keine größeren Katastrophen kämen, könnten sie ewig so weiterleben, meinen die beiden: „Bis auf wenige Versicherungen haben wir keine Fixkosten mehr.“ Und man brauche auch nicht viel.

Diesel in Südamerika kostet, wenn er teuer ist, 95 Cent. 2,50 Euro das Mittagessen: „Die Lebenshaltungskosten sind erheblich niedriger als in Deutschland.“ Die Idee ist nun, links den gesamten Kontinent runter in Richtung Patagonien zufahren, wo die Steins Weihnachten verbringen wollen, und dann rechts wieder hoch, Richtung Buenos Aires. Dort wollen sie an Ostern 2025 Freunde treffen.
Auf der letzten Etappe soll es dann von West nach Ost durch die gesamte USA gehen. Das ganze nächste Jahr werden die Steins noch unterwegs sein: „Mindestens.“
Schwierige Frage: Wo lässt man sich nach einer Weltreise nieder?
Die Frage, wo sie sich in Deutschland irgendwann niederlassen werden, muss vor der Rückkehr geklärt sein. „Jeden Tag führen wir dazu ein Gespräch“, sagt Julia Stein. „Ziehen wir aufs Land oder in die Stadt, nach Norden oder nach Süden? Zurück in den Raum Heilbronn oder doch eher zu Walters Sohn nach Berlin?“ „Wo würde ich mich wohlfühlen? Und wo wäre Julia beruflich gut aufgehoben?“, drüber denkt Walter Stein nach, wenn er am Strand sitzt und zuschaut, wie die Sonne untergeht – oder wenn er hinterm Steuer seines MAN sitzt.

Eine Antwort ist noch nicht in Sicht. Und wenn, dann wirft sie bei Julia Stein höchstens eine neue Fragen auf: „Ob man wohl jemals wieder sesshaft werden kann?“
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