Kim Heinen (43) betreut als Managerin für Media Relations & Public Affairs (Medienmanagerin) bei Rotterdam Partners, der Städtischen Marketing-Gesellschaft, internationale Journalisten und andere Expertengruppen, die in die Stadt kommen. Das Interesse an der Entwicklung der Stadt ist riesig. Jüngstes architektonischen Highlight: Das Auswanderer-Museum Fenix im früheren Brennpunktviertel Katendrecht am alten Hafen. Das Viertel wandelt sich gerade vom einstigen sozialen Brennpunkt zum hippen Ausgehviertel, das Fenix ist ein Meilenstein auf diesem Weg.
Vom Hafen zur Innovations-Metropole: Rotterdams Erfolgsmodell als Inspiration für Heilbronn
Architektur, Offenheit, Aufbruch: So wurde Rotterdam zur Marke. Medienmanagerin Kim Heinen erklärt, was Heilbronn bei seinem Wandel zur Zukunftsstadt von diesem Erfolgsmodell lernen kann.

Rotterdam, die zweitgrößte Stadt der Niederlande, hat den Wandel geschafft: Von der rauen Hafenstadt mit vielen sozialen Problemen hat sich die 670.000-Einwohner-Metropole innerhalb von zwei Dekaden zu einem internationalen Hotspot für Architektur und Innovation entwickelt. Besucher aus aller Welt strömen nach Rotterdam, um sich vom Geist des Aufbruchs inspirieren zu lassen und Ideen mit nach Hause zu nehmen. Das Stadtmarketing hat einen wesentlichen Anteil am Erfolg der „Marke Rotterdam“. Kim Heinen von Rotterdam Partners erklärt, wie der Wandel gelungen ist und was Städte wie Heilbronn, die eine ähnliche Transformation durchlaufen, sich abschauen können.
Wie würden Sie Rotterdam beschreiben?
Kim Heinen: Ich bin 1999 mit 17 Jahren als Studentin aus einem Dorf an der deutschen Grenze in die Stadt gekommen und habe mich sofort wohlgefühlt. Meine neuen Bekannten, alles Einheimische, haben mich gewissermaßen adoptiert, mir geholfen mich zurechtzufinden und bei der Wohnungssuche. Menschen aus aller Welt sind hier willkommen, das war schon immer so. Der große Humanist und Sohn unserer Stadt, Erasmus von Rotterdam, steht für diese Offenheit und Toleranz, sein Geist wirkt bis heute. Was sich im Vergleich zu meinen Studienzeiten verändert hat: Früher war es üblich, dass Studenten direkt nach dem Studium wieder gehen, in andere, beliebtere Städte der Niederlande. Das ist nicht mehr so.

Warum?
Heinen: In den letzten 25 Jahren hat sich in Rotterdam unglaublich viel getan. Die Stadt bietet vergleichsweise günstigen Wohnraum und ist gleichzeitig sehr lebenswert geworden. Für junge Menschen gibt es so viele Möglichkeiten: Man kann mitten in der Stadt auf einem alten Kanal surfen, wir haben ein unglaublich großes kulturelles Angebot, City-Strände und viele Top-Events, wie zum Beispiel den Eurovision Song Contest oder große, internationale Sportveranstaltungen. Die Studenten wollen bleiben. Und aus der Perspektive des Stadtmarketings sind sie eine unglaublich wertvolle Gruppe.
Bitte erklären Sie das näher.
Heinen: Wenn man sich als Student wohlfühlt, wird man zum lebenslangen Botschafter für eine Stadt. Deswegen haben wir in diesem Jahr auch ein spezielles Willkommens-Programm für Studenten aufgelegt. Wir wollen, dass sie gut bei uns ankommen und sich von Anfang an heimisch fühlen. „Rotterdam. Make it happen“ (deutsch: Mach es möglich“) ist unser Motto. Wir machen es möglich, dass sich Menschen bei uns willkommen fühlen – das prägt das Zusammenleben dauerhaft.
Warum haben Sie diesen Slogan gewählt?
Heinen: 2014 hat ein Markenprozess unter Leitung des damaligen Bürgermeisters Ahmed Aboutaleb begonnen. Er hat ein Team aus sieben unterschiedlichen Bereichen zusammengeholt. Gemeinsam haben wir überlegt, was unsere Stadt ausmacht. Wir haben unsere Werte und unsere Vision für die Zukunft definiert. Die kommen aus der Vergangenheit: Offenheit und Toleranz. Wenn man akzeptiert, dass sich Dinge ändern, dann kann man sich auch leichter auf Experimente einlassen und mutig sein, etwas auszuprobieren.

Die Stadt ist bekannt für mutige Architektur. Eines der renommiertesten Büros aus Rotterdam, MVRDV, plant den IPAI in Heilbronn. Wie wichtig sind solche Botschafter für Ihre Stadt?
Heinen: Wir sind unglaublich stolz auf die vielen renommierten Architekturbüros aus Rotterdam. Sie exportieren mit ihren Bauten unsere Werte in alle Welt und sie sorgen gleichzeitig dafür, dass internationale Besucher nach Rotterdam kommen, um sich anzuschauen, was hier entsteht. 2014 war ein Jahr, das uns auf der Weltbühne weit nach vorne katapultiert hat. Gleich drei ikonische Bauten wurden fertig: Das De Rotterdam von OMA, der Firma von Rem Koolhaas. Die Markthalle von MVRDV und Rotterdam Central, der neue Bahnhof. Danach galten wir als Architektur-Hotspot und die Menschen strömten in die Stadt. Die internationale Wahrnehmung hat sich gewandelt.
Was wissen Sie von Heilbronn?
Heinen: Wenn ich das richtig verstehe, ist Heilbronn eine Stadt mit sehr vielen Bildungseinrichtungen und der Ambition, zum europäischen KI-Hotspot zu werden. Damit steht Heilbronn für mich für die Zukunft: junge Menschen, die Technologie der Zukunft, Bildung. Ins Blaue gesprochen denke ich da sofort an einen Slogan wie „Heilbronn. Where we nourish the future“ (deutsch, etwa: Wo Zukunft gemacht wird).
Bisher wirbt Heilbronn mit Wein und dem Käthchen, einer fiktionalen Figur aus einem Ritterschauspiel des frühen 19. Jahrhunderts.
Heinen: Gutes Essen und guten Wein oder einen Fluss gibt es überall, das sind keine Alleinstellungsmerkmale, sondern Selbstverständlichkeiten. Aber solch eine bekannte historische Figur ist gut, wenn sie für Werte steht, die auch heute noch gelten.