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"Garantien gibt es nie": Wie sich Städte im Raum Heilbronn vor Unwettern schützen

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Die Kommunen im Raum Heilbronn wappnen sich gegen Hochwasser-Ereignisse. Gegen sintflutartigen Starkregen können aber auch Millionen Euro teure Investitionen oft nicht viel ausrichten. 

Aufräumarbeiten am Tag danach: Feuerwehrkräfte nach dem Unwetter in Gemmingen.
Aufräumarbeiten am Tag danach: Feuerwehrkräfte nach dem Unwetter in Gemmingen.  Foto: Hoffmann, Adrian

Die gröbsten Schäden sind in Gemmingen inzwischen zwar beseitigt. "Die Aufräumarbeiten dauern aber immer noch an", sagt Luis Kreiter, stellvertretender Bauamtsleiter der Kraichgaugemeinde, die vergangene Woche von einem schweren Unwetter heimgesucht wurde. Bürgermeister Timo Wolf sprach von einem 500- bis 1000-jährigen Hochwasser. Der Sachschaden ist derzeit nur schwer einzuschätzen.

"So etwas zu verhindern, ist fast nicht möglich", sagt Kreiter. Die Kommune hat jetzt ein Fachbüro aus Hügelsheim mit einer Analyse beauftragt. Wie Gemmingen haben auch andere hochwassergefährdete Städte im Landkreis Heilbronn ihre Hausaufgaben beim Hochwasserschutz eigentlich gemacht. "Bei 100 Liter Regenwasser pro Quadratmeter innerhalb kürzester Zeit ist man aber machtlos ausgeliefert", sagt Michael Kenngott, Leiter Sicherheit und Ordnung im Bürgerbüro der Stadt Lauffen.


Alarmpläne und eine enge Zusammenarbeit mit der Feuerwehr in Lauffen

"Mit dem Neckar und der Zaber sind wir seit Jahrzehnten mit Hochwasser konfrontiert", sagt Kenngott. Längst habe Lauffen ein Starkregenrisikomanagement auf den Weg gebracht. Mit Alarmplänen und enger Zusammenarbeit mit der Feuerwehr sei man gut aufgestellt. "So etwas wie in Gemmingen kann man aber nicht handeln", ist der Leiter Sicherheit in Lauffen überzeugt.

Vorhersagen, Warneinrichtungen und Wetter-Apps gebe es mittlerweile reichlich. "Viele Leute nehmen das aber inzwischen nicht mehr ernst", kritisiert Kenngott, der an die Bürger appelliert, auch mehr Eigeninitiative zu ergreifen.

Lauffen sei eine Hochwasserstadt. Die Menschen in den gefährdeten Gebieten könnten damit auch mittlerweile gut umgehen. Bürger, die selten von Hochwasser betroffen sind, gingen im Ernstfall allerdings allzu arglos mit dem Thema um. Hier wünscht sich Kenngott mehr Sensibilität.

Drei-Flüsse-Stadt Bad Friedrichshall von jeher mit Hochwasser konfrontiert

Die Verantwortlichen in der Stadt Bad Friedrichshall hatten ihr Schlüsselerlebnis im Jahr 2016, als Starkregen Straßen und Keller überflutete. Betroffen waren vor allem die Stadtteile Kochendorf, Duttenberg und Plattenwald. Dabei ist die Stadt, in der sich die Flüsse Neckar, Jagst und Kocher treffen, von jeher mit Hochwasser konfrontiert.

Treten die Flüsse über die Ufer, hat die Stadt ein effizientes Abwehrkonzept erarbeitet. "Hier sind wir gut vorbereitet", sagt Bürgermeister Timo Frey. Unter anderem mit mobilen Stellwänden und einem sogenannten Polterpumpwerk, das das ankommende Hochwasser von den Flüssen zurück in die Flüsse pumpe. Gegen den  Starkregen und die Massen an Oberflächenwasser von 2016 war die Salzstadt allerdings nahezu machtlos.

Bad Friedrichshall zieht Lehren aus dem Starkregen-Ereignis von 2016

Seitdem arbeitet die Stadt mit dem Heilbronner Büro Bit-Ingenieure zusammen. "Wir haben eine Schutzkonzeption mit 160 individuellen Maßnahmenplänen entwickelt", so Frey. Unter anderem hat die Stadt zusammen mit dem Landkreis Heilbronn, der Audi AG, und dem Wasserverband Sulm zwei neue Rückhaltebecken für rund 3,5 Millionen Euro oberhalb des Audiwerks gebaut. Zum Schutz für das Werk, die Schiene und die angrenzende Kreisstraße. Darüber hinaus hat die Stadt auf eigene Kosten für rund 250.000 Euro den Wassereinlauf unterhalb der Bundesstraße 27 verbessert.

Eine weitere Maßnahme war die Hangsicherung entlang der Kreisstraße von Kochendorf nach Oedheim. Im Bereich des Gewerbegebiets Obere Fundel hat sie Oberflächenabwasserleitungen gebaut, die das Regenwasser direkt in den Fluss leiten. "Garantien gibt es aber nie", sagt der Bürgermeister. Nicht für jedes Szenario und jede Wassermenge gebe es einen 100-prozentigen Schutz.

Rückhaltebecken ermöglichen in Eppingen kontrolliertes Abfließen

In Eppingen ist Hochwasserschutz für das Gebiet Elsenz-Schwarzbach überörtlich konzipiert. Der Zweckverband Hochwasserschutz betreut die Pegel und Rückhaltebecken per Fernüberwachung. Vier Hochwasserrückhaltebecken sorgen laut Pressesprecherin der Stadt Eppingen, Vanessa Heitz, für ein "kontrolliertes Abfließen". Derzeit baue der Zweckverband im Oberlauf der Elsenz zwischen Eppingen und Richen ein neues Rückhaltebecken, "das Schutz vor einem 100-jährlichem Hochwasser bietet".

Darüber hinaus stelle laut Vanessa Heitz ein 180 Meter langer Damm oberhalb des Aussiedlerhofes südlich der Ortslage Richen ein Stauvolumen von 274.000 Kubikmeter zur Verfügung. "Der Damm weist eine maximale Höhe von 2,50 Meter und eine Breite von vier Metern auf."

Bei Starkwettereignissen wie 2016, wenn überschwemmte Keller und Garagen abseits der Ufer drohen, seien Warnungen vom Deutschen Wetterdienst, dem Hochwasserportal oder auch der Hochwasservorhersagezentrale Baden-Württemberg zu beachten. "Für die Bevölkerung haben wir auf unserer Homepage unter Bevölkerungsschutz Hinweise zusammengestellt", so die Pressesprecherin der Stadt Eppingen.

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