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Erhöhte TFA-Werte
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Chemikalie in einzelnen Wasserquellen in Bad Wimpfen und Untereisesheim nachgewiesen

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Seit Wochen gehen in Bad Wimpfen und Untereisesheim Anfragen verunsicherter Bürger ein, auch in den Sozialen Medien wird diskutiert: In mehreren Quellen sollen erhöhte TFA-Werte nachgewiesen worden sein. Muss man sich nun Sorgen um vergiftetes Trinkwasser machen?


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Die Ewigkeitschemikalie TFA (Trifluoracetat) entsteht als Abbauprodukt insbesondere von fluorierten Verbindungen, ist schwer abbaubar und reichert sich im Wasser und im Körper an. Vor allem die Waldwasserquelle in Bad Wimpfen weist mit 319 µg/l (Mikrogramm pro Liter) einen hohen TFA-Wert auf. Diese Info war nach einer nichtöffentlichen Sitzung des Bad Wimpfener Gemeinderats sozusagen durchgesickert, denn die Öffentlichkeit wurde vonseiten der Stadt in dieser Zeit nicht unmittelbar informiert.

Wochenzeitung spekuliert über hohe Werte im Trinkwasser – das ist in Bad Wimpfen und Untereisesheim dran

Die Wochenzeitung „Kontext“ griff die Thematik in einem seitenlangen Artikel auf und spekuliert darin, dass Behörden und Trinkwasserversorger alarmierende Werte bewusst verschweigen und die Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung systematisch herunterspielen würden. Nach Gutdünken schraube man TFA-Grenzwerte nach oben, was bei der Firma Solvay als Produzent von Fluorprodukten zu beobachten sei. 

Chemikalie im Trinkwasser: So hoch dürfen die Grenzwerte für TFA sein

Auf die stark TFA-belastete Waldwasserquelle in Bad Wimpfen aufmerksam geworden war man durch die Messstelle „BBR 3 Solvay Fluor GmbH“ der Firma Solvay in Bad Wimpfen, wie das Regierungspräsidium Stuttgart (RPS), das Landratsamt Heilbronn und die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) in einer gemeinsamen Stellungnahme darstellen. Die Messstelle sei Teil des Landesmessnetzes und in der Zuständigkeit der LUBW. „Im April 2022 wurde hier ein Wert von 18 µg/l, im Juni 2024 dagegen ein Wert von 50 µg/l gemessen.“

Für Trinkwasser gibt es derzeit zwar keinen EU-weit harmonisierten TFA-Grenzwert. In Deutschland hat das Umweltbundesamt allerdings einen gesundheitlichen Leitwert von 60 µg/l abgeleitet und weist darauf hin, dass eine Konzentration von 10 µg/l oder weniger TFA im Trinkwasser angestrebt werden sollte.

Die Solvay GmbH erklärt in diesem Zusammenhang schriftlich, dass man sich in Bezug auf die TFA-Konzentrationen rund um das Werk immer vollständig an die von den Behörden festgelegten Emissionsgrenzwerte gehalten habe und dies auch in Zukunft tun werde. „Es gab bisher keine Vorfälle zu vermelden. Wir werden eine Untersuchung der aktuellen Situation starten und die Ergebnisse den Behörden melden, sobald sie verfügbar sind“, so ein Sprecher des Unternehmens.

Wasserquellen in Bad Wimpfen und Untereisesheim untersucht – mit diesem Ergebnis

Um Erklärungen für den Anstieg der TFA-Konzentration bei Solvay zu finden – so das Landratsamt Heilbronn, das RPS und die LUBW – seien von einem akkreditierten Labor weitere Untersuchungen an Brunnen und Quellfassungen im Bereich von Bad Wimpfen durchgeführt worden. An der Waldwasserquelle sei dabei im November 2024 eine „sehr hohe TFA-Konzentration von 320 µg/l im Maximum“ festgestellt worden. Die Quelle befindet sich auf dem Flurstück Nr. 5438, nördlich der Bereiche Altenberg/Schanze und südlich der Eisenbahnstrecke zwischen den Haltestellen „Bad Wimpfen“ und „Bad Wimpfen Im Tal“.

„Die TFA-Konzentration im Wasser der Waldwasserquelle ist mit 320 µg/l sehr hoch und überschreitet den Trinkwasserleitwert von 60 µg/l um mehr als das Fünffache“, so die Behörden. Sie betonen dabei jedoch ausdrücklich, dass die Waldwasserquelle nicht mit der öffentlichen Wasserversorgung verbunden sei und somit nicht als Trinkwasser diene. Das Wasser werde ausschließlich für gewerbliche beziehungsweise industrielle Zwecke genutzt, was auch weiterhin möglich sei.

Hohe TFA-Werte im Wasser nachgewiesen: Diese Quellen in Bad Wimpfen sind betroffen

In Folge des stark erhöhten TFA-Werts der Waldwasserquelle hat das Landratsamt Heilbronn die Beprobung weiterer Quellen und auch Trinkwasserversorgungsanlagen im Umfeld veranlasst. Hierbei handele es sich unter anderem um die Quelle mit der Bezeichnung „Quellfassung M“, die sich in der Nähe der Waldwasserquelle befindet. Das Ergebnis: Auch hier wurde ein stark erhöhter TFA-Wert von 319 µg/l festgestellt.

Auch diese Quelle sei nicht mit der öffentlichen Wasserversorgung verbunden, sondern diene der Eigenwasserversorgung eines einzelnen Wohnhauses. Das Gesundheitsamt des Landratsamts Heilbronn habe daraufhin eine Einschränkung der Nutzung des Eigenwassers angeordnet und den Verzehr untersagt. Die übrige Verwendung im Haushalt, beispielsweise zum Waschen und für die Körperpflege, sei weiterhin möglich. Allerdings gehe man aufgrund der ähnlichen Werte davon aus, dass die Waldwasserquelle und die Quellfassung M mit Wasser aus dem gleichen Einzugsgebiet gespeist würden.

Daneben wurden zwei weitere Anlagen zur Eigenwasserversorgung untersucht, wovon eine einen Messwert von 14 µg/l aufwies, in der anderen sei kein TFA nachweisbar. Außerdem habe die untere Wasserbehörde des Landkreises Heilbronn die Beprobung der Stiftsquelle und der Quellfassung „Höhenhöfe“ veranlasst, die Probenergebnisse würden allerdings noch ausstehen.

Kontaminierte Quellen in Bad Wimpfen und Untereisesheim: Warum wurde die Öffentlichkeit zuerst nicht informiert?

Auf Nachfrage erklärt Bad Wimpfens Bürgermeister Andreas Zaffran, er habe im Februar dieses Jahres von der hohen TFA-Kontamination einer einzelnen Quelle erfahren. Warum er diese Information nur in einer nichtöffentlichen Gemeinderatssitzung kommuniziert habe, begründet Zaffran im Gespräch damit, dass keine Gefahr für die Bevölkerung bestanden hätte: „Das Wasser der Quelle wird nicht in das öffentliche Trinkwassersystem eingespeist. Betroffen war nur ein Haushalt, der eine Genehmigung für die Eigenwasserversorgung durch diese Quelle hatte. Die Nutzung wurde daraufhin sofort untersagt.“

Die Trinkwasserversorgung von Bad Wimpfen erfolge zu rund 80 Prozent über die Bodenseewasserversorgung, deren TFA-Messwert mit 0,28 µg /l unter dem empfohlenen Trinkwasserleitwert von 60 liege. 20 Prozent des Trinkwassers würden von drei eigenen Quellen auf Wimpfener Gemarkung stammen, die über 2,5 Kilometer entfernt von der kontaminierten Quelle liegen würden.

Wie auch das Landratsamt, das RP und die LUBW bestätigen, sind die Grundwasseraufschlüsse für das Bad Wimpfener Leitungsnetz drei Tiefbrunnen, eine Beprobung dieser führte zu folgenden TFA-Werten: Oswald 1 mit 6,0 µg/l, Oswald 3 mit 8,5 µg/l und im Tiefbrunnen Allmend eine Konzentration von 4,8 µg/l. Im Leitungsnetz sei für das Trinkwasser in Bad Wimpfen eine TFA-Konzentration von 1,7 µg/l gemessen worden.

TFA im Trinkwasser nachgewiesen: Diese Quellen in Untereisesheim sind betroffen

Im Bereich der Gemeinde Untereisesheim habe man zwei Quellfassungen beprobt. Im Gegensatz zu Bad Wimpfen werden Schleckenbrunnen 1 und 2 allerdings für die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde genutzt. Bei der Quelle Schleckenbrunnen 1 betrug der Messwert 19 µg/l, bei der Quelle Schleckenbrunnen 2 hat die Analyse eine Konzentration von 14 µg/l ergeben. „Da die Gemeinde neben dem Eigenwasser auch Trinkwasser über die Bodenseewasserversorgung beziehe, weist das an die Bürger abgegebene Trinkwasser eine Konzentration von 9 µg/l TFA auf“, so das Ergebnis der Messung am Hochbehälter Untereisesheim.

„Dieser Wert liegt weit unter der von der Trinkwasserkommission beim Umweltbundesamt festgelegten Grenze von 60 µg je Liter Trinkwasser“, erklärt Untereisesheims Bürgermeister Christian Tretow. Wie Amtskollege Andreas Zaffran veröffentlichte Tretow inzwischen eine öffentliche Stellungnahme auf der Webseite des Rathauses, um der verunsicherten Bevölkerung zu begegnen.

Hohe TFA-Konzentration in Quellen bei Bad Wimpfen und Untereisesheim: Was ist die Ursache?

Ob das reicht? Unklar. Der Knackpunkt ist nämlich, dass die Ursache für die hohen TFA-Werte noch nicht gefunden ist, wie das RPS, das Landratsamt Heilbronn und die LUBW einräumen: „Eine eindeutige Quelle beziehungsweise ein konkreter Verursacher konnte bislang nicht identifiziert werden. Auch sind die auffälligen Werte derzeit nicht plausibel erklärbar.“

Eine Studie von GLOBAL 200, die in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Pestizid-Aktionsnetzwerk PAN Europe durchgeführt und jüngst veröffentlicht wurde, hat die Belastung von Wein mit der Ewigkeitschemikalie TFA anhand von zehn alten Jahrgängen (1974 bis 2015) und 39 rezenten Jahrgängen (2021 bis 2025) aus zehn weinproduzierenden EU-Ländern untersucht.

Dabei habe sich gezeigt, dass die TFA-Konzentration im Wein seit 2010 stark ansteige. „In Jahrgängen vor 1988 wurde hingegen kein TFA nachgewiesen. Weine der Jahrgänge 2021 bis 2024 enthielten im Durchschnitt 122µg/l – mit Spitzenwerten über 300µg/l“, heißt es in der Studie. Man habe Weine aus zehn EU-Ländern analysiert. Alle Weine der zehn EU-Länder würden hohe TFA-Gehalte aufweisen, die um zwei bis drei Größenordnungen über den bereits hohen Hintergrundwerten im Regen-, Oberflächen- und Grundwasser liegen.

Man betrachte verschiedene Möglichkeiten, die für die hohen TFA-Konzentrationen in dem Einzugsgebiet der Waldwasserquelle in Wimpfen in Betracht kommen könnten. „Diese Prüfungen laufen noch.“

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Kommentare

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Burkhard Monninger am 25.04.2025 22:46 Uhr

Laut dem Bundesamt für Risikobewertung (BfR) müsste man täglich 9 Liter Wein trinken um bei den gefundenen Konzentrationen die "gesundheitsbasierten Richtwerte zu überschreiten". Ich denke da wären wohl vorher andere Auswirkungen dieses Konsums zu erwarten.... Also nichts als Panikmache.

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