Heilbronner Trickbetrüger-Prozess: Falscher Polizist im Wohnzimmer des Opfers
Im Prozess gegen vier mutmaßliche Polizeitrick-Betrüger hat am Dienstag ein Geschädigter vor dem Heilbronner Landgericht ausgesagt. Demnach hielt einer der Angeklagten im Wohnzimmer des 85-Jährigen die Geldtasche schon in der Hand.
„Ich sollte die Nummern der Geldscheine notieren und unseren Schmuck wiegen“, sagte eines der ausgesuchten Opfer der Gruppierung, die sich laut Anklage der Staatsanwaltschaft offenbar als falsche Polizeibeamte und falsche Staatsanwälte eine Einnahmequelle verschaffen wollten, unter anderem in Möckmühl. Der Zeuge ist 85 Jahre alt und wohnt im bayrischen Ansbach. Die Vernehmung während der Verhandlung vor dem Heilbronner Landgericht fand per Video- und Tonübertragung statt. Gesundheitlich war der Mann laut ärztlichem Attest nicht in der Lage, persönlich in Heilbronn zu erscheinen.
Prozess um Trickbetrüger in Heilbronn – Aufmerksamer Nachbar verhinderte Schlimmeres
Der Rentner aus Ansbach wäre auf den Trick hereingefallen. Wenn sein aufmerksamer Nachbar nicht beim Heraustragen des Mülls „drei verdächtige Gestalten“ gesehen hätte. Die nervös und aufgeregt auf der Straße hin- und hergelaufen sein sollen. „Wie ein Tiger im Käfig“, sagte der Nachbar im Zeugenstand.

Die Handys in der Hand hätten sie das Grundstück des 85-Jährigen mehrfach betreten und seien wieder gegangen. Schließlich habe einer der drei „südländisch aussehenden Männer“ bei seinem Nachbarn geklingelt, während die anderen draußen blieben und offenbar Schmiere standen.
Prozess in Heilbronn: Rentner hatte Nummern der Geldscheine bereits notiert
Der Senior öffnete die Türe und ließ den falschen Polizisten „in die Stube herein“. Die Nummern der Geldscheine hatte der Rentner bereits notiert und den Schmuck gewogen. Denn zuvor hatte sich ein Anrufer als Polizeibeamter ausgegeben und erzählt, die Polizei habe ein Notizbuch einer rumänischen Einbrecherbande sichergestellt, in dem auch Name und Adresse des Ansbacher gestanden habe. Später käme ein rumänischer Polizist, um Geld und Schmuck in Sicherheit zu bringen.
Das sei ihm komisch vorgekommen, sagte der Senior. Deshalb habe er die 110 gewählt. Von dort habe er die Auskunft erhalten, dass alles seine Richtigkeit habe und er den Anweisungen folgen solle. Den angeblichen Polizisten in seiner Wohnung habe er aber aufgefordert, das Geld zu zählen und eine Quittung auszustellen. Es handelte sich um 5300 Euro.
Der angebliche Polizist habe das Geld nicht zählen wollen. Auch eine Quittung habe er nicht ausstellen wollen. Die Tasche mit dem Geld hatte er zwar offenbar bereits in der Hand, als er sie plötzlich losgelassen habe und davongerannt sei.
Nach Trickbetrug: Polizei nimmt mutmaßliche Täter kurz nach Tat fest
Denn der Nachbar hatte von Anfang an das Gefühl, „dass hier etwas nicht stimmt“. Der 68-Jährige rief die Polizei. Die kam mit zwei Streifenwagen. Der erste traf den angeblich rumänischen Polizisten noch auf dem Grundstück des Rentners an. Die zweite Streife nahm die beiden anderen Angeklagten im Zuge einer Fahndung fest.
In fünf solcher Fälle sollen die insgesamt vier Angeklagten in wechselnder Besetzung zwischen dem 23. Juli 2024 und dem 5. November 2024 in Möckmühl, Heidelberg, Ludwigsburg, Horb und Ansbach nach dem gleichen Muster vorgegangen sein. Und dabei ihre Opfer um 70.000 Euro betrogen haben. Seit dem 18. November sitzen sie im Heilbronner Landgericht auf der Anklagebank.
Angeklagte wollen für Gefallen für einen Bekannten kein Geld bekommen haben
Die Versionen zweier Angeklagter, die sich zu den Vorwürfen äußerten, klangen ganz anders. Sie wollen von den Betrügereien kurz vor der Tat oder sogar erst im Nachhinein erfahren haben. Mit dabei wären sie nur gewesen, weil sie einem Bekannten hätten einen Gefallen tun wollen. Geld hätten sie dafür nicht bekommen. Sichergestelle Chatverläufe, die eine Ansbacher Polizeibeamtin vorgelesen hat, legen allerdings den Schluss nahe, dass die Angeklagten Absprachen getroffen hatten.
Den Angeklagten G. und E. wirft die Staatsanwaltschaft außerdem vor, illegal Waffen nach Deutschland eingeschleust und verkauft zu haben. E. sagte am Dienstag, er gehöre keiner Gruppierung an. Waffen habe er weder gekauft noch verkauft. Er habe sich bereit erklärt, für einen der mutmaßlich türkischen Hintermänner Käufer für die Waffen zu suchen, weil er und seine Familie bedroht worden seien. Geld habe er dafür nicht erhalten. Über die Hintergründe dieser Erpressung wollte er keine Angaben machen.
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