Tödliche Schüsse in Bad Friedrichshall: Mutter spricht über ihre Trauer um Söhne
Am Dienstag wurden in der Firma Hänel in Bad Friedrichshall-Kochendorf zwei Menschen erschossen. Die Brüder waren 44 und 49 Jahre alt. Die Mutter der beiden ist in tiefer Trauer.
Das Unfassbare in Worte fassen. Die Mutter der beiden am Dienstag in Bad Friedrichshall-Kochendorf getöteten Männer kann es nicht. Wie auch?
Der 52 Jahre alte Mann aus Seckach (Neckar-Odenwald-Kreis), der verdächtig ist, ihre beiden Söhne erschossen zu haben, habe das Leben mehrerer Familien zerstört. Auch das Leben seiner eigenen Familie. Selbst in diesen Momenten denkt die 70-Jährige auch an die Ehefrau und die Töchter des Tatverdächtigen.
Mutter über getötete Söhne: „Sie haben mich jeden Tag angerufen“
Sie sitzt am Wohnzimmertisch in ihrer Wohnung in Bad Friedrichshall-Plattenwald. In ihrer Hand hält sie ein Papiertaschentuch, das sie fein säuberlich zusammengerollt hat. Auf der Vitrine liegt ein Fotoalbum. Darin Erinnerungen an ihre Söhne. Der eine wurde 44 Jahre alt, der andere 49 Jahre. Mit dem Taschentuch wischt sie sich Tränen aus dem Gesicht. Dienstagvormittag um 10 Uhr habe sie noch mit einem der beiden telefoniert. Um 14.20 Uhr mit dem anderen. „Sie haben mich jeden Tag angerufen und gefragt, wie es mir geht“, sagt sie. „Manchmal auch zwei Mal am Tag.“ Nur nicht am Mittwoch.
Eine ihrer Schwiegertöchter habe ihr gesagt, was passiert ist. Auch sie habe geweint. Beide Söhne sind verheiratet, haben Kinder. Auch die Kinder trauerten fürchterlich, weil ihre Väter nicht mehr da sind. „Meine Enkel weinen zu sehen, ist so schwer.“ Sie bricht in Tränen aus, als sie davon erzählt.
Mutter zieht 2015 von Sibirien nach Bad Friedrichshall
1996 sei der ältere Sohn nach Deutschland gekommen. Da sei er 21 Jahre alt gewesen. 2017 ihr zweiter Sohn. Sie sei zunächst noch in Sibirien geblieben. „In dem Ort, in dem wir lebten, wurde nur Deutsch gesprochen“, erinnert sie sich. Als ihr Mann stirbt, kommt sie 2015 nach Deutschland.
Die ersten beiden Wochen sei immer ihr Sohn bei ihr gewesen. Ihre Wohnung im Stadtteil Plattenwald habe er für sie eingerichtet. „Sie haben sich immer um alles gekümmert“, sagt sie. „Jetzt sind sie nicht mehr hier.“

Polizei Heilbronn: Drittes Opfer von Kochendorf nach wie vor lebensgefährlich verletzt
Auf der Couch am Fenster sitzen die Freundinnen der Mutter. Sie weinen mit, wenn die 70-Jährige weint. Sie kenne auch das dritte Opfer. Der 52-jährige Mann liegt mit lebensgefährlichen Schussverletzungen im Krankenhaus. Ihr Sohn habe ihn ihr vorgestellt. „Wir haben uns ein Mal gesehen und mit Handschlag begrüßt.“ Besser kenne sie ihn nicht.
Entgegen anders lautenden Gerüchten teilt ein Sprecher des Polizeipräsidiums Heilbronn auf Nachfrage mit, dass der Mann weiterhin mit lebensgefährlichen Verletzungen im Krankenhaus liegt.
Nach Tat in Bad Friedrichshall: Repetierbüchse und eine Pistole sichergestellt
So vieles ist noch unklar in diesem Fall. Am Dienstag um 17.45 Uhr soll der Tatverdächtige maskiert in einen Pausenraum der Firma Hänel in der Siemensstraße in Kochendorf eine Waffe gezogen und die beiden Brüder erschossen haben. Danach flüchtete er. In Seckach nahm ein Spezialeinsatzkommando der Polizei noch in derselben Nacht den Tatverdächtigen fest. Im Haus des Mannes stellten die Beamten zwei Waffen sicher.
Auf Nachfrage der Heilbronner Stimme erklärt eine Sprecherin der Staatanwaltschaft Heilbronn, dass es sich um eine Repetierbüchse und eine Pistole handelt. Ob eine davon die Tatwaffe ist, sei noch unklar und müsse untersucht werden.
„Jetzt habe ich keine Söhne mehr“ – Mutter trauert um ihre verlorenen Kinder
Die Mutter weiß nicht, in welchem Verhältnis ihre Söhne und der Tatverdächtige standen. Umso schwerer fällt es ihr zu realisieren, was passiert ist. „Sie sind nicht mehr da“, sagt sie. Vor zwei Jahren sei ihre Schwester gestorben, die sie sehr geliebt habe. „Ich dachte, mir kann nichts Schlimmeres passieren. Jetzt habe ich keine Söhne mehr.“ Zwischendurch, wenn sie über sie spricht, lächelt sie. Dann strahlen ihre Augen. Ihre Söhne hätten nicht viel von der Arbeit erzählt. „Sie sagten immer: Mama, da geht es um Eisen. Was versteht du von Eisen? Ich habe nicht mehr gefragt.“
Über die Beerdigung habe sie mit ihren Schwiegertöchtern gesprochen. Es soll einen gemeinsamen Trauergottesdienst in Bad Friedrichshall-Jagstfeld geben. Beide Männer sollen eingeäschert werden. „Ich muss jetzt lernen, ohne sie weiterzuleben.“