Gleich mehrere Überfälle auf Tankstellen im Raum Heilbronn: Experte mit möglichen Erklärungen
Mehrfach ist es zuletzt im Raum Heilbronn zu Tankstellen-Überfällen gekommen. Handelt es sich um eine Serie – und wie gehen Täter in der Regel vor? Ein Experte ordnet die Lage ein.
Neckarsulm, Untergruppenbach, Widdern, Pfedelbach: Innerhalb weniger Tage kam es im Großraum Heilbronn zu mehreren Überfällen. Im Visier der Täter: Tankstellen. Oder handelt es sich doch nur um einen Einzelnen? Die Polizei prüft derzeit etwaige Zusammenhänge zwischen den Vorfällen. Besonders auffällig scheint, dass der Täter beim Überfall jeweils einen Motorradhelm trug, nachts zuschlug und mutmaßlich allein unterwegs war.
Tankstellen-Überfälle im Raum Heilbronn: Tatmuster könnte Aufschluss über Täter liefern
Herbert Rabl, Pressesprecher vom Tankstellen-Interessenverband, wirkt mit Blick auf die aktuelle Serie im Landkreis Heilbronn und Hohenlohe zunächst überrascht: „Ganz grundsätzlich sind Tankstellenüberfälle zuletzt bundesweit eher weniger geworden. Das hat damit zu tun, dass Tankstellen zunehmend videoüberwacht und mit Sicherheitsschleusen ausgestattet wurden.“ Für die aktuelle Lage in der Region liefert er aber dennoch zwei mögliche Erklärungsansätze.
Zum einen gebe es das Phänomen der „reisenden Täter“, erklärt der Verbandssprecher. „Diese nehmen sich dann eine ganze Serie vor – meistens entlang von Autobahnen. Sie gehen immer nach dem gleichen Muster vor.“ Oftmals in Grenzregionen.
Dann gibt es da auch noch die Einzeltäter. „Das sind in aller Regel kriminelle Menschen, die meinen aus irgendeinem Grund aktuell einen Geldbedarf zu haben. Sie schlagen dann allein – oft auch nur mit einem Moped oder sogar einem Fahrrad – zu.“ Tankstellen-Mitarbeiter werden in diesen Fällen bedroht, nicht selten auch mit einer Waffe, „die sich hinterher manchmal als Schreckschusswaffe herausstellt“, so Rabl. Bereits im Frühjahr 2025 gab es in Heilbronn eine solche Serie, die auf das Täterprofil passte und zur Festnahme führte.
Schutz vor Überfällen: Diese Sicherheitsmaßnahmen sollten Tankstellen haben
Die Mitarbeiter in den Tankstellen kann eine solche Situation schnell in Angst und Schrecken versetzen. Für den Tankstellen-Interessenverband steht ihre Sicherheit an erster Stelle. Der Verband empfiehlt deshalb, alle Filialen mit Sicherheitssystemen auszustatten. Laut Rabl beinhaltet dies in der Regel logistisch-bauliche Maßnahmen wie etwa:
- Nachtschalter
- Videoüberwachung
- Sicherheitsglas
- abgeschlossener Thekenbereich oder Sicherheitsschleuse (aber eher sehr selten der Fall)
- Einsehbarkeit der Verkaufsräume
- Alarmknopf
Zuständig für die Umsetzung seien in der Regel aber nicht die Pächter der Tankstellen, sondern die Mineralölgesellschaften, wie zum Beispiel die in Untergruppenbach und in Neckarsulm betroffene Aral. „Sollten die Sicherheitsmaßnahmen für die Mitarbeiter nicht eingehalten werden, dann möchten wir das auch sehr deutlich kritisieren“, merkt der Verbandssprecher an.
Trotz Schutzvorkehrungen in Tankstellen – wie Täter Sicherheitslücken ausnutzen
Dennoch würden Täter immer wieder auch Sicherheitslücken ausnutzen. Die größte sei laut Rabl die Uhrzeit. Handelt es sich um eine geplante Tat, würde der Täter vorher die Sicherheitsmaßnahmen abchecken. „Er versucht dann Zeiten herauszufinden, in denen möglich wenig Menschen im Laden sind. Auch die Sicherheitsvorkehrungen – wie etwa die Videoüberwachung – werden gecheckt. Wenn der Nachtschalter dann zum Beispiel erst ab 10 Uhr (am Abend, Anm. d. Red.) öffnet, dann geht er möglicherweise schon um halb 10 rein.“

„Keiner sollte den Helden spielen“: Tankstellenverband gibt Empfehlung bei Überfall
Eine Tankstellen-Kassiererin in Pfedelbach blieb von dem Überfall am Pfingstwochenende jedoch relativ unbeeindruckt – und verweigerte dem Räuber kurzerhand das Bargeld. Doch die Empfehlung des Tankstellen-Verbandes ist eine andere: „Wir raten zu einer sehr defensiven Grundhaltung. Das Menschenleben steht vor allem anderen. Wenn so etwas passiert, sollte keiner den Helden spielen, sondern versuchen heil aus der Sache herauszukommen und so schnell wie möglich die Polizei zu verständigen.“
Hilfsangebote für betroffene Mitarbeiter werden in der Regel von der Mineralölgesellschaft organisiert. In Heilbronn war eine Anlaufstelle nach früheren Fällen unter anderem der Weiße Ring, an den sich Menschen mit einem Bedürfnis nach Beistand und Anteilnahme wenden können.