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Ärger um Südlink-Baustelle in Neuenstadt: Landwirte fühlen sich belogen

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Landwirte in Neuenstadt kritisieren das Vorgehen beim Bau der Südlink-Trasse. Sie fühlen sich unzureichend informiert und sehen langfristige Schäden auf ihren Flächen.


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„Wir sind angelogen worden, damit wir ruhig bleiben“, so empfindet Landwirt Matthias Belz die Info-Veranstaltungen zur Südlink-Trasse in Neuenstadt aus heutiger Sicht. Umgesetzt werden die Arbeiten in Baden-Württemberg von der Transnet BW. Vieles sei damals anders erklärt worden, als nun der Realität auf seinen Feldern entspreche. Seit gut einem halben Jahr werden Gräben gebaggert und Leerrohre verlegt. Ein Plan sei dabei nicht zu erkennen, kritisiert Belz und spricht von „Stückwerk“.

Transnet BW weist die Vorwürfe zurück und versichert, dass es oberstes Ziel sei, „die Bauarbeiten zeitig abzuschließen, um Beeinträchtigungen für alle möglichst gering zu halten“. Man läge dabei in Baden-Württemberg und speziell auch in Neuenstadt gut im Zeitplan, teilt Sprecher Alexander Schilling mit.

Kritik an Südlink-Trasse in Neuenstadt: Landwirte sehen Versprechen nicht eingehalten

Auch Markus Kratzmüller, Landwirt und Ortsvorsteher in Stein, ist aufgebracht. „Der Bodenschutz spielt die kleinste Rolle“, bedauert er. Er erkenne bisher nur Vorteile für die Baufirmen. Diese würden kilometerlange Gräben aufreißen und sie nicht zuschütten, obwohl die Rohre längst verlegt seien.

Kratzmüller und Belz sind davon ausgegangen, dass immer ein Stück aufgegraben, so schnell wie möglich verfüllt und danach erst weitergegraben werde. So wie es jetzt abläuft, könnten Flächen monatelang nicht genutzt werden, sagt Belz.

Die Landwirte Markus Kratzmüller (von links) und Matthias Belz aus Stein am Kocher fühlen sich von Transnet BW falsch informiert. Die Arbeiten auf ihren Feldern laufen nicht, wie sie es sich vorgestellt hatten.
Die Landwirte Markus Kratzmüller (von links) und Matthias Belz aus Stein am Kocher fühlen sich von Transnet BW falsch informiert. Die Arbeiten auf ihren Feldern laufen nicht, wie sie es sich vorgestellt hatten.  Foto: Müller, Katharina

Streit um Südlink-Bau in Neuenstadt: Transnet BW nutzt Ressourcen auf mehreren Baustellen gleichzeitig

„Auch wenn es für einzelne Landwirte anders wirken mag, so koordinieren wir verschiedene Schritte an mehreren Baustellen und setzen diese gleichzeitig um“, erläutert Alexander Schilling. Dies gelte auch für die Rückverfüllung des Erdaushubs. Dort wo es geht, würden Synergien, begrenzte und teure Ressourcen wie notwendige Maschinen effizient genutzt, um so den „straffen vorgegebenen Terminplan“ einzuhalten.

Nachhaltigkeit spiele da keine große Rolle mehr, findet Matthias Belz. Aus seiner Sicht müsste man zum Beispiel den Schotter, der für Baustraßen entlang der Gruben verteilt wurde, von Abschnitt zu Abschnitt wiederverwenden. „Um im Zeitplan zu bleiben, benötigen wir Baustraßen an mehreren Baustellen“, entgegnet der Transnet BW-Sprecher und verweist auf Entschädigungen, die Grundstücksbesitzer „für alle Ausfälle über den gesamten Zeitraum“ bekämen. 

Transnet BW verlegt in Stein am Kocher Leerrohre für die späteren Südlink-Stromkabel. Dafür werden tiefe Gräben ausgehoben.
Transnet BW verlegt in Stein am Kocher Leerrohre für die späteren Südlink-Stromkabel. Dafür werden tiefe Gräben ausgehoben.  Foto: Müller, Katharina

Südlink-Baustelle in Neuenstadt: Zeitlicher Aufwand der Landwirte wird nicht entschädigt

Das beeindruckt Belz und Kratzmüller jedoch wenig. Sie hätten einen so hohen zeitlichen Aufwand mit der Baustelle, die niemand entschädigen werde. Allein Kontrollfahrten auf den Flächen, um Schäden zum Beispiel an Drainagen oder Beregnungsanlagen zu entdecken und zu dokumentieren, sowie die Bürokratie für Anträge, fresse sehr viel Zeit. Matthias Belz schätzt, dass er mehr als drei Stunden in der Woche mit der Südlink-Baustelle beschäftigt sei. Dafür sehe er natürlich kein Geld.

Auf versprochene Zahlungen aus dem Jahr 2024 warte er außerdem noch vergeblich. Er hatte „vorweggenommene Baumaßnahmen“ möglich gemacht und dazu auf Fläche verzichtet. „Die Pacht dafür musste ich trotzdem zahlen.“ Warum Matthias Belz noch kein Geld von Transnet BW bekommen hat, kann Alexander Schilling „aus Vertrags- und Vertraulichkeitsgründen“ nicht im Detail beantworten. „Das sollte aber nicht passieren. Wir gehen diesen Aussagen intern mit Hochdruck nach. Sollte es bei uns trotz vollständig eingereichter Unterlagen zu Verzögerungen gekommen sein, können wir die Betroffenen nur um Entschuldigung bitten.“

Vertrauen in Absprachen vor Start der Südlink-Baustelle ist zerstört

Das Vertrauen ist bei den Landwirten jedoch weg. Sie befürchten langanhaltende Schäden auf den Flächen, die bereits ihre Väter und Großväter bewirtschafteten. Sie bezweifeln, dass der viele Schotter wieder eins zu eins entfernt werde, auch der Bettungssand der Rohre werde im Boden für Probleme sorgen, sind sie sich sicher. „Es ist nicht der Bettungssand, von dem wir alle ausgegangen sind und von dem immer gesprochen wurde“, betont Belz. 

Welches Material verwendet wird, hänge von „bau- oder betriebstechnischen Erfordernissen ab“, erklärt Alexander Schilling dazu. „Wo möglich, bereiten wir dafür das ausgehobene Erdmaterial fachgerecht auf.“ Häufig sei jedoch ein Austausch des natürlichen Bodens in unmittelbarer Kabelumgebung notwendig. Dann komme zum Beispiel gebrochener oder ungebrochener Bettungssand zum Einsatz. Da das Material „tiefer als der Hauptwurzelraum liegt und in den meisten Fällen bodenähnliche hydraulische Eigenschaften aufweist, gehen wir nicht von einem Einfluss auf den Bettungskörper landwirtschaftlicher Kulturen aus“.

Und wenn doch? „Dann haben wir die Probleme damit“, sagt Matthias Belz. Er und Kratzmüller rechnen sehr wohl mit Schäden. Allein, dass der Boden so lange aufgegraben sei, sorge dafür, dass Mikroorganismen inaktiv würden, erklärt Kratzmüller. Auch bleibe noch abzuwarten, was die Wärmeentwicklung der Kabel später für Auswirkungen habe.  

SuedLink besteht aus zwei Gleichstrom-Übertragungsleitungen zwischen Wilster und Bergrheinfeld/West sowie Brunsbüttel und Großgartach (Leingarten), die parallel geplant, gebaut und betrieben werden. Die Leitungen werden zu hundert Prozent als Erdkabel verlegt, es werden daher keine Masten gebaut, teilt Alexander Schilling von Transnet BW mit. In Neuenstadt am Kocher seien rund zehn Kilometer der Trasse geplant. Die Bauarbeiten würden voraussichtlich im Oktober 2025 abgeschlossen. Insgesamt soll das Südlink-Vorhaben 2028 fertig sein.

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