Was Unternehmensgründer wissen sollten – Experte gibt Tipps
Prominente Vorbilder wie Bill Gates lassen Firmengründungen oft in glamourösem Licht dastehen, in Wahrheit stehen jungen Unternehmen schnell vor dem Aus. Armin Pfannenschwarz gibt Tipps.
Warum es nicht immer gut ist, in die eigene Idee verliebt zu sein und warum Vorbilder wie Bill Gates das Bild der Gründerszene verzerren können, erklärt Armin Pfannenschwarz vom DHBW CAS in Heilbronn. Der 58-Jährige war lange Zeit selbstständig als Unternehmensberater. Heute gibt er sein Wissen an Gründer weiter.
Was macht Start-ups besonders attraktiv, insbesondere für junge Menschen?
Armin Pfannenschwarz: In Start-ups liegt ein Zauber, weil immer alles passieren kann. Man kann durch die Decke gehen und ganz groß rauskommen oder untergehen. Dieses Risiko ist gerade für junge Menschen attraktiv, die sich noch ausprobieren oder auch ihre Grenzen kennenlernen wollen und müssen. Hinzu kommt: Zu gründen gilt als sexy im Vergleich zu einer klassischen Karriere. Heute sind Start-ups präsenter denn je in den Medien, unter anderem auch wegen Formaten wie die Höhle der Löwen auf Vox.
Wie beeinflussen prominente Vorbilder wie Bill Gates und Co. die Erwartungen und Vorstellungen junger Gründer?
Pfannenschwarz: Sie gelten für viele als riesige Vorbilder. Aber man muss aufpassen, dass sie das Bild der Gründerszene nicht verzerren. Es sind ja Einzelfälle. Und die meisten kommen aus den USA und nicht aus Deutschland. Aus den Tausenden, die hierzulande gründen, kommt vielleicht einer wirklich bis zum Einhorn-Status mit einer Milliardenbewertung.
Was raten Sie Menschen, die sich Bill Gates und Co. dennoch als Vorbild nehmen?
Pfannenschwarz: Man kann sie durchaus als Inspiration nehmen. Das ist ja absolut normal und menschlich, anderen nachzueifern. Aber man darf es nicht zu verkrampft sehen. Ich erinnere mich an einen Studenten, der eines Tages völlig aufgelöst zu mir kam und sagte: „Jetzt bin ich 30 geworden und immer noch nicht Milliardär wie die ganzen Leute im Silicon Valley. Was mache ich falsch?“
Was sind denn die Fehler beim Gründen, die am häufigsten gemacht werden?
Pfannenschwarz: Es gibt massenhaft Probleme. Die größte Fehlerquelle ist die falsche Vorstellung über die Kunden und den Nutzen des eigenen Produktes. Tendenziell überschätzt man eher das, was man tut, und denkt: „Wow, das wird jeder brauchen.“ Faktisch sieht das oft anders aus. Gründer sind verliebt in die eigene Idee, ins eigene Produkt, sodass sie den kritischen Blick von außen verlieren.
Haben Sie ein konkretes Beispiel für einen gängigen Fehler?
Pfannenschwarz: Der Fehler ist, dass sich Gründer ihr Team oftmals anhand persönlicher Nähe zusammensuchen, sehr oft sind es Freunde oder Leute, die etwas Ähnliches studiert haben. Damit verzichten sie aber auf Diversität im Team. Professioneller wäre es, ganz nüchtern ein Team zusammensetzen, mit ganz unterschiedlichen Charakteren und Hintergründen. Klar kann es ein Plus sein, wenn sich alles schön und kuschelig anfühlt, aber das darf nicht zu Lasten der Professionalität gehen.
Sie sprechen von zwei Arten von Gründern, den Abenteurern und den Karrieristen. Wie unterscheiden sich diese Gruppen in ihrer Herangehensweise?
Pfannenschwarz: Die Abenteurer sind überwiegend junge Menschen, die noch nicht viel Erfahrung haben, und in die Start-up-Szene kommen wollen, das alles ganz toll und aufregend finden. Eine Gründung weckt in gewisser Weise die archaischen Instinkte: „Ich gegen den Rest der Welt“ oder „wir als kleines Team werden es schaffen und groß rauskommen“. Da ist schon ein Hauch Steinzeit dabei, man sieht sich als Jäger, der das Mammut erlegen will.
Und zu jener Gruppe gibt es den kompletten Kontrast…
Pfannenschwarz: Genau. Nennen wir sie mal die professionellen Gründer, die Profis halt. Das sind Menschen, die waren schon berufstätig und kennen ihre Branche in der Tiefe, sodass sie Ansatzpunkte für eine Gründung entdeckt haben, was man verbessern könnte oder wo es noch eine Nische gibt. Die Emotionen oder die Aufregung sind hier eher reduziert.
Gibt es eine Strategie, die Sie empfehlen?
Pfannenschwarz: Eine Frage ist besonders wichtig, die viel zu selten gestellt wird: Bin ich grundsätzlich in der Lage, zumindest mittelfristig, zu den drei besten in unserem Markt zu gehören? Wenn man die Frage nicht bejahen kann, dann sollte man es sein lassen. Es gibt Branchen, da hat sich das erledigt, zum Beispiel in der Automobilindustrie. Deswegen sind für Gründungen eben gerade junge, frische, noch unentdeckte Branchen interessant. Aktuell gibt es zum Beispiel im KI-Bereich eine Gründungswelle.
Wie sehen Sie die Zukunft des Unternehmertums in Deutschland?
Pfannenschwarz: Es wird schwierigerer werden, zu gründen. Durch Belastungen wie Bürokratie beispielsweise nimmt man natürlich genau das raus, was Gründung eigentlich spannend macht: das Abenteuerliche und das Freiheitsgefühl. Dazu kommt noch, dass wir eigentlich alles haben. Das heißt, wer wir jetzt noch eine Lücke finden und Erfolg haben will, muss mehr Aufwand an den Tag legen.
Zur Person
Armin Pfannenschwarz hat 1990 die Firma der Familie übernommen, einen Automobilzulieferer mit 200 Mitarbeitern. Nach dem Verkauf 2000 machte er sich als Unternehmensberater selbstständig, 2003 wurde er auf eine Stiftungsprofessur der Hochschule Karlsruhe berufen. Seit 2022 ist er wissenschaftlicher Leiter des Masters „Entrepreneurship“ des DHBW CAS in Heilbronn




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