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Massives Treibhausgas-Leck in Bad Wimpfen? Druck auf Solvay nimmt zu

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Nachdem Solvay im Werk Bad Wimpfen offenbar deutlich mehr gefährliches Treibhausgas SF6 als angegeben ausgestoßen hat, sollen Maßnahmen zur Eindämmung umgesetzt werden. Doch die Frist droht, zu verstreichen.


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Das Regierungspräsidium (RP) Stuttgart erhöht den Druck auf Solvay. Der Chemiekonzern aus Bad Wimpfen muss bis zum 15. Dezember ein Konzept vorlegen und die Umsetzung der Auflagen nachweisen, die bereits im Mai 2024 gemacht wurden. Das Unternehmen steht einer Studie zufolge in dem Verdacht, 500-mal mehr das gefährliche Treibhausgas Schwefelhexafluorid (SF6) ausgestoßen zu haben als angegeben. Forscher aus Frankfurt hatten laut Medienberichten bereits vor zwei Jahren auf deutlich erhöhte Emissionen hingewiesen und das Bad Wimpfener Unternehmen als Quelle ausgemacht.

Frist läuft in neun Tagen ab: Solvay muss eigenes Konzept vorlegen

Das Ergebnis war zunächst von staatlicher Seite mit Skepsis betrachtet worden, erst 2024 hat das RP die Ergebnisse der Studie als valide anerkannt. Infolge dessen sollte Solvay ein Überwachungskonzept zur Eigenkontrolle vorlegen, wie Steffen Becker, Sprecher des Umweltministeriums, auf Stimme-Anfrage mitteilt. Dafür wurde im Mai 2024 die Frist gesetzt, die nun in neun Tagen abläuft.

Laut einer Studie soll die Chemiefabrik Solvay 30 Tonnen Schwefelhexafluorid ausgestoßen haben. Das sind über 500-mal mehr Emissionen als angegeben.
Laut einer Studie soll die Chemiefabrik Solvay 30 Tonnen Schwefelhexafluorid ausgestoßen haben. Das sind über 500-mal mehr Emissionen als angegeben.  Foto: Rudolf Landauer

Ob Solvay der Aufforderung nachkommt, ist unklar. Laut einer Sprecherin des RP habe Solvay die Behörde „mündlich informiert, gegen die nachträgliche Anordnung vom 3. November 2025 Klage eingereicht zu haben“. Darin hatte das RP einen Grenzwert für SF6 festgelegt, da in Deutschland kein verbindlicher Höchstwert für den Ausstoß des Treibhausgases existiert. Allerdings gehört der Stoff zur Gruppe der gasförmigen anorganischen Fluorverbindungen, deren Grenzwert „die Massenkonzentration von drei Milligramm pro Kubikmeter nicht überschreiten“ darf, sagt Steffen Becker. 

Solvay aus Bad Wimpfen klagt gegen Anordnung des Regierungspräsidiums

Zu einer möglichen Klage äußert sich Solvay nicht. Sprecher Peter Boelaert erklärt: „Solange diese offiziellen Prozesse andauern, sind wir nicht in der Lage, Stellung zu einzelnen Verfahrensschritten oder rechtlichen Angelegenheiten zu geben.“ Was das für eine mögliche juristische Auseinandersetzung für die vom RP gesetzte Frist am 15. Dezember bedeutet, ist unklar. 

Laut Umweltministerium arbeitet das RP gemeinsam mit Solvay seit Mai 2024 daran, die SF6-Emissionen zu verringern. Dabei wurden laut Becker mehrere Maßnahmen ergriffen, Sicherheitsventile ausgetauscht, Prozesse optimiert oder die Abluftreinigungsanlage überprüft. Gleichzeitig habe man ein „externes, akkreditiertes Institut“ beauftragt, unabhängige Messungen durchzuführen. Die aktuellste Messung fand am 5. November statt, erst Ende Januar werden die finalen Messergebnisse vorliegen. 

Forscher Andreas Engel ist im engen Austausch mit Regierungspräsidium

Andreas Engel von der Frankfurter Goethe-Universität befürwortet die Maßnahmen von Umweltministerium und Regierungspräsidium. Er ist einer der Atmosphärenchemiker, die die hohen Mengen des Treibhausgases bereits 2023 entdeckt, analysiert und schließlich auf Solvay zurückgeführt haben. Engel steht inzwischen im engen Austausch mit dem RP in Stuttgart. Die Zeitschrift „Der Spiegel“ hatte dem Regierungspräsidium vorgeworfen, nicht genug zu unternehmen und erst viel zu spät auf die Vorwürfe zu reagieren.

Andreas Engel relativiert die Vorwürfe: „Es hat ein bisschen gebraucht, bis die Methodik verstanden worden ist“, sagt er. Dadurch, dass seine Messungen durch eine neue Methode zustande gekommen sind, sei erst eine gewisse Skepsis seitens der Behörden da gewesen. Mittlerweile seien aber Maßnahmen getroffen worden, und das RP habe verstanden, wie Engel und seine Kollegen das Solvay-Werk in Bad Wimpfen als Quelle identifiziert haben.

„SF6 ist wichtig für die Energiewirtschaft“: Treibhausgas soll weiter produziert werden

Andreas Engel sei froh, dass die Behörden und Solvay Gespräche aufgenommen haben und die Emissionen eindämmen wollen. Dass das Werk diese in Zukunft komplett unterbindet, hält Engel allerdings für falsch. „SF6 ist etwas, dass wir für die Energiewirtschaft brauchen. Wichtiger ist es, in gemeinsamen Anstrengungen zu schauen, wie es in Europa bearbeitet werden kann.“ Er sei positiv optimistisch, dass die Anordnung des RP zum gewünschten Ergebnis führen werde. 

Wie genau die Behörden und Solvay die Emissionen des Treibhausgases eindämmen wollen, ist noch nicht klar. Außerdem erklärt das Umweltministerium: Man prüfe, ob die Verantwortlichen bei Solvay gegen Vorschriften verstoßen haben und ihnen deshalb eine Strafe auferlegt werden muss.

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