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Schulessen in der Region Heilbronn – "Mit wenig Geld lässt sich kein Sternemenü zaubern"

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Wie ist es in der Region Heilbronn ums Essen in den Schulmensen bestellt? Woran orientiert sich ein großer Caterer? Wir haben nachgefragt.


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Nicht einmal eine ganze Kartoffel, dazu ein Klecks Tsatsiki und ein Schälchen wässriger Gurkensalat: Das soll eine Frankfurter Gymnasiastin laut "Hessenschau" auf ihrem Teller als Mittagessen in der Mensa bekommen haben. Der Post der Mutter löste auf LinkedIn eine Welle der Empörung aus. Wie ist es in der Region Heilbronn um die Schulspeisung bestellt? Woran orientiert sich ein großer Caterer? Welche Rückmeldungen erreichen die Schulträger? Wir haben nachgefragt.

Essen wie bei Muttern oder Vatern zu Hause: Das können die Schüler des Albert-Schweitzer-Gymnasiums in Neckarsulm. Denn hier wird noch vor Ort gekocht, von Eltern - heutzutage eine Seltenheit. "Wir machen alles selber", sagt Erna Wenner, die die Stadt als hauptberufliche Koordinatorin des Vereins ASG-Kochteam beschäftigt. Von den 100 Mitgliedern kommt jeder ein bis zweimal pro Monat an die Reihe. "Gekocht wird wie daheim. Nur in größeren Mengen", sagt die "gute Seele" der Schulspeisung. Montags und donnerstags müssen rund 400 Teller gefüllt werden, dienstags und mittwochs kommen etwa 300 der rund 900 Schüler in die Mensa.

Andrea Fühl (links) und Jennifer Sommer bringen die Pizzabrötchen zum Ofen, wo sie garen. Jeweils fünf Eltern sind in zwei Schichten von morgens bis nachmittags im Einsatz.
Andrea Fühl (links) und Jennifer Sommer bringen die Pizzabrötchen zum Ofen, wo sie garen. Jeweils fünf Eltern sind in zwei Schichten von morgens bis nachmittags im Einsatz.  Foto: Ralf Seidel

Essen an Schulmensen: Mit wenig Geld lässt sich kein Sternemenü zaubern

"70 Kilogramm Kartoffeln zu Bratkartoffeln zu verarbeiten:  Das ist Arbeit", beschreibt Wenner eine der Aufgaben. Sie tätigt den Einkauf, und zwar regional: holt das Fleisch beim Metzger, das Brot beim Bäcker. Vier Euro pro Portion stehen ihr zur Verfügung. Das reiche nicht für einen Rindergulasch samt Beilagen, könne aber mit günstigeren Zutaten an einem anderen Tag ausgeglichen werden. Ein Sternemenü lasse sich mit diesem Geld nicht auftischen. "Aber mir schmeckt´s", lobt Wenner die Riege der ehrenamtlichen Köche, die von zwei Spülfrauen und zwei Küchenhelferinnen auf Minijob-Basis unterstützt werden. "Du kannst es nicht jedem Recht machen", weiß Wenner angesichts der unterschiedlichen Geschmäcker.

Was mundet den Kindern, was nicht? Welche Wünsche haben sie? Was kann verbessert werden? Das klärt die Stadt Weinsberg beim jährlichen Runden Tisch. An dem sitzen neben Elternvertretern, Mensapersonal, Betreuungskräften und Caterer eben auch Schüler. Und deren Meinung sei wichtig, schließlich essen sie ja jeden Tag in der Mensa, meint Madeleine Weyhmüller, stellvertretende Amtsleiterin für Bildung, Betreuung und Personal. Was wird vorgebracht? Dass die Country-Kartoffeln zu scharf sind, nennt Weyhmüller ein Beispiel. Viele Beschwerden über das Mittagessen erreichten sie nicht. Sowohl in der Ganztags- und Kernzeitbetreuung der Grundschule wie in der  Weibertreuschule und im Justinus-Kerner-Gymnasium werde die Mensa sehr gut angenommen. Der Renner: Grieß- oder Reisbrei, Chicken Nuggets mit Pommes oder Pfannkuchen, zählt Doris Kühlmann, Betreuungskraft in der Grundschule Weinsberg auf.

Auch das gehört zu den Aufgaben des Mensa-Dienstes am Neckarsulmer ASG: nach dem Kochen abwaschen und die Küche putzen.
Auch das gehört zu den Aufgaben des Mensa-Dienstes am Neckarsulmer ASG: nach dem Kochen abwaschen und die Küche putzen.  Foto: Ralf Seidel

Suppe, Salat, Hauptgericht, Nachtisch: Komplettes Menü an Schule in Eppingen

Kindern ein Essen zu bieten, ein qualitativ gutes, das nennt Heide Schuhmacher, die das Sachgebiet Schulen und Sportstätten im Obersulmer Rathaus leitet, die Aufgabe. Ausgewogen, vielseitig und gesund, das sind auch die Kriterien, auf die die Stadt Eppingen bei ihrem Anbieter Kids Meal Wert legt. Suppe, Salat, Hauptgericht und Nachtisch gehören zu jedem Menü.

Derzeit erstellt die Gemeinde Obersulm ein neues Verpflegungskonzept im Hinblick auf den geplanten, aber noch nicht terminierten Bau der Mensa an der Michael-Beheim-Schule. Diese, so hat es der Gemeinderat beschlossen, soll eine zentrale Verteilerküche für alle Kitas und Schulen bekommen. "Auf jeden Fall", so Schuhmacher, bringe diese neue Struktur Verbesserungen. Die langen Warmhaltezeiten an den Grundschulen, die Haptik, Konsistenz und Qualität des Essens beeinflussen, wären durch die kurzen Transportwege vorbei.

Nur vegetarisch oder auch vegan in der Schulmensa?

Wie hoch soll der Bioanteil künftig sein? Welche Rolle sollen vegetarisch oder vegan spielen? Wie viele Menülinien soll es geben? Sollen die bei den Realschülern beliebten Snacks auch an der Gemeinschaftsschule angeboten werden?  "Wir legen fest, worauf wir Wert legen", sagt Schuhmacher zum Leistungskatalog für die Ausschreibung. Bedarfe anpassen und reagieren lautet die Devise. Wenn etwas bemängelt wird, kümmere sich die Gemeinde um Verbesserungen. Schuhmacher weiß aber auch: "Manche Kinder mögen kein Mensa-Essen. Dann kann man nicht groß reagieren."

Emilia und Verena, beide 13 Jahre alt, freuen sich auf die leckeren Pizzabrötchen, die es an diesem Tag in der Mensa des Albert-Schweitzer-Gymnasiums gibt. Wie immer zubereitet von Eltern des Kochteam-Vereins.
Emilia und Verena, beide 13 Jahre alt, freuen sich auf die leckeren Pizzabrötchen, die es an diesem Tag in der Mensa des Albert-Schweitzer-Gymnasiums gibt. Wie immer zubereitet von Eltern des Kochteam-Vereins.  Foto: Ralf Seidel

Haben Eltern zu hohe Ansprüche an das Mensa-Essen? Schuhmacher verneint. Die Eltern wüssten, dass sie das Schulessen nicht mit dem Essen zuhause vergleichen könnten. "Sie wissen, was man verlangen kann. Es ist nicht so, dass sie alles wollen, und das möglichst umsonst." Für ein Mensa-Essen sei das Angebot in Obersulm sehr gut, meint sie weiter. Wichtig sei den Eltern auch Verlässlichkeit und Flexibilität bei der Bestellung. Das elektronische Bestellsystem an der Beheim- und der Realschule lässt zu, dass bis um 8 Uhr das Mittagessen für den Tag (ab-)bestellt werden kann. In Weinsberg ist das bis 9.30 Uhr möglich.

Nachhaltigkeit sollte auch ein Gesichtspunkt sein

"Es darf nicht nur der Preis zählen", ist die Meinung von  Friedlinde Gurr-Hirsch. Sie ist die Vorsitzende der Bürgerinitiative Pro Region Heilbronn-Franken, die sich seit zwei Jahren dem Thema nachhaltiger Konsum bei der Ernährung intensiv widmet. "Die Zusammensetzung muss stimmen", meint Gurr-Hirsch zum Schulessen, das nachhaltig sein sollte und dessen Produkte möglichst aus der Region kommen sollten. 

12.000 Essen pro Tag kocht der Produktionsstandort von Meyer-Menü in Neuenstadt für den Landkreis Heilbronn. 8000 Mahlzeiten seien für Schulen bestimmt, gibt Betriebsleiterin Manuela Uncu Auskunft. Der Caterer zieht die Orientierungswerte der Deutschen Gesellschaft für Ernährung für eine ausgewogene Mahlzeit heran. Diesen Qualitätsstandard für Schulverpflegung zieht auch ein anderer großer Caterer in der Region, apetito, heran. Das bedeutet eine 300 bis 350 Gramm große Portion für Kindergartenkinder, 400 bis 450 Gramm für Schüler. "Der Mittagsanbieter ist zuständig für das Mittagessen und nicht für den ganzen Tag", sagt Uncu. Frühstück und Zwischenmahlzeit würden vorausgesetzt, meint sie mit Blick auf Rückmeldungen, die die Menge des Mittagessens betreffen. "Im großen und ganzen wird uns bescheinigt, dass das Essen sehr gut schmeckt." Dass Nudeln einmal verkocht seien, das könne auch zu Hause passieren. 

Ein Schulessen für wenige Euro sei nur über die Masse zu stemmen. Deshalb gebe es auch nicht mehr viele kleine Caterer, sagt Uncu. Großes Einkaufsvolumen bedeute bessere Preise. 

Vier Euro kostet ein Mittagessen zum Beispiel an der Grundschule Weinsberg. An den weiterführenden Schulen staffelt sich der Preis bis 4,60 Euro für das dritte Menü, das sich Trendgericht nennt. Wer Nachtisch möchte, muss 50 Cent drauflegen. In der Grundschule ist dieser aber inklusive.

Mit dem, was die Eltern bezahlen, lässt sich das Essen nicht finanzieren. Die Stadt Weinsberg zum Beispiel subventioniert die Mittagsspeisung,  bei der die Stärkebeilagen zu 100 Prozent in Bio-Qualität sind, das Fleisch zu 50 Prozent, mit 3,23 Euro bis 4,04 Euro pro Essen.  Bei der Gemeinde Obersulm sind es 1,45 Euro pro Mahlzeit, die 4,25 Euro kostet. Rund 39.000 Essen wurden im vergangenen Jahr an den Kitas und den staatlichen Schulen der Kommune ausgegeben. 3,95 Euro beträgt der Preis für ein Menü am Eppinger Schulcampus. Der Zuschuss der Stadt beträgt laut Pressesprecherin Vanessa Heitz 0,79 Euro. Vier Hauptamtliche und zwei ehrenamtliche Helfer, teilweise in Teilzeit, geben das Essen aus. 

Ein Mensa-Betrieb verursacht weitaus mehr Kosten als für das Essen. Kämmerin Margit Birkicht hat als Beispiel den Zuschussbedarf für die Michael-Beheim-Gemeinschaftsschule aufgelistet. Für Getränk, Betriebskosten- und Dienstleistungspauschale fürs Catering, die  Wartung des IT-Programms sowie die Leerung der Speiserestbehälter kommen allein für diese Bildungseinrichtung noch einmal 27.000 Euro pro Jahr zusammen.  

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