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Zapfenstreich der US-Army gab Heilbronn 1992 einen Schub

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Donald Trump will US-Truppen aus Europa abziehen. Stuttgart wäre davon besonders betroffen. In Heilbronn war schon 1992 Zapfentreich. Die Stadt war bundesweit Vorreiter bei der Konversion von US-Militärarealen.

Mit Pauken und Trompeten ziehen 1990 Pershing-Einheiten von der Waldheide ab. Fort Redleg dient fortan nicht mehr dem Kalten Krieg, sondern der Naherholung.
Fotos: HSt/Stadtarchiv/Eisenmenger
Mit Pauken und Trompeten ziehen 1990 Pershing-Einheiten von der Waldheide ab. Fort Redleg dient fortan nicht mehr dem Kalten Krieg, sondern der Naherholung. Fotos: HSt/Stadtarchiv/Eisenmenger

Donald Trump will US-Streitkräfte aus Europa abziehen. Stuttgart wäre besonders betroffen, schon wird heftig debattiert. Einerseits würden 180 Hektar große Areale für die Stadtentwicklung frei, andererseits drohen wirtschaftliche Einbußen durch den Wegzug Tausender Soldaten und ihrer Familien. Heilbronn hat den Abschied längst gemeistert.

In Hochzeiten lebten in der Garnisonsstadt 10.000 Amerikaner, 1988 noch knapp 5000. Ihre Kaufkraft wurde zuletzt auf 140 Millionen Mark im Jahr beziffert. 1992 blies die US-Army zum letzten Zapfenstreich. Die meisten Kasernengebäude wurden dem Erdboden gleichgemacht, andere dienen bis heute als Wohnungen, manche als Behördenbüros. Mitten im Schwabenhof ist ein Business-Park mit ambitionierter Architektur entstanden, im direkten Anschluss das Katholische Freie Bildungszentrum St. Kilian.

Paradebeispiel für schnelle Konversion

Abschied mit US-Flagge: James A. Staffort, OB Manfred Weinmann und David A. Smith (von links).
Abschied mit US-Flagge: James A. Staffort, OB Manfred Weinmann und David A. Smith (von links).

Der Süden von Heilbronn ist ein schönes Beispiel dafür, dass Heilbronn aus einem scheinbaren Verlust das Beste gemacht hat. Aber auch im Osten und mitten im Stadtwald hatte die Stadtverwaltung Anfang der 1990er früh die Gunst der Stunde erkannt und dem Bund für Millionensummen Ex- US-Liegenschaften abgekauft.

Erst dieser Tage erinnerte einer der Weichensteller, der damalige Erste Bürgermeister Werner Grau, im Rahmen der Reihe "Wissenspause", wie man in ausgedienten Kasernen zunächst Flüchtlinge aus Ex-Jugoslawien und anderen Ländern unterbrachte und wie sich der angespannte Wohnungsmarkt bald schlagartig entspannte.

Und er erinnerte an Egon Susset, der als Bundestagsabgeordneter ein Gespräch mit Finanzminister Theo Waigel einfädelte, das den Zugriff auf 113,8 Hektar Ex-US-Liegenschaften ebnete. Heilbronn war ein Pionier der Konversion von US-Militärflächen in Deutschland, wie Bundesbauminister Klaus Töpfer bei einem Besuch sagte.

 


 

  • Waldheide: Ein Paradebeispiel mit Symbolkraft ist die Waldheide. Auf dem Höhepunkt des Kaltes Krieges zwischen Ost und West war hier noch 1985 der Motor einer Pershing-II-Rakete explodiert, ab 1988 wurde alles verschrottet. Seit Mitte der 1990er ist von der Atomwaffenfestung nichts mehr zu sehen - bis auf einen Hangar, einen kleinen Turm und die Luke zu einem Wassertank. Längst dient das 54 Hektar große Areal inmitten des Stadtwalds Joggern, Spaziergängern, Hunden - und Schafen, die die unter Naturschutz stehende Calluna-Heide pflegen.

  • Badener Hof: Die 1935 von der Wehrmacht gebaute Ludendorff-Kaserne ging 1951 an die 28. Amerikanische Infanteriedivision, im Dezember 1991 zog sie wieder aus. Auch hier machte die Stadt - bis auf ein Blockheizkraftwerk - fast alles platt und entwickelte direkt am idyllischen Köpfertal auf 6,7 Hektar ein Wohngebiet mit 128 Grundstücken für 1000 Bewohner.

  • Wharton Barracks: Die ehemalige Priesterwaldkaserne und die Schlieffenkaserne, die später kurz Hessenhof hieß, ist heute Teil des 24 Hektar großen Businessparks Schwabenhof mit IT-Firmen, Büros, Weinmarkt und anderen guten Adressen. Nur an der Stuttgarter Straße stehen noch drei sanierte Kasernenblocks, die von Polizei und vom Lehrerseminar genutzt werden. Die US-Kirche an der Charlottenstraße hat eine syrisch-orthodoxe Gemeinde übernommen.

  • John-F.-Kennedy-Siedlung: Sie entstand nördlich der Wharton Barracks in den 1950er Jahren für Soldaten und ihre Familien. Im Gefolge des US-Abschieds übernahm die Stadtsiedlung dort zunächst 270 Wohnungen, renovierte sie und kaufte 1997 das gesamte Areal. Sieben von 15 Gebäuden wurden abgerissen. Auf 2,5 Hektar steht heute das preisgekrönte Katholische Freie Bildungszentrum St. Kilian.

  • Herbert-Hoover-Siedlung: Auch das Offiziersviertel "Upper Housing" entstand in den 1950ern. Mit 60 Millionen Euro kaufte und modernisierte die Stadtsiedlung 288 attraktive Wohnungen und verkaufte sie als Eigentumswohnungen. Nur wenige Gebäude wie etwa eine Tankstelle, wurden geschleift. Die Elementary School wurde zur Ludwig-Pfau-Schule. Der einstige PX-Markt, in dem übrigens der spätere Bürgermeister Artur Kübler gegen ein Taschengeld für Offiziersfrauen Tüten zu deren Straßenkreuzer trug, ist heute in Händen von Kaufland.

 


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