Stimme+
Heilbronn
Lesezeichen setzen Merken

Wie Spezialbagger eine 4.500-Tonnen-Brücke über die A6 zerlegen

   | 
Lesezeit  2 Min
Erfolgreich kopiert!

Die 51 Jahre alte Autobahnbrücke über die A6 zwischen Kirchhausen und Biberach ist Geschichte. Tonnenweise Beton und Stahl wurden in der Nacht auf Sonntag in wenigen Stunden abgerissen. Die A6 war 24 Stunden lang voll gesperrt.

Von Carsten Friese

 

Es sind imposante Szenen voller Urgewalt: Als am Samstagabend gegen 23 Uhr Kettenbagger mit überdimensionalen Zangen und Meißeln der A6-Brücke zwischen Biberach und Kirchhausen zu Leibe rücken, fallen schwere Betonplatten und Brockenfontänen lautstark auf die gesperrte Autobahn. Dichte Staubwolken breiten sich in der Luft in großen Wirbeln aus.

Im Zuge des A6-Ausbaus auf sechs Fahrspuren bricht das Baufirmenkonsortium ViA6West hier die 51 Jahre alte Brücke in gleißendem Flutlicht ab. Rund zweieinhalb Stunden später, um 1.37 Uhr, fällt der erste  Brückenteil in sich zusammen, rund eine Stunde später ist die Brücke Geschichte – und über die Fahrbahn der A6 ergießt sich eine Zunge voller zerkleinerter Schuttbrocken, die abtransportiert werden müssen.

Zuschauer wärmen sich bei Minusgraden mit Glühwein

Rund 1800 Kubikmeter Abbruchvolumen, etwa 4500 Tonnen Beton und Stahl, werden mit Hilfe der Spezialfahrzeuge in wenigen Stunden abgebrochen. Wie gefräßige Dinosaurierköpfe beißen sich die großen Zangen der Bagger von zwei Seiten in die Brückenränder. Auf der Fahrbahn der Brücke hämmert ein dritter Bagger mit riesigem Meißel immer wieder Löcher in den Untergrund, um das alte Bauwerk zu destabilisieren.

Zug um Zug soll es in kleinen Portionen abgetragen werden – da sonst die Zerkleinerung übergroßer Betonblöcke mühsam auf der A 6-Fahrbahn erfolgen müsste, erklärt ViA6-Sprecher Michael Endres.
Auf dem Gehweg der stählernen Ersatzbrücke nebenan stehen bei minus zwei Grad gut 30 Neugierige und beobachten die Abrissarbeiten.

„Ich bin 40 Jahre über diese Brücke gefahren. Es ist gigantisch, wie die Maschinen hier arbeiten. Das ist besser als Fernsehen. So etwas sieht man nur ein Mal im Leben“, ist der Biberacher Thomas Christ begeistert. „Das ist cool“, freut sich Sohn Fin (12) über das Spektakel. Ihr Bekannter Sascha Mohr hat Glühwein und Punsch zum Wärmen mitgebracht. Auch Timo und Eva Riedel harren dick angezogen mit Glühwein und leckeren Plätzchen in der Kälte aus. „Das ist schon etwas Besonderes“, sagt Baufachmann Timo Riedel. Und die Baggerfahrer machten ihre Sache gut, lobt er.

Mehr zum Thema: Ende November verschmolzen auf der A6 bei Obereisesheim die beiden Neckartalbrücken. Ab 1. April 2019 rollt der Verkehr über dieses Teilstück provisorisch sechsspurig. Baufertigstellung ist 2022

 

Das große Verkehrschaos bleibt aus

Gegen 18 Uhr waren am Sonntag nur noch Aufräumarbeiten und das Aufstellen von Betonschutzwänden auf der Fahrbahn zu erledigen. „Es ist sehr gut gelaufen, wir werden bis 20 Uhr fertig“, sagte Michael Endres zufrieden. Die Polizei müsse die A 6 dann wieder freigeben. Trotz 24-stündiger Sperrung seien Verkehrschaos oder größere Rückstaus ausgeblieben, teilten Polizeisprecher bereits am Nachmittag mit. Es sei relativ ruhig geblieben.

Entgegen der offiziellen Umleitung über Kirchhausen und Böllinger Höfe haben viele Autofahrer indes die Route über Bonfeld und Biberach genutzt. „Da war in beide Richtungen Auto an Auto im Ortskern. Das war unglaublich. Da musste man auf dem schmalen Gehweg schon aufpassen“, erzählte Bezirksbeiratssprecher Siegfried Dodenhöft von seinem Nachhauseweg vom Biberacher Weihnachtsmarkt am späten Samstagabend. Auch ViA6West-Sprecher Michael Endres berichtet von dichtem Verkehr in Bonfeld und Biberach, während es in Kirchhausen ruhig blieb. „Viele haben offenbar nur ihr Navi genutzt“, mutmaßt er.

Ab Januar soll an der Stelle der A6 eine neue Brücke gebaut werden. Der Mittelpfeiler und die Widerlager am Rand werden als Erstes errichtet. Das Abbruchmaterial vom Wochenende wird übrigens recycelt: Im Unterbau der neuen A6 wird es wieder eingesetzt.

 

Freier Verkehrsfluss

Im Zeitraum der Bundesgartenschau (April bis Oktober 2019) wird die A6-Baustelle auf den Fahrbahnen ruhen. Das ist vertraglich zugesichert. Es wird zudem zwischen Wiesloch und Weinsberger Kreuz jeweils drei Fahrspuren geben, um einen guten Verkehrsfluss zu gewährleisten. Die Fahrbahnen werden jeweils 3,25 Meter breit sein – fast Normalmaß. Es ist maximal Tempo 120 erlaubt. Ab Oktober wird dann die Baustellenarbeit fortgesetzt – bis 2022. 

 

Kommentar hinzufügen

Kommentare

Neueste zuerst | Älteste zuerst | Beste Bewertung
Keine Kommentare gefunden
  Nach oben