Wie die Concorde in Sinsheim gepflegt wird
Schwingende Gondel mit Dampfstrahler-Besatzung über der schneeweiß-glänzenen Concorde. Wi erklären, wie das berühmteste Exponat des Sinsheimer Technik-Museums für Besucher fit gehalten wird und warum sie für den Museumspräsidenten eine Herzensangelegenheit ist.

Am 17. März 2004 wird die Concorde des Sinsheimer Technik-Museums auf dem Dach der Halle 2 mit riesigen Kränen auf das eigens von Museumspräsident Hermann Layher konstruierten Stahlgerüst abgesetzt. Seit dem ist der einstige Überschall-Passagierjet das Aushängeschild des Museums. Das Flugzeug ist wie andere im Museumsverbund von innen begehbar. Die "Fox-Bravo", wie die Maschine ihrem alten Rufzeichen nach lautet, thront auf zwei 18 Meter hohen und einer 23 Meter hohen Stütze. Alles, was mit der Maschine zu tun hat, spielt sich also in großer Höhe ab, auch Wartung und Pflege. Wie hält man ein solches Riesen-Exponat in Schuss?
"Alle zwei Jahre wird unsere Concorde mit Heißdampf von den Folgen der Witterung befreit", teilt Museumssprecherin Simone Lingner mit. Schnee, Sonne und Regen würden dem Flugzeug richtig zusetzen, ein Schleier aus Schmutz und Moos verdecke bis zum Reinigungstermin das strahlende Weiß des Überschalljets. Unterstützung bekommt das Museum von der Firma Scholpp Kran & Transport GmbH aus Heilbronn. In einer Kanzel werden zwei Mitarbeiter zum Flugzeug hochgefahren, zwei weitere Kollegen halten die Kanzel am Seil fest. Mit Heißdampf vom gröbsten Schmutz befreit, geht man mit Lappen und Bürste an den Feinschliff.
Da die Concorde von den Besuchern auch im Innenraum besichtigt werden kann, finden hier die Reinigungsarbeiten häufiger statt: entstauben, saugen, Fenster putzen. Parallel zur Dampfaktion außen gibt es im Innern ebenfalls eine größere Putzaktion: so werden unter anderem die Plexiglasscheiben entfernt und gereinigt. Vor zwei Jahren wurde der Teppichboden ausgewechselt. Obwohl sich die Maschine seit ihrer Landung in Karlsruhe am 24. Juni 2003 nicht mehr aus eigner Kraft fortbewegt hat, musste sie einmal noch durch den TÜV: Bei der Aufstellung der Concorde war eine Abnahme fällig. "Seitdem führen unsere geschulten Werkstattmitarbeiter regelmäßig Kontrollen durch", so die Sprecherin weiter.
Im Innenraum des Exponats wurden Absperrungen durch Plexiglasscheiben angebracht, um eine Abnutzung durch Berühren und Platznehmen zu verhindern. Der Flugzeugkörper selbst ist durch einen Sonderlack geschützt. Trotz regelmäßiger und guter Pflege stehe in wenigen Jahren ein Neuanstrich an, verrät die Museumssprecherin.
Besonderer Redner zum 50-jährigen Jubiläum des Erstflugs

Im Flugzeug selbst werden keine Veranstaltung durchgeführt -- in der Kabine ist es dafür schlicht zu eng. Auf dem Museumsdach unter der Concorde hingegen, auf dem "Concorde-Flight-Deck" sei ein "Get-together" beziehungsweise ein Stehempfang mit bis zu 100 Personen möglich.
Am 2. März vorigen Jahres feierte das Museum ein Event der besonderen Art. Denn auf den Tag genau vor 50 Jahren hob die Concorde zu ihrem Erstflug ab und läutete somit die Personen-Überschall-Ära ein. Dieses Jubiläum feierte das Museum mit 300 Flugzeugenthusiasten. Im IMAX 3D Kinosaal lauschten die Gäste einem ganz besonderen Redner. Der ehemalige Flugkapitän der ausgestellten Concorde, Jean-Louis Chatelain, hielt einen Vortrag über den Mythos des Fliegers. Er selbst landete die F-BVFB im Baden-Airpark im Juni 2003 und hatte eine Menge zu erzählen. Die anschließende Autogrammstunde verbrachte der agile Rentner mit dem Signieren von Büchern, Flugzeugmodellen und Fotos in der neugestalteten Concorde-Ausstellung in der Halle 2 des Museums. In diesem Frühjahr besuchte der Pilot Sinsheim noch einmal: zum Dreh der Arte-Reportage "Die Concorde - Absturz einer Legende", ausgestrahlt diesen Mittwoch.
Welche Maschinen man von innen besichtigen kann
In der Halle 2 sind neben zahlreichem Equipment der Concorde die vier riesigen Original-Triebwerke der Maschine zu bewundern. Und die Reifen, deren Zerbersten einer anderen Concorde am 25. Juli 2000 zum Verhängnis wurde. In Sinsheim sind fast alle Flugzeuge auf den Museumsdächern begehbar: So das sowjetische Pendant zur Concorde, die Tupolev Tu-144, die legendäre Passagiermaschine Junkers Ju 52 oder das Löschflugzeug Canadair CL-215. Im Schwesternmuseum in Speyer befinden sich noch mehr begehbare Flugzeuge, allen voran die Boeing 747 sowie die Antonov An-22. Trotz Corona sind die Exponate derzeit von innen zu besichtigen. Das Museum weist darauf hin, dabei Nase-Mundschutz zu tragen, da es in den Flugzeugen doch recht eng ist.
Für den Museumspräsidenten Hermann Layher ist die Concorde eine Herzensangelegenheit. Es sei ein "unglaubliches Privileg", dass das Sinsheimer Technik-Museum eine Concorde zeigen darf, schließlich habe sich Air France für Sinsheim als deutschen Ausstellungsort des Flugzeugtyps entschieden. "Niemand konnte eine Concorde einfach so kaufen. Wir haben sie von Air France für einen symbolischen Preis bekommen." Dies mache ihn sehr sehr stolz. "Es ist jeden Tag eine Freude, das Flugzeug bei uns zu sehen."
Es sei eine Herausforderung gewesen, die Concorde so zu positionieren, wie sie heute ausgestellt ist, erinnert sich der Diplomingenieur. "Bei der Konstruktion der Stützen war es mir wichtig, das Flugzeug in einer Position zu präsentieren, in der es sich tatsächlich regelmäßig befunden hat." Aufgrund der verschieden hohen Stützen, auf denen die Maschine befestigt ist, ergibt sich ein Anstellwinkel wie beim Start. Bei der Frage, welchen Stellenwert die Concorde im Museumsverbund hat, muss der Präsident nicht lange nachdenken: "Das Museum wurde durch die Concorde weltweit berühmt. Es ist unser spektakulärstes Ausstellungsstück."
Der Transport nach Sinsheim

Zehntausende Schaulustige säumen die nächtlich gesperrte A6, um ein Flugzeuig auf dem Landweg zu erleben. Zuvor war die Concorde auf dem Rhein transportiert worden. In Sinsheim wird ein gigantischer Kran bewegt, um das Exponat in das Museum zu hieven.
Am 24. Juni 2003 setzt die Concorde mit der Kennung F-BVFB am Baden-Airpark in Karlsruhe zu ihrer letzten Landung an. Danach heißt es: Zu Wasser und zu Lande in das rund 130 Kilometer entfernte Sinsheim zu gelangen. Um die Höhe und Breite des Flugzeugs so weit wie möglich zu verringern, montiert die Werkstattmannschaft des Museums gemeinsam mit Experten von Air France das Seitenleitwerk und die Flügelspitzen ab. Auf einem Tieflader geht es zur NATO-Rampe nach Söllingen. Dort wird die Concorde auf einen Ponton verladen.
Per Schiff geht es auf dem Rhein bis nach Altlußheim. Dort wird die Maschine wieder auf einen Tieflader gesetzt und über die A6 befördert. In Sinsheim wird der Rumpf der Concorde per Kran auf das Museumsgelände gehoben. Für das Fundament der Stützen waren in der Museumshalle zwei Gruben ausgehoben worden. 18 Meter lang sind die beiden hinteren Stützen. Die vordere misst 23 Meter. So ergibt sich ein Anstellwinkel wie beim Start. Nach dem Zusammenbau wird die Concorde am 17. März 2004 auf dem neu errichteten Stahlgerüst über der Halle 2 des Museums neben der Tupolev 144 verankert.