Wenn Schulen die Digitalisierung als Chance begreifen
Die Gemeinschaftsschulen in Gemmingen und Ingelfingen sind Vorreiter beim digitalen Unterricht. Mit ihren Erfahrungen wollen sie anderen Standorten helfen.

Fernunterricht schwebt als Damoklesschwert über dem Präsenzunterricht. Das Kultusministerium erlaubt Rektoren, in Notfällen die Schule oder einzelne Klassen nach Hause zu schicken - falls nicht genügend Kollegen zur Verfügung stehen. In der Region nutzen dies wenige Schulen. Gut durch Homeschooling kommen dabei vor allem jene Schulen, die Digitalisierung schon lange als Chance verstehen. In der Region sind das unter anderem die Gemeinschaftsschulen in Gemmingen und Ingelfingen. Beim Entwicklungsnetzwerk digitale Transformation zählen sie zu den einzigen Referenzschulen in der Region. Auf ihr Wissen können andere Rektoren und Kollegen zugreifen.
Gemmingen spricht von einer "durchgängigen Geschichte"
Drittklässler überarbeiten an Tablets einen Brief. Sechstklässler behalten über eine Lernplattform Überblick, was aus einem Mathe-Buch zu machen ist. Neuntklässler machen Mathe-Aufgaben digital. Die Wolf-von-Gemmingen-Schule hat sich vor Jahren auf den digitalen Weg gemacht, und das zahlt sich aus. Kinder und Jugendliche greifen genauso sicher auf Angebote zurück wie Lehrer und die Schulverwaltung. Das Engagement zahlt sich aus, wie die Auszeichnung zeigt. Dabei kommt dem Standort das engagierte Kollegium zugute. Ohne die Lehrer würde es nicht funktionieren, sagt Rektor Christian Mair. "Bei uns ist es es eine durchgängige Geschichte von Klasse eins bis zehn." Er kennt andere Fälle und spricht von Schulen, an denen seit Monaten die Endgeräte ungenutzt im Lehrerzimmer lagern.
Medien seien Werkzeuge, das bringen die Lehrer schon den Grundschülern bei. Christian Mair erklärt, worauf es den Verantwortlichen dabei ankommt. "Es gibt Bereiche, da brauchen wir Tablets, woanders sind sie schädlich." Offen geht die Schule mit Erfahrungen um. Es sei nicht alles Gold, was glänzt, sagt der stellvertretende Schulleiter Jan Pfeil-Reh: Es kommt eben auch vor, dass Jugendliche eine Woche ohne Endgerät auskommen müssen - wenn sie sich an die vereinbarten Regeln nicht halten.
An der Grundschule setzt Lehrerin auf die Handschrift - und eben auch aufs Digitale
Jana Reis unterrichtet in Gemmingen Drittklässler, sie setzt nach wie vor auf den Heftaufschrieb. Digitale Einheiten baut die Lehrerin regelmäßig ein. Ein Beispiel dafür ist der Brief, den sie mit Fehlern versehen abgespeichert hat und den sie nun überarbeiten lässt: Würden die Kinder ihn erst abschreiben, dauere das lange. Dank der Tablets können die Mädchen und Jungen loslegen. Auch bei den Neuntklässlern kommen die digitalen Bestandteile gut an. Ging es allein nach Lasse, könnte man auf die Hefte weitestgehend verzichten. Nur in Technik vielleicht nicht, überlegt der Jugendliche. Da brauche man Hefte für die Konstruktionszeichnung. Auch die Kommunikation mit den Lehrern sei besser: Man könne ihnen einen Screenshot von einer Aufgabe schicken, wenn etwas unklar sei.
In der Region nutzen Rektoren die Fernunterricht-Ausnahme
Die Region will auf Gemminger Erfahrungen gern zugreifen. Viviane Kalisch, Vorsitzende des Heilbronner Gesamtelternbeirats, hofft, dass digitale Elemente auch in der Stadt weiterhin zum Unterricht gehören. "Das ist der Lauf der Zeit", sagt sie. "Das wird bleiben."
Zunächst einmal bleiben Elemente des Online-Unterrichts in der Pandemie erhalten, weil Klassen wegen fehlender Lehrer in den Fernunterricht geschickt werden. Verlässliche Zahlen zu erhalten ist schwierig, vor allem deshalb, weil sich die Lage ständig verändere, erklärt Bettina Hey, Leiterin des Staatlichen Schulamtes in Künzelsau. Die Zahlen der Region Heilbronn-Franken laut Regierungspräsidium für die vergangene Woche: 105 Klassen waren nicht an den Schulen, knapp 150 Lehrer fehlten.
Wenn Schulen in zwei Jahren Pandemie etwas gelernt haben, dann das, dass man flexibel bleiben muss. Viele Städte und Gemeinden haben die technische Ausstattung auf deutlich besseres Niveau gebracht. Nicht jede Kommune hatte das Glück von Bretzfeld. Hier wurde das Bildungszentrum für rund 25 Millionen Euro generalsaniert. Eine gute Chance, das ganze Gebäude mit WLAN und smarter Technik auszurüsten und auf neusten Stand zu bringen.


Stimme.de