Was über den Wolf bekannt ist, der im Neckar-Odenwald-Kreis gesehen wurde
Dass ein Mensch hierzulande einen Wolf zu Gesicht bekommt, gilt als unwahrscheinlich. Einzelne Tier streifen aber auch durch Baden-Württemberg. Ein Exemplar wurde nun bei Mudau gesehen. Viehzüchter machen sich da natürlich Gedanken.
Letztendlich ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich der Wolf auch in unserer Region niederlässt. Im Landkreis Heilbronn ist er noch nicht dauerhaft heimisch. Doch das Umweltministerium meldete Mitte Dezember, dass ein männliches Exemplar in Mudau gesehen worden sei.
Mudau liegt im Neckar-Odenwald-Kreis, keine 30 Kilometer von Roigheim im Landkreis Heilbronn entfernt. Und da sich der Wolf wohl kaum für Kreisgrenzen interessieren dürfte, ist GW1832m, so der beim Umweltministerium geführte Name, auch für Martin Ernst ein Thema. Der 51-Jährige ist Schafzüchter in Roigheim und hat 350 Muttertiere. Seit 20. Dezember sind seine Schafe aufgestallt, im April kommen sie wieder raus. Ernst umzäunt die Weiden mit einem mobilen Weidezaun. Doch die halten den Wolf nicht ab, erklärt er. "Man weiß nicht, wie man sich schützen kann. Das ist alles nicht so einfach."
Nachts sind die Schafe im Stall
Der Wolf werde vor allem nachts zu einer Gefahr für die Schafe, erklärt Ernst. Deshalb bringe er die Tiere in den Stall. Doch Ernst plant, eine große Photovoltaikanlage auf eine der Wiese aufzubauen und dort seine Schafe weiden zu lassen. Dort installiere er einen wolfssicheren, festen Zaun. "Das muss für die Zukunft sein. Wer weiß, was in fünf Jahren ist?" Ernst ist sich sicher, dass sich der Wolf bei uns etablieren wird.
Karl-Heinz Lieber kennt die Sorgen der Menschen, wenn es um den Wolf geht. Der 56-Jährige ist Abteilungsleiter Naturschutz im Umweltministerium in Stuttgart. Der Wolf ist sein Thema. Dort, wo sich das Tier niederlässt, übernehme man den Herdenschutz für Viehzüchter zu 100 Prozent. Gemeinde- oder Kreisgrenzen spielten dabei keine Rolle. "Wir grenzen da nicht zu eng ab. Es muss adäquat sein. Wölfe haben Respekt vor Zäunen, Hunden und Menschen. Sie nähern sich Menschen nicht an."
An Menschen gewöhnte Tiere werden getötet
Es sei so gut wie ausgeschlossen, dass ein Mensch einen gesunden Wolf zu Gesicht bekommt, erklärt Lieber. Ausnahmen seien kranke oder an den Menschen gewöhnte Tiere, die sich ihnen nähern. Anfang 2019 sei es einem Passanten gelungen, aus einem Auto heraus einen Wolf am Straßenrand zu filmen. "Das ist untypisch. Doch das Tier hatte einen Chip im Ohr. Es war ein Wolf aus einem Gehege, und er ist ausgebüxt", sagt Lieber.
Tiere, die sich an Menschen gewöhnt haben oder aufgrund von Krankheiten auffällig sind und sich Menschen nähern, müssen entnommen, also getötet werden, erklärt Lieber. Dafür stünden eigens ausgebildete Spezialisten bereit. Auffällig gelte ein Wolf auch dann, wenn er mindestens zwei Mal den empfohlenen Herdenschutz überwinde.
Mehr als 300 erwachsene Wölfe sind nach Angaben der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf in Deutschland heimisch. In Baden-Württemberg gelten zwei Tiere im Schwarzwald als sicher nachgewiesen. Im Vergleich zu anderen Bundesländern sei Baden-Württemberg das Schlusslicht in Deutschland. "Andere Bundesländer sind da bereits viel weiter."
Weil GW1832m noch nicht gesichert als niedergelassener Wolf geführt werden kann, wird er noch nicht mitgezählt, erklärt Lieber. Damit er zum dritten Wolf in Baden-Württemberg wird, müsse er sich mindestens ein halbes Jahr nachweisbar im selben Gebiet aufhalten. Genetisch ist er seit September 2020 nachweisbar.