Vorfreude und Frust an den Seen in der Region
Am Breitenauer See ist seit Freitag das Baden verboten. Damit reagieren die Anrainergemeinden Obersulm und Löwenstein auf den Ansturm am vergangenen Wochenende. Unterdessen wird an diesem Wochenende ein erhöhtes Besucher-Aufkommen an Ehmetsklinge und Katzenbachsee befürchtet.

Das Wasser des Breitenauer Sees ist glatt wie ein Spiegel. Die Oberfläche kräuselt sich hier und da im Wind. An den Wegrändern flattert rot-weißes Absperrband. Seit Freitagmorgen ist das Baden am Breitenauer See für den Rest des Jahres verboten. Das haben die Anrainergemeinden Obersulm und Löwenstein nach dem vergangenen Wochenende beschlossen. Abstandsregeln und Maskenpflicht seien missachtet worden. Etwa 10.000 Besucher sollen am Sonntag am See gewesen sein. Doch nun keimt Hoffnung auf. Tobias Kniel, Geschäftsführer des Naherholungszweckverbands Breitenauer See sagt: „Wir sind mittendrin in den Überlegungen, wie wir wieder öffnen können.“
Seit 6.30 Uhr spannen Bauhofmitarbeiter Absperrbänder über das Gelände. Sieben Kilometer dürften es insgesamt sein, schätzt einer der Arbeiter. Seebesucher reagierten unterschiedlich. „Zwischen Verständnis und aggressivem Verhalten“, sagt einer der Mitarbeiter. So seien Spiegel in den Toiletten zertrümmert worden und Absperrbänder zerrissen.
Für Klaus Schifferer, Bürgermeister von Löwenstein, liegen die Reaktionen, die bei ihm im Rathaus angekommen sind, zwischen ablehnend und „endlich tut sich etwas“. Was sich am Sonntag am Breitenauer See abgespielt habe, sei in der Dimension nicht vorauszusehen gewesen. Tilmann Schmidt, Bürgermeister von Obersulm und Verbandsvorsitzender des Zweckverbands, ist krankheitsbedingt nicht erreichbar. Für ihn spricht Tobias Kniel: „Kurzfristig war nichts anderes möglich, als den See zu schließen.“ Um wieder zu öffnen, reichen die Überlegungen von einem elektronischen Ticketsystem bis hin zu einem Grill- und Shisha-Verbot auf dem Gelände.
Kiosk-Betreiberin hofft auf Wiedereröffnung
Marcel Schliep ist mit seiner Familie aus Berlin zum Campingplatz am See angereist. Für die Maßnahme zeigt er durchaus Verständnis. „Dennoch ist es schade, wenn man einen Campingplatz am See bucht und plötzlich nicht mehr in den See darf.“ Er schlägt eine Ausnahme für Campinggäste vor.
Auf eine Wiedereröffnung hofft Uschi Schröter. Sie betreibt den See-Kiosk gemeinsam mit ihrer Schwester Hanne. Auch sie habe Verständnis für die Maßnahmen des Zweckverbandes. „Dennoch muss man kurzfristig eine Lösung finden, die für alle funktioniert.“ Vorschläge habe sie gemacht. Unterteilung des Badestrands, abwechselnder Zugang für Fahrzeuge mit geraden und ungeraden Kennzeichen oder ein Badeverbot am Wochenende. „Vom Zulieferer bis zu unseren Mitarbeitern – da hängen Existenzen dran.“
Allgemeinverfügung
Mit der Allgemeinverfügung ist am Breitenauer See das Baden seit Freitag bis einschließlich 31. Oktober verboten, teilt Tobias Kniel, Geschäftsführer des Naherholungszweckverbands Breitenauer See mit. Man arbeite aber an einer Lösung für eine baldige Öffnung. Fahrradfahrer und Spaziergänger haben weiterhin Zutritt.
Vom Badebesuch an Ehmetsklinge und Katzenbachsee wird abgeraten

Die Gemeinden Zaberfeld und Pfaffenhofen sowie der Wasserverband Zaber raten von einem Besuch der Ehmetsklinge und des Katzenbachsees dringend ab. Das erklärten Kommunen und Verband nach einer Besprechung mit Polizei und Sicherheitskräften am Freitag in einer Pressemitteilung. Hintergrund war die Entscheidung von Obersulm und Löwenstein, den Breitenauer See ab Freitag wegen der Vorkommnisse am vergangenen Wochenende zu sperren.
„Die Erkenntnisse der vergangenen Wochenenden zeigen, dass Ehmetsklinge und Katzenbachsee trotz ihrer Weitläufigkeit bei zu starken Besucherzahlen nicht ausreichend groß sind, um die zu erwartenden und befürchteten Besuchermassen aufzunehmen und überall die nötigen Abstandsmöglichkeiten zu wahren“, heißt es.
Gegensätzliche Meinungen
Unterschiedlich sind die Reaktionen am Freitagnachmittag an der noch überschaubar besuchten Ehmetsklinge. Siegfried Röhrle aus Kürnbach kommt seit über 40 Jahren an den See. Am Wochenende vermeidet er allerdings den Besuch: „Das ist mir zu gefährlich. Viele junge Leute halten sich nicht an die Abstandsregeln“, meint der 75-Jährige. Dass der Breitenauer See gesperrt wurde, dafür zeigt er Verständnis. Völlig gegensätzliche Meinungen prallen unterdessen innerhalb eines gemeinsamen Haushaltes aufeinander. „Das ist doch alles übertrieben, angesichts der geringen Fallzahlen“, sagt Christa Lotterer aus Schwieberdingen. Karl-Heinz Bürgler hat durchaus Verständnis für die Schließung des Breitenauer Sees. Er hofft jedoch, dass die Ehmetsklinge offen bleibt.
Celine Ruf und Jessica Offenbecher aus Besigheim gehören zu den jüngeren Erwachsenen. Sie fühlen sich an der Ehmetsklinge wohler als am Breitenauer See. „Hier ist es viel entspannter“, sagt Celine Ruf. Beide hoffen, dass es auch so bleibt. Miriam Hetzer ist mit ihrer jungen Familie aus Eberdingen bei Vaihingen an der Enz angereist. „Es ist schwierig, wenn man in der anstehenden Ferienzeit alle Seen schließt“, sagt sie.
Parkplätze Am Samstag und Sonntag wird die Polizei an Ehmetsklinge und Katzenbachsee vor Ort sein. Zaberfelds Bürgermeisterin Diana Kunz weist darauf hin, dass bei einer vollen Auslastung der Parkplätze die Zufahrtswege zu den Seen gesperrt werden und das Falschparken geahndet wird. „Sollte die Einhaltung der Bestimmungen der Corona-Verordnung nicht verlässlich gesichert sein, so sehen wir uns gezwungen, die Seegelände per Allgemeinverfügung erneut zu sperren“, heißt es in der Pressemitteilung.
Kommentar: Blick nach vorn
Ein Kommentar von Jürgen Kümmerle
Kollektiventscheidungen sind unglücklich. Im konkreten Fall des Badeverbots am Breitenauer See trifft sie auch jene, die unter der Woche oder frühmorgens an den See gehen und sich an Corona-Regeln halten. Deshalb ist dringend zu raten, das Verbot zu revidieren.
Nach dem Chaoswochenende war die Entscheidung zu schließen erstmal richtig. Zu hoch ist das gesundheitliche Risiko. Doch die Anrainergemeinden und den Zweckverband trifft der Ansturm nicht unerwartet. Seit Jahren pilgern Gäste aus nah und fern zum Breitenauer See. Nebenbei erwähnt spricht das für die sehr hohe Bade- und Freizeitqualität des Sees. Die Parkprobelmatik an heißen Sommerwochenenden ist bekannt. Den Verantwortlichen muss klar gewesen sein, dass bei eingeschränktem Freibadbetrieb die Menschen an die Seen ausweichen. Ein schlüssiges Park- und Eintritts-Konzept fehlt seit Jahren und wäre gerade in Corona-Zeiten notwendig gewesen. Der Appell am Wochenende, Badegäste mögen zu Hause bleiben, war gut gemeint. Viele werden sich gedacht haben: Soll doch der andere.
Mit der Allgemeinverfügung und dem Badeverbot haben sich Zweckverband und Anrainergemeinden einen zeitlichen Puffer verschafft. Den sollten sie nutzen. Vorschläge und Ideen – auch seitens des Zweckverbands – liegen auf dem Tisch. Nächste Woche beginnen die Sommerferien. Kaum denkbar, dass bis dahin ein schlüssiges Konzept ausgearbeitet sein wird. Doch die Zeit im Corona-Sommer drängt.
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