Verkehrsclub sieht Stadtbahn-Kahlschlag um Heilbronn
Zum 11. Dezember nimmt der neue Regionalexpress zwischen Heilbronn und Karlsruhe den Dienst auf. Dafür fahren weniger Stadtbahnen der Linie S4. Der ökologisch orientierte Verkehrsclub Deutschland (VCD) übt scharfe Kritik und spricht von "Zerstörung des Fahrplans der Stadtbahn".

"Fassungslos" zeigt sich Michael Schwager, Bahnexperte beim regionalen VCD. "Leingarten und die gesamte Kraichgaubahn werden weitgehend von allen überregionalen Anschlüssen abgehängt." Der Hintergrund ist eigentlich ein Erfreulicher, zumindest für die meisten Pendler entlang der Kraichgaubahn: Zum Fahrplanwechsel startet der Regionalexpress (RE), der die Hauptbahnhöfe Heilbronn und Karlsruhe direkt verbindet. Er fährt stündlich, braucht 70 Minuten statt wie bislang häufig eineinhalb Stunden und mehr.
Regionalexpress verbindet Heilbronn und Karlsruhe
Zudem setzt die DB Regio sogenannte Vollbahnfahrzeuge ein, die anders als die Stadtbahnen Toiletten an Bord haben. Neben dem von der DB betriebenen Express fährt die Stadtbahn S4 der Albtal-Verkehrsgesellschaft auf der Linie zwischen Karlsruhe, Eppingen, Heilbronn und Öhringen weiter, allerdings in verändertem Takt.
Eilzug der S4 nach Weinsberg fällt weg
Der S4-Eilzug entfällt. Er fuhr bisher bis Weinsberg, der RE aber endet am Hauptbahnhof. Zwischen Heilbronn und Weinsberg fällt also eine Verbindung weg. Hier gebe es nur noch zwei S4-Verbindungen stündlich statt bisher mindestens drei, bemängelt VCD-Vertreter Schwager. Der Takt "zwischen Weinsberg und Schwaigern wird in ein komplettes Chaos aus ergänzenden Einzelfahrten außerhalb jedes Taktes zerlegt." So habe just der S4-Eilzug Heilbronn zur vollen Stunde erreicht und damit viele überregionale Anschlüsse ermöglicht. "Wir bedauern das sehr", schließt sich Weinsbergs Kämmerer Claus Ehmann der Kritik an.
Leingarten ist kein RE-Halt
Der Regionalexpress kommt nicht zur vollen Stunde in Heilbronn an, sondern zur Minute 26 – und er hält zwar an vielen Stationen unterwegs, nicht aber in Leingarten. "Das gefällt uns überhaupt nicht", sagt Bürgermeister Ralf Steinbrenner. "Wir haben frühzeitig interveniert." Allerdings ohne Erfolg.
Hoffnung auf Ausbau des Nadelöhrs
Das Land macht Hoffnung, dass dies kein Dauerzustand sein muss. "Der Halt entfällt nicht aufgrund geringer Nachfrage, sondern aufgrund der unzureichenden Infrastruktur in diesem überwiegend eingleisigen Abschnitt", heißt es auf Nachfrage aus dem Verkehrsministerium. Zwischen Leingarten und Schwaigern liegt das bekannte eingleisige Nadelöhr, das Verspätungen im Stadtbahnsystem begünstigt. Der Ausbau ist geplant und wird nach aktuellstem Stand 2024 in Angriff genommen. Die AVG plante zuletzt, den 3,2 Kilometer langen Abschnitt für die Bauarbeiten komplett zu sperren, Pendler müssten auf Busse umsteigen.
Bahnexperte hat kein Verständnis für VCD-Kritik
Für das Ministerium ist der Engpass jedenfalls der Grund, den RE durchrauschen zu lassen. "Würde der Regionalexpress in Leingarten trotz der nicht ausgebauten Infrastruktur halten", heißt es, "würden Anschlüsse an den ICE-Knoten in Karlsruhe sowie an schnelle Züge nach Stuttgart in Heilbronn nicht mehr erreicht werden." Bahn-Fachmann Gerhard Schnaitmann, früher im Dienste des Landes, kann die Aufregung um den fehlenden RE-Halt in Leingarten nicht nachvollziehen und sieht "regionales Klein-Klein" am Werk. "Die neue RE-Linie bringt wieder die hervorragende Möglichkeit, auf direktem Wege den wichtigen Knoten Karlsruhe zu erreichen."
Heilbronn hält Verbindungen für ausreichend
Bei den wegfallenden Stadtbahnen teilt Schnaitmann die VCD-Schelte. "Die ausfallenden RE-Leistungen in der Innenstadt müssten ersetzt werden durch von den Stadtwerken finanzierte Stadtbahnleistungen", sieht er die Stadt Heilbronn in der Pflicht. Das Rathaus erklärt sich für nicht zuständig und sieht auch kein großes Problem, so eine Sprecherin: "Auch nach dem Fahrplanwechsel sehen wir die Stadt noch sehr gut mit Stadtbahn-Verbindungen in den Heilbronner Osten und nach Weinsberg abgedeckt."