Temptation Island Kandidaten Jessi und Abdu packen aus: Wie real ist Reality-TV?
Instagram-Money, Knebel-Verträge und der gefallene Kuss. Im Stimme-Interview erzählen Jessi (22) und Abdu (23) aus Neuenstadt, warum sie sich als Paar bei Temptation Island beworben haben und ob sie das heute bereuen.

Sie haben sich dem Treuetest gestellt: Abdu Karakuya (23) und Jessi "Accit" aus Neuenstadt am Kocher. Die 22-Jährige möchte ihren richtigen Nachnamen lieber für sich behalten, ein künftiger Arbeitgeber solle nicht direkt von der Teilnahme beim Reality-Format Temptation Island erfahren. Dort werden vier Paare auf der griechischen Insel Paros voneinander getrennt. Die Männer wohnen zwei Wochen mit Single-Frauen, den "Verführerinnen", in einer Villa, die vier Frauen mit "Verführern". Während des einstündigen Gesprächs rauchen beide fast durchgehend, wirken entspannt und plaudern aus dem Nähkästchen.
Vor einem Monat kam die letzte Folge Temptation Island auf RTL Plus raus, gedreht wurde bereits vor einem Jahr. Warum habt ihr euch damals entschieden, an der Sendung teilzunehmen?
Abdu: Mike, der in der letzten Staffel mitgemacht hat, hat bei uns im Haus gewohnt und zu uns gesagt, wir würden gut ins Fernsehen passen.
Jessi: Durch ihn kannten wir das Format überhaupt. Ich habe uns dann spontan nachts im Halbschlaf beworben, ohne, dass Abdu davon wusste. Ich hätte niemals gedacht, dass wir genommen werden. Drei Tage später kam dann die Einladung zum Casting, drei Tage danach dann direkt die finale Zusage.
Nach welchen Kriterien werden die Kandidaten ausgewählt? Und wie läuft das Casting ab?
Jessi: Ich denke, zuerst gucken die nur auf das Aussehen - so blöd es klingt. Das Casting mit der Produktionsfirma Banijay und einem Psychologen war ein ganz normales Gespräch zum Kennenlernen.
Abdu: Der Psychologe ist dann mehr in die Tiefe gegangen und wollte wissen, wie unsere Beziehung ist, wie wir uns kennengelernt haben und was wir miteinander schon erlebt haben. Der Psychologe war dann auch während der Dreharbeiten für uns da.
Wird während des Castings schon direkt nach Untreue gefragt?
Abdu: Natürlich.
Jessi: Im Vorgespräch habe ich dann auch erzählt, dass Abdu mal mit anderen Frauen geschrieben und mir das verheimlicht hat. Das wurde dann auch direkt in der ersten Folge angesprochen - das habe ich nicht erwartet.
Ausgestrahlt wurde die erste Folge ja dann erst im April 2022. Wie ging es euch in den neun Monaten zwischen Dreh und Ausstrahlung?
Abdu: Wir haben unseren Alltag weitergelebt. Irgendwann kam dann der Zeitpunkt der Bekanntgabe. Dann hat sich von einem Schlag auf den anderen eigentlich alles verändert.
Jessi: Die Veröffentlichung hat sich allerdings mehrfach verschoben. Statt wie ursprünglich gedacht Anfang Februar hat es dann doch bis Anfang April gedauert, bis es losging. Krass war: In der gesamten Zeit bis zur Veröffentlichung der letzten Folge durften wir uns nicht zusammen in der Öffentlichkeit zeigen.
Vor der Sendung hattet ihr zwischen 1000 und knapp 2000 Follower. Inzwischen folgen Abdu knapp 50.000, Jessi rund 93.000 Menschen auf Instagram. Inwiefern ging es euch darum, bekannt zu werden und eine gewisse Reichweite zu bekommen?
Jessi: Bei mir hat das schon eine Rolle gespielt. Ich habe immer Spaß mit Social Media gehabt und habe meinen Content auch nicht verändert - egal wie viele Menschen zugucken. Abdu macht ja Musik, er rappt und singt. Daher haben wir uns schon erhofft, dass die Teilnahme ihm ein paar Türen öffnet.
Würdet ihr mit heutigem Wissensstand wieder an dem Format teilnehmen?
Abdu: Ja, auf jeden Fall. Wir konnten viele Kontakte in der Branche knüpfen. Ein bisschen so, als würde man in eine andere Welt eintauchen - ich bin zufrieden.
Bei Germanys Next Topmodel haben die Knebel-Verträge, die die Teilnehmerinnen unterschreiben müssen, einen Skandal ausgelöst. Wie eng ist euer Vertrag mit der Produktionsfirma gesteckt?
Jessi: Darüber dürfen wir gar nichts sagen. Aber es ist sehr umfangreich - insgesamt 24 Seiten dick.
Wie hoch ist eure Gage ausgefallen? Und habt ihr überhaupt Geld gesehen, nachdem Abdu in der vorletzten Folge abgebrochen hat?
Jessi: Das dürfen wir leider auch nicht verraten. Aber was wir sagen können: Wir wussten nicht, dass wir die Gage hätten verhandeln können. Das haben andere Kandidaten getan.
Abdu: Auch ob wir nach dem Abbruch noch bezahlt wurden, dürfen wir nicht preisgeben. Alles was Interna und die Produktion angeht, dazu dürfen wir uns nicht äußern. Sonst machen wir uns strafbar.
Jessi: Die Strafe ist leider auch sehr hoch (beide lachen).
Abdu: Bei der Höhe der Strafzahlung hab ich kurz gedacht - bin ich jetzt hier so ein A-Promi? Bin ich Justin Bieber oder warum soll ich soviel bezahlen?
Ok, den genauen Betrag dürft ihr nicht nennen. Aber seid ihr durch die Teilnahme reich geworden?
Beide: Nein.
Jessi: Wir sind ja Neulinge im Fernsehen. Als ich erfahren habe, was andere Promis so als Gage bekommen, bin ich fast vom Stuhl gefallen.
Abdu: Wenn wir in anderen Formaten mitmachen, können wir die Gage jetzt natürlich höher setzen.
Ist das eine Option für euch? Ab ins Dschungelcamp?
Jessi: Das wäre was für mich, ja. Ich liebe es, mich neuen Herausforderungen zu stellen. Ich brauche Action.
Abdu: Ich bin eher für Party- und Freizeit-Formate zu haben. Oder Scripted Reality wie "Berlin Tag und Nacht". Vielleicht kommt da ja in Zukunft was.
Abdu, Kim hat dich geküsst. Kurz daraufhin war sie nicht mehr Teil der Sendung, was RTL zunächst versucht hatte unter den Tisch zu kehren. Was ist da genau vorgefallen?
Abdu: Kim hat mich ungefragt geküsst und ich hatte so viel getrunken, dass ich einen Filmriss hatte. Die anderen Kandidaten haben mir dann erzählt, was passiert ist. Dann gab es ein klärendes Gespräch zwischen Kim und mir, dass allerdings nicht gezeigt wurde. Kim hat dann so viel Hate abbekommen, dass ich gesagt habe - entweder sie geht oder ich.
Jessi: Das war wirklich krass. Kim da echt viel abbekommen - von Vergewaltigungs- bis Morddrohungen. Auch das Wiedersehen ist komplett eskaliert, alle haben irgendwann nur noch durcheinander geschrien. Das wurde aber auch rausgeschnitten.
Wenn doch so wichtige Stellen fehlen: Wie real ist Reality-TV eurer Erfahrung nach?
Jessi: Schon sehr real. Klar, kann man nicht alles zeigen und manchmal wird etwas dramatischer geschnitten, als es war. Aber insgesamt wurde es schon so gezeigt, wie es war. Während dem Dreh fühlt sich auch alles viel intensiver an, als es dann im Fernsehen rüberkommt.
Bereut ihr die Teilnahme inzwischen?
Beide: Nein.
Jessi: Klar, hätten wir uns viel Schmerz und Leid erspart. Aber im Endeffekt sind wir gestärkt aus der Sendung gegangen.
Und als Influencerin arbeiten zu können, lohnt sich finanziell sicherlich auch, oder?
Jessi: Ja. Ehrlich gesagt verdiene ich mit einem Post mehr, als monatlich in meiner Ausbildung als Bürokauffrau. Das ist schon verrückt. Aber ich kann das Geld gut gebrauchen, wenn's so weiter geht, kann ich mir vielleicht bald ein Auto leisten.
Und wie geht es für dich weiter Abdu?
Abdu: Ich arbeite als Tätowierer und konzentriere mich auf meine Musik. Und wer weiß, vielleicht sieht man uns beide ja schon bald wieder im Fernsehen.