Tante M öffnet sonntags: Streit um Nahversorger entbrannt
Das Unternehmen betreibt in der Region Heilbronn mehrere Filialen und wächst weiter. Es gibt aber Kritik an einem Teil des Konzepts.

In den kleinen Geschäften der neuen Kette Tante M kaufen Kunden selbstständig ein. Kein Mitarbeiter kassiert, die Menschen sind in den Nahversorgern auf sich allein gestellt. Bewohner von Dörfern auch in der Region Heilbronn freuen sich, dass so wenigstens manche Lebensmittel vor Ort zu kaufen sind. Es gibt aber Kritik an Teilen des Konzepts, denn die Geschäfte öffnen sonntags. Das stößt der „Allianz für den freien Sonntag“ sauer auf. Das Land sieht Handlungsbedarf.
Die Franchise-Kette Tante M hat in der Region Befürworter.Sie wächst, gleich zwei Filialen sollen in Teilorten von Hardthausen eröffnen. Untergruppenbachs Bürgermeister Andreas Vierling bezeichnet sich selbst als „Tante-M-Fan der ersten Stunde“, im Teilort Unterheinriet befindet sich eine der erfolgreichsten Filialen. Über die Kritik am Sonntagsverkauf wundert sich der Rathauschef. An Tankstellen bekomme man auch Lebensmittel. Für ihn sind Tante-M-Geschäfte „begehbare Verkaufsautomaten“.
Filialen in Hardthausen kommen: Die Nahversorgungskette Tante M wächst in der Region Heilbronn
Aus Sicht der „Allianz für den freien Sonntag“ handelt es sich bei den Geschäften um Verkaufsstellen im Sinne des Ladenöffnungsgesetzes, die an Sonn- und Feiertagen geschlossen sein müssen. Der Zusammenschluss, zu dem Kirchen, kirchliche Gruppen und Gewerkschaften gehören, hat das Land aufgefordert, zu handeln. „Es ist keine Bagatelle, wenn der verfassungsrechtlich geschützte Sonntag durch die regelmäßige Sonntagsöffnung einer Vielzahl kleiner Läden tangiert wird“, so Wolfgang Krüger vom Verdi-Landesbezirk Baden-Württemberg.
„Wir sehen kein besonderes öffentliches Interesse, das für die Sonntagsöffnung der Tante-M-Läden spricht“, so Eberhard Vogt, Diözesanvorsitzender des Kolpingwerks Rottenburg-Stuttgart. „Eine Öffnung von Montag bis einschließlich Samstag würde völlig ausreichen, um dem Ziel einer besseren Nahversorgung nachzukommen.“ Zudem befürchtet die Allianz nach eigenen Angaben, dass es durch die Sonntagsöffnung der Tante-M-Läden zu Nachteilen für andere Nahversorger komme.
Christian Maresch, Chef der Tante-M-Kette, sieht sich im Recht, setzt aber zugleich auf die Landespolitik. „Wir werden es auf politischer Ebene gelöst bekommen."
So schätzt das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg die Situation ein
Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg tauscht sich nach Angaben eines Sprechers „seit einiger Zeit darüber im politischen, wirtschaftlichen, kirchlichen und gesellschaftlichen Raum aus“. Das Thema sei komplex, zwei Interessenlagen träfen aufeinander. „Auf der einen Seite geht es um den Schutz des Sonntags als arbeitsfreien Tag und die Sonntagsruhe, auf der anderen Seite um die Chancen einer funktionierenden Nahversorgung im ländlichen Raum und damit um dessen Stärkung“, so der Sprecher auf Anfrage. „Beide Seiten miteinander in Einklang zu bringen, stellt eine Herausforderung dar.“ Eine überwiegende Anzahl an Gründen spricht für das Ministerium dafür, dass automatisierte Verkaufsstellen dem Ladenöffnungsgesetz und somit der Sonntagsschließung unterliegen. Der Umgang damit sei Gegenstand der Gespräche.
„Mit autonomen Verkaufskonzepten besteht die Möglichkeit, gerade im ländlichen Raum die vorherrschende Lücke der innerörtlichen Nahversorgung zu kompensieren“, betont Eppingens Oberbürgermeister Klaus Holaschke, der Erster Vizepräsident des Gemeindetags ist. Es seien flexible, niederschwellige Angebote. "In größeren Gemeinden und Städten mit etablierter Infrastruktur mit Personalbedarf und Plänen zum Ausbau sehe ich die autonomen Formen jedoch als Konkurrenz." Sonntagsöffnungen sollten für ihn die Ausnahme bleiben.
Dorfladen Jagsthausen: In der Region darf ein Nahversorger an vielen Sonntagen öffnen
Der Dorfladen Jagsthausen darf an 40 Sonntagen pro Jahr öffnen, sagt Vorstandssprecher Erwin Eckert. Grund dafür sei eine Ausnahmeregelung für touristisch geprägte Orte. Der Schwerpunkt am Sonntag liege auf dem dazugehörigen Café, kaum ein Kunde kaufe sonntags Lebensmittel für eine ganze Woche ein, berichtet Erwin Eckert. Insgesamt kämen zwischen 300 und 400 Kunden an diesen Tagen, darunter viele Ausflügler und Radler, die dort eine kleine Pause machen.
Die erlaubte Gesamtzahl an Öffnungstagen schöpft der Laden kaum aus: Im März gehe es mit Sonntagsöffnung los, im Oktober sei Schluss. Dann seien weniger Ausflügler unterwegs, auch die Burgfestspiele seien vorbei. „Im Winter fällt der touristische Faktor weg.“