Standing Ovations für "s'Konfirmandefescht" in Neuenstadt
Die Flädlesuppe schmeckt eben auch nach über 40 Jahren noch: Das Publikum feiert die Premiere von "s'Konfirmandefescht" bei den Freilichtspielen Neuenstadt mit Standing Ovations.
Die Stimmung im Neuenstadter Schlossgraben am Freitagabend ist bombig: Kaum hat Wolfgang Apfelbach alias Onkel Willi die Bühne betreten und schwätzt im breitesten Schwäbisch, wie ihm der Schnabel gewachsen ist, da kichert das Premierenpublikum schon heftig.
Während "s'Konfirmandefescht" bei den Freilichtspielen Fahrt aufnimmt und die liebe Familie rund um den Jubeljungen Fritz futtert und säuft, stichelt und streitet, steigert sich die Fröhlichkeit der Zuschauer vom lauten Lachen bis zum Schenkelklopfer. So sehr, dass die eine oder andere zwischen Mustertapete, Röhrenfernseher und Flädlesuppe platzierte Gemeinheit fast untergeht.
Es geht zur Sache
Es ist ein Wagnis, das das Amateur-Ensemble mit der diesjährigen Stückauswahl eingegangen ist. "s'Konfirmandefescht" basiert auf dem Klassiker "Schweig, Bub!" von Fitzgerald Kusz, übertragen in über 13 Dialekte. Es ist das Paradestück des Volkstheaters. So etwas hat es im Schlossgraben bisher noch nicht gegeben. Aber der Einsatz hat sich gelohnt, der Funke springt über. Zart besaitet dürfen Zuschauer indes nicht sein, es geht durchaus derb zur Sache. Der Autor hat eben dem Volk aufs Maul geschaut.

Los geht es noch regelrecht harmlos. Tante Anna (toll: Jennifer Haas) erinnert sich an eine Flädlesuppe kürzlich im Restaurant: "Das reinste Wasser!" Mit hochgezogenen Brauen nimmt sie einen Löffel voll. "Deine kann man immerhin essen", schießt sie einen Pfeil in Richtung Hausherrin Gretl (Corina Deininger) ab.
Doch auch wenn Vater Hans, aus dem Lars Tönnies einen herrlich spießbügerlichen Choleriker macht, Cousine Hannelore (Sabine Englert) nach ihrem Striptease zu später Stunde fast in den Ausschnitt fällt oder dem Konfirmanden und dessen Mutter laut brüllend die Faust entgegenstreckt: Das Ensemble unter Regie von Freilichtspiel-Urgestein Eberhard Birn bleibt seiner Linie treu und bietet seinen Zuschauern einen beschwingten Abend. Manche Spitze greift tief, trotzdem gleitet das Schauspiel nie ins Tragische oder die Burleske ab.
Brote, Braten, Suppe, Torte, Bier, Wein, Schnaps

Die Herausforderung für die acht Amateurschauspieler ist hoch. 90 Minuten stehen sie fast durchgängig auf der Bühne, es bleibt kaum Zeit zum Luft holen. Denn die Familie lacht und streitet, weint und wütet nicht nur. Es wird auch ununterbrochen gegessen und getrunken, weiter als ein paar Meter bewegt sich niemand vom Esstisch fort. Brote, Braten, Flädlesuppe, Torte, Bier, Wein, Schnaps - kein voller Mund darf den Einsatz vereiteln.
Nur Fritz, gespielt vom 15-jährigen Laurin Härterich, der seine echte Konfirmation erst im vergangenen Jahr gefeiert hat, wird immer wieder übers Maul gefahren. Die Augen verdreht er trotzdem ganz wunderbar, kaum dass die Bagage ihm den Rücken zudreht.
Von wegen ausgenudelt
1976 wurde das Stück uraufgeführt. Ausgenudelt ist die Thematik aber nicht, man muss nur an die jüngst mit Christoph Maria Herbst verfilmte Komödie "Der Vorname" denken. Die Gespräche im Stück passen auch heute noch: die Bekannten, das Essen, das Eheleben. Und auch die Charaktere dürften in jeder Familie zu finden sein. Und das Frauenbild? Als die Herren sich besäuselt zum Spazierengehen aufmachen, damit die Damen den Haushaltspflichten nachkommen, ruft einer im Publikum grinsend: "Gute Idee!". Die Frau nebendran zieht die Augenbrauen hoch.
Das Ensemble dagegen wird am Ende mit Standing Ovations belohnt. Die Flädlesuppe schmeckt halt auch nach über 40 Jahren noch gut.
Tickets und Preise
Fitzgerald Kusz hat seinen Klassiker "Schweig, Bub!" in fränkischer Mundart geschrieben. Fritz Schneider hat das Volksstück ins Schwäbische übertragen. Regisseur Eberhard Birn bearbeitete "s'Konfirmandefescht" für die Neuenstadter Bühne. Die Freilichtspiele zeigen das Stück noch bis Sonntag, 28. Juli. Tickets kosten je nach Block zehn bis 13 Euro. Es gibt sie beim Reisebüro Böhm in Heilbronn, bei Stefans Kaufhaus in Neuenstadt, im Büro der Freilichtspiele und unter www.freilichtspiele-neuenstadt.de. Auf den Eintritt erhebt der Verein seit 2018 eine Investitionsabgabe von zusätzlich drei Euro, sie fließt in den nahezu abgeschlossenen Umbau der Vereinsgebäude.
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