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So verlief die erste nächtliche Ausgangssperre in Heilbronn

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Es ist die erste Nacht, in der im Corona-Brennpunkt Heilbronn die nächtliche Ausgangssperre greift. Die Polizei führte ab 21 Uhr mit Unterstützung des Technischen Hilfswerks Straßenkontrollen durch.


Es ist kalt geworden, als das Technische Hilfswerk am Ausgang der Stuttgarter Straße seine großen Strahler aufgebaut hat. Die Straße ist in beiden Richtungen hell erleuchtet. Auch die Polizisten stehen schon um 20.30 Uhr bereit, um die angekündigten Straßenkontrollen durchzuführen. Das Thermometer zeigt inzwischen minus ein Grad.

„Wir werden heute großzügig sein, das Gespräch steht im Vordergrund“, betont Polizeidirektor Thomas Nürnberger, der den gesamten Einsatz in Heilbronn in dieser Nacht leitet. Die Polizisten haben an allen fünf Einfallstoren der Stadt Kontrollstellen eingerichtet.

Fahrzeuge Punkt 21 Uhr wird es ernst. Die Beamten stoppen alle Fahrzeuge, die aus Richtung Untergruppenbach kommen. „Das habe ich nicht gewusst, dass ich jetzt nicht mehr fahren darf“, sagt eine junge Frau, die mit einem Auto mit Kennzeichen aus Winnenden unterwegs ist. „Künftig achte ich drauf“, versichert sie. „Gut, schönen Abend noch“, wünscht der freundliche Polizist, der sie kontrolliert. 

Es ist die erste Nacht, in der in der Stadt Heilbronn die verhängte Ausgangssperre greift. Zwischen 21 und 5 Uhr ist der Aufenthalt außerhalb der Wohnung nur noch aus triftigen Gründen erlaubt. Dazu zählen die Berufsausübung, Einsätze von Feuerwehr und Rettungsdiensten, die Begleitung von unterstützungsbedürftigen Personen und die Inanspruchnahme medizinischer Versorgungsleistungen.

Keine dieser triftigen Gründe kann der Mann mit Heilbronner Kennzeichen vorweisen, der wenig später auf der Stuttgarter Straße unterwegs ist. „Das habe ich noch gar nicht mitgekriegt“, betont er, als er von den Polizisten angehalten wird. „Ich fahre jetzt sofort heim“, beteuert er.

 


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Trotz des großen Polizeiaufgebots bleibt die Situation entspannt. Die meisten Autofahrer haben Verständnis für die Kontrollen, nur Einzelne schütteln den Kopf oder wollen nicht verstehen, warum sie angehalten werden. „Ich hatte gehofft, dass die Aufklärung angekommen ist und nicht viele Menschen unterwegs sind. Und bisher ist es auch so. Die Leute sind bisher sehr einsichtig“, freut sich der Heilbronner Polizeipräsident Hans Becker, der vor Ort ist.

Das bestätigen auch die Zahlen, die die Polizei am nächsten Tag vorlegt. Beim Großteil der 1600 Personen in den rund 1200 kontrollierten Fahrzeugen handelte es sich um Berufspendler, die von der Ausgangsbeschränkung nicht betroffen sind. Auch wer im Landkreis Heilbronn unterwegs ist und dabei die Stadt durchfährt, verstößt nicht gegen die neuen Corona-Bestimmungen. Noch nicht, denn der Landkreis überschritt gestern am dritten Tag in Folge die 200er Schwelle bei der Sieben-Tage-Inzidenz. Auch dort wird also ab Freitag eine Ausgangssperre greifen.

Polizei stellt 23 Verstöße fest

In der Nacht auf Mittwoch werden in der Stadt insgesamt nur 23 Verstöße festgestellt. Dennoch hat die Polizei auch in den kommenden Tagen Kontrollen angekündigt. Nicht nur für Polizeipräsident Hans Becker ist dies eine enorme zusätzliche Aufgabe, die auf seine Beamten zukommt. „Ich bin schon viele Jahre in dem Beruf, aber ich habe so ein Jahr mit derartigen Herausforderungen für die Polizei noch nicht erlebt“, bekennt der Polizeipräsident. Er hofft nun, dass sich die Menschen an die Verordnungen halten, so dass die Kontrollen in den kommenden Tagen zurückgefahren werden können. „Wir fahren jetzt auf Sicht und schauen, wie sich die Lage entwickelt“, betont Becker. 

An der Stuttgarter Straße entspannt sich die Situation schnell. Schon um 21.30 Uhr kommen nur noch vereinzelt Autos an die Kontrollstelle. „Soll ich nicht mehr arbeiten? Ich komme vom Geschäft und will nach Hause“, sagt ein Heilbronner forsch, der unweit der Kontrollstelle wohnt. So geht es jetzt den meisten, die in der Nacht noch unterwegs sind.

Einige haben eine Bescheinigung vom Arbeitgeber dabei, die nachweist, dass sie im Schichtbetrieb arbeiten. Die kontrollierenden Polizisten bleiben locker und sorgen dafür, dass sich die Situation schnell entspannt. „Schönen Abend noch“, lautet in dieser langen Nacht die Standartantwort, die meist von einem Lächeln begleitet wird. 

 


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So kalt wie die Temperaturen an diesem denkwürdigen Tag, wirkt auch die Heilbronner Innenstadt, trotz Weihnachtsbeleuchtung und den Lichtern, die noch aus den Schaufenstern der Einzelhandelsgeschäfte schimmern. Bereits gegen 20 Uhr sind Straßen und Plätze wie leer gefegt. Nur wenige Menschen huschen noch durch die Fleiner Straße oder die Sülmer City. An den Bushaltestellen an der Allee oder am Marktplatz steigen vereinzelt Menschen aus und gehen schnell nach Hause, die Geschäfte schließen, schon vor 21 Uhr kehrt eine gespenstische Stille ein.

Um 22.50 Uhr ist die Innenstadt menschenleer. Auf dem Weg vom Wollhaus bis zum K3 begegnet dem Reporter keine Seele, nicht mal der Ordnungsdienst ist unterwegs. Nur die auf der Kaiserstraße vorbeifahrende Buslinie 661 bringt zwei Männer ins Zabergäu.

Die Situation hat etwas Surreales. Wo sonst rund um den Marktplatz und die Kilianskirche der Weihnachtsmarkt Glanz verbreitet und sich die Menschen gemeinsam auf das nahende Fest freuen, herrscht jetzt Totenstille. So trostlos der Gedanke ist – an die Adventstage mit Ausgangssperre und leeren Straßen wird man sich in diesem Corona-Jahr gewöhnen müssen. Die Allgemeinverfügung, die Stadt und Land erlassen haben, gilt mindestens bis zum 20. Dezember.

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