SLK-Kliniken bereiten sich auf Coronavirus-Fälle vor
An den SLK-Kliniken in Heilbronn bereitet man sich auf die Behandlung von Patienten mit Coronavirus vor. Erkrankte sollen voraussichtlich an der Lungenklinik Löwenstein behandelt werden. Unterdessen gibt es in Deutschland einen ersten nachgewiesenen Fall.

Die Bundesregierung erwägt, ausreisewillige Deutsche aus China auszufliegen. Eine Evakuierung werde in Betracht gezogen, sagte Außenminister Heiko Maas (SPD) gestern in Berlin. Andere Länder wie Frankreich und die USA haben solche Rückholaktionen bereits in die Wege geleitet. In der besonders betroffenen Metropole Wuhan in Zentralchina, dem Ausgangsort der Epidemie, leben etwa 90 Deutsche, sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts. Von der Krankheit sei nach derzeitigem Stand niemand aus der Gruppe betroffen, hieß es weiter.
SLK geht davon aus, dass es auch in der Region einzelne Fälle geben wird
An den SLK-Kliniken in Heilbronn bereitet man sich auf die Behandlung von Patienten mit Coronavirus vor. Die für Hygiene und Infektionsprävention zuständige Ärztin Maria Martin sagte unserer Redaktion: "Ich gehe nicht von einem Massenanfall von Erkrankten in unserer Region aus, aber durch die internationalen Konzerne kann es schon sein, dass wir einzelne Verdachtsfälle bekommen, die sich dann womöglich auch durch die Diagnostik bestätigen."
Wie sollte man sich beim Verdacht auf das Virus verhalten?
Info für Ärzte
In der SLK-Lungenklinik Löwenstein findet am Dienstag, 4. Februar, eine Infoveranstaltung für Ärzte statt. Experten der Lungenklinik und des SLK-Instituts für Infektionsprävention und Klinikhygiene besprechen, worauf Mediziner im Umgang mit dem Coronavirus achten sollten. Das Sozialministerium in Stuttgart hat die Ärzte im Land laut einer Mitteilung bereits in der vergangenen Woche über das Vorgehen bei Verdachtsfällen informiert.
Die besondere Problematik sei, "dass derzeit von der Symptomatik her ähnliche Erkrankungen zusammenkommen". Bei Beschwerden wie Fieber, Husten und Schnupfen sei eine Influenza (klassische Virusgrippe) jedoch die wahrscheinlichere Diagnose. Menschen, die kürzlich in China gewesen seien und nun Symptome zeigten, rät sie, sich zunächst telefonisch bei ihrem Arzt zu melden und dort um Rat zu fragen. Ein längerer Aufenthalt im Wartezimmer sei zu vermeiden, um andere Patienten nicht anzustecken.
SLK arbeitet laut Martin an einem Plan für den Umgang mit Coronavirus-Fällen: Schulungen des Personals würden auf den Weg gebracht und die Behandlungswege festgelegt. Eine Überlegung sei, dass am Coronavirus Erkrankte an der SLK-Lungenklinik Löwenstein behandelt werden - in dem Umfang, in dem es die Kapazitäten erlauben. "Dort haben wir unsere Fachleute für pulmonale Erkrankungen", so Martin. Von Prognosen, wie der weitere Verlauf der Erkrankungswelle aussehen wird, hält sie wenig: "Wir können das im Moment nicht wirklich abschätzen, weil nicht genügend Zahlen und Infos vorliegen."
Bei Verdacht auf das Coronavirus beim Arzt anrufen
Erster Ansprechpartner bei grippeähnlichen Symptomen ist der Hausarzt oder der ärztliche Notdienst während der Praxis-Schließzeiten. Der Heilbronner Ärztesprecher Martin Uellner weist darauf hin: Beim Verdacht auf eine Erkrankung mit dem Coronavirus sollen sich Patienten unbedingt zuerst telefonisch beim Arzt oder bei der Notdienst-Hotline der Kassenärztlichen Vereinigung, Telefon 116117, melden.
"Gerade wenn jemand in den vergangenen 14 Tagen in China war oder Kontakt zu Personen aus China hatte, sollte er auf gar keinen Fall direkt in die Praxis kommen, sonst besteht die Gefahr, alle anderen anzustecken." Die Krankenkasse Barmer hat unter 0800/84 84 111 eine kostenlose Hotline geschalten, unter der sich alle Bürger rund um die Uhr zum Thema informieren können.
An Influenza sterben pro Jahr bis zu 20.000 Menschen in Deutschland
Erster Fall in Deutschland
In Deutschland gibt es einen ersten nachgewiesenen Corona-Fall. Ein Mann in Bayern hat sich mit dem Erreger infiziert. Heute Vormittag hat das bayerische Gesundheitsministerium und das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit die Öffentlichkeit informieren.
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) betonte gestern erneut, Deutschland sei für den Fall eines Auftretens des neuen Coronavirus gut gewappnet. Das Robert-Koch-Institut für Infektionskrankheiten und andere nationale Behörden seien in ständigem Austausch mit den Behörden der Bundesländer, national und international.
"Im Fall der Fälle weiß jeder, wer verantwortlich ist und was er zu tun hat", so Spahn. Auch aus der Sars-Epidemie 2002/2003 habe man gelernt. Zum Krankheitsverlauf beim Coronavirus sagte Spahn, dieser falle etwas milder aus als etwa bei einer Influenza. "An einer Grippe, wenn sie schwer verläuft, sterben in Deutschland bis zu 20.000 Menschen im Jahr."
Sportveranstaltungen werden verlegt, Reisen können abgesagt werden
Die Befürchtung, das Virus könnte sich ausbreiten und die chinesische Wirtschaft schwächen, ließ die Preise für Heizöl und Benzin fallen. Der Dax ging auf Talfahrt.Unterdessen wurde die Verlegung zweier Sportveranstaltungen beschlossen. Die Radrundfahrt Tour of Hainan wurde abgesagt, wie der Radsport-Weltverband UCI bestätigte. Der Basketball-Weltverband Fiba hat das Olympia-Qualifikationsturnier der Frauen von Foshan in China nach Belgrad verlegt.
Das Auswärtige Amt in Berlin riet dazu, nicht notwendige Reisen in die betroffenen Gebiete zu verschieben. Der Reiseveranstalter Studiosus hat Reisen nach China bis Mitte April abgesagt. Auch andere deutsche Reiseveranstalter kündigten an, Kunden könnten Trips umbuchen oder stornieren.
Kommentar "Ängste nehmen"
Die Bilder aus China erinnern an einen Katastrophenfilm: Millionenstädte sind von der Außenwelt abgeschottet. Die wenigen Menschen, die noch im Freien unterwegs sind, tragen Atemschutzmasken. Innerhalb weniger Tage lässt die chinesische Regierung ein neues Hospital aus dem Boden stampfen, um die vielen Tausend am Coronavirus Erkrankten überhaupt noch behandeln zu können.
Angesichts dieser Szenen kann man schon in Sorge verfallen. Doch wie berechtigt ist die Angst vor einer weltweiten Ausbreitung des Virus − einer Pandemie gar, die wie die Spanische Grippe vor 100 Jahren Millionen Tote forderte? Und wie stark wird Deutschland betroffen sein?
All das lässt sich im Moment noch nicht seriös abschätzen, sagen auch regionale Experten. Verschiedene Forschergruppen haben aufgrund der bisher bekannten Zahlen von Erkrankten und Toten Berechnungen über den weiteren Verlauf der Coronavirus-Epidemie angestellt − und teils wieder nach unten korrigiert. Es gibt noch zu wenige Informationen und Erkrankte, um sichere Aussagen über die Ausbreitungsgeschwindigkeit treffen zu können.
In dieser unübersichtlichen Lage helfen Transparenz und Information der Öffentlichkeit, auch SLK setzt darauf. Das ist gut so, um der Bevölkerung auch manche womöglich irrationale Angst zu nehmen.