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Neuer SLK-Geschäftsführer Harald Becker: "Doppelstrukturen sind Vergangenheit"

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Harald Becker, seit Januar Co-Geschäftsführer im SLK-Verbund, spricht im Interview über seine Eindrücke nach drei Monaten im Amt. Er sagt, die Ausgangslage von SLK sei hervorragend, Prozesse und Strukturen müssten aber an moderne Bedarfe angepasst werden.

Seit dem Jahreswechsel ist Harald Becker Co-Geschäftsführer der SLK-Kliniken Heilbronn GmbH. Privat ging das Leben in Heilbronn holprig los für Becker und seine Familie, bei ihnen wurde eingebrochen. Für den Verbund ist er optimistisch. Von Bedingungen wie bei SLK könnten andere Häuser nur träumen, sagt er.

Was war Ihr Bauchgefühl, als sie zum ersten Mal zu SLK gekommen sind?

Harald Becker: (lacht) Boah, das ist schon ein Riesenladen. Ich habe Respekt gehabt vor der Größe der Einrichtung. Inhaltlich kann ich als jemand, der schon in vielen Gesundheitseinrichtungen in Deutschland unterwegs war, sagen, wir haben eine fantastische Ausgangssituation: finanziell, was die Neubauten angeht, und auch durch die große Unterstützung unserer Gesellschafter, von Fördervereinen und Stiftungen. Aber natürlich haben auch wir harte operative Themen wie den Personalmangel in der Branche.


Wo sehen Sie die größten Herausforderungen für SLK?

Becker: Wir müssen an die gesamte Ablauforganisation und das Prozessmanagement ran. Wir haben teilweise historisch gewachsene Strukturen, die lange gut waren, die wir aber in dieser Form nicht fortführen können angesichts von Digitalisierung, KI und Fachkräftemangel. Wir müssen alles hinterfragen und an Doppelstrukturen ran. Es kann zum Beispiel nicht sein, dass ein Patient, der an unterschiedlichen Stellen unseres Verbundes behandelt wird, mehrere Sonografien bekommt. Sowas wird auch nicht mehr bezahlt. Auch die Entwicklung zum Gesundheitscampus mit mehr ambulanten Strukturen ist ein großes Thema. Wir müssen enger mit niedergelassenen Ärzten zusammenarbeiten und Versorgungsketten aufbauen, um die bestmögliche Gesundheitsversorgung herzustellen.


Die Notaufnahme am Gesundbrunnen steht seit Jahren in der Kritik.

Becker: Wir bieten ein großes Leistungsspektrum an, deshalb werden wir auch stärker frequentiert als kleinere Häuser. Es wäre eine Illusion zu glauben, dass sich die Wartezeiten ohne Weiteres verringern lassen. Eine Kernfrage ist deshalb für mich: Wie können wir die Wartezeit für Patienten bestmöglich gestalten? Und natürlich schauen wir uns auch hier Abläufe und Prozesse an, also wie kann man in hochfrequentierten Notaufnahmen schneller arbeiten? Wir müssen uns außerdem stärker um Mitarbeiter bemühen.


Wie wollen Sie das angehen?

Becker: Bei den Themen Mitarbeiterorientierung und Kulturwandel müssen wir uns wesentlich mehr engagieren. Insofern muss es darum gehen, wie wir es schaffen, unsere Mitarbeiter zu halten und neue zu rekrutieren. Wir zahlen nach TVöD und liefern Spitzenmedizin mit Top-Equipment. Wo wir besser werden können, sind die Themen Arbeitszeitgestaltung und Umgang miteinander, zwischen den Häusern und zwischen den Berufsgruppen.


Wie stellen Sie das an?

Becker: Enger zusammenrücken, transparenter sein. Dafür haben wir schon gute Kanäle, wie unsere Mitarbeiterzeitschrift und das Intranet, aber in der Pandemie haben die sozialen Kontakte und der Austausch massiv gelitten. Nun müssen wir Zusammenarbeit wieder intensiver organisieren, auch mit banalen Dingen wie einer Eisausgabe im Sommer, Mitarbeiterfesten, speziellen Angeboten in der Kantine. Gemeinsam auch mal lachen zu können, ist mir ganz wichtig und dass ich ansprechbar bin für die Mitarbeiter. Deshalb bin ich auch viel in den Kliniken unterwegs.


Wie kommt das an?

Becker: Am Anfang habe ich gefragt, ob ich mich in der Kantine zu Leuten setzen kann, inzwischen setzen sich Mitarbeiter zu mir. Und ich werde angesprochen, wenn ich in verschiedenen Bereichen unterwegs bin. Ich will nahbar sein, das drückt sich auch dadurch aus, dass ich selten Anzug trage. Meistens habe ich Jeans und Pulli an.


Die Fluktuation im Management hat im vergangenen Jahr für große Unruhe gesorgt. Wie nehmen Sie das Thema wahr?

Becker: Ganz ehrlich: Wenn der Personaldirektor und die Pflegedirektorin gehen und dann noch ein langjähriger Standortverantwortlicher, dann ist das keine hohe Fluktuation. Da gibt es in der Branche, gerade bei privaten Konzernen, ganz andere Werte. Aber insgesamt muss es schon darum gehen, attraktiver zu werden als Arbeitgeber und Akzente zu setzen in Sachen Betriebsklima.


Was erwarten Sie sich von der Krankenhausreform?

Becker: Ich erwarte, dass alle unsere Häuser von der Reform profitieren. Aber es wird sich manches ändern, Redundanzen werden nicht mehr bezahlt und müssen beseitigt werden. Auch diesbezüglich wird es um Prozessoptimierung und Schnittstellen gehen. Einrichtungen, die zwar alle für sich top organisiert sind, aber in der Zusammenarbeit nicht funktionieren, kann es nicht mehr geben.


Bedeutet das auch, dass es künftig nur noch eine orthopädische Klinik oder eine Kardiologie innerhalb des Verbunds gibt?

Becker: Nein, das heißt es nicht, denn unsere Einrichtungen sind ja gleichzeitig notwendig für die Grundversorgung. Es geht um Leistungsgruppen, also zum Beispiel darum, wo künftig Schultern operiert werden oder Hüften. Insofern wird es zu klaren Schnitten kommen in unserer Medizinstrategie.


Diese Aussagen sind neu.

Becker: Es hilft ja nichts, unabhängig davon, was wir wollen, wird das kommen. Doppelvorhaltungen werden nicht mehr bezahlt. Die Herausforderung für uns ist, eine Strategie zu entwickeln, um unsere Häuser vor dem Hintergrund der Reform zukunftsfähig zu machen. Dazu gehört auch, unsere Leistungen zu bündeln und zu schauen, wie wir sie bestmöglich finanziert bekommen.


Haben Sie schon konkrete Vorstellungen?

Becker: Die Medizinstrategie wird gerade entwickelt und muss zunächst mit dem Aufsichtsrat abgestimmt werden. Klar ist: Es wird am Gesundbrunnen und am Plattenwald Grundversorgung stattfinden, Spezialisierungen und deren Zuordnung werden sich teilweise verändern. Ich bin aber überzeugt, dass alle Standorte profitieren werden.


Der Klassiker zum Schluss: Wie sind Sie in der Region angekommen?

Becker: Naja, am 6. Dezember 2023 bin ich zwar mit meiner Familie in eine sehr schöne Ecke nach Heilbronn-Ost gezogen, aber leider wurde Anfang Februar bei uns eingebrochen, das wirkt doch ziemlich nach bei meiner Familie. Ansonsten ist das für mich fast sowas wie ein Heimspiel. Ich stamme aus Speyer und der Dialekt hier ist mir vertraut, eines meiner Kinder lebt in Besigheim und meine Eltern kann ich auch schneller besuchen als vom Chiemsee aus. Auch dass wir in der Stadt wohnen, aber doch ländlich, gefällt uns sehr gut.

Zur Person: Der Betriebswirt Harald Becker (52) hat in verschiedenen Positionen im Gesundheitswesen gearbeitet. Seit 1. Januar ist er SLK-Co-Geschäftsführer neben Thomas Weber. Harald Becker ist verheiratet und hat fünf Kinder.

 

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