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Secondhand-Kaufhaus in Heilbronn auf mehr Spenden angewiesen

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Das Spendenvolumen ist auf die Hälfte geschrumpft. Dabei sichert das erwirtschaftete Geld die Beschäftigung für Langzeitarbeitslose.

Viel Kleidung, Möbel, Geschirr, Elektrowaren und Bücher gibt es im Kaufhaus.
Viel Kleidung, Möbel, Geschirr, Elektrowaren und Bücher gibt es im Kaufhaus.  Foto: Seidel, Ralf

Das Heilbronner Secondhand-Kaufhaus, drittgrößtes seiner Art in Deutschland, kämpft. Kamen Anfang 2020 noch bis zu neun Corletten, Rollbehälter für gespendete Möbel und Hausrat, in das Geschäft der Aufbaugilde, sind es nun gerade mal drei bis vier am Tag. "Durch Corona und den Krieg in der Ukraine ist das Spendenvolumen auf die Hälfte geschrumpft, Spielzeug ist ganz eingebrochen", sagt Hannes Finkbeiner, Geschäftsführer der Aufbaugilde.

Dass das Kaufhaus zeitweise schließen musste, dann teils nur mit reduzierter Verkaufsfläche öffnen konnte und Spender nur mit Termin Waren anliefern durften, sieht er als Gründe für den Einbruch. "Das hat viele abgeschreckt."

Inzwischen ist die Spendenannahme wieder offen, berichtet Jörg Kiefer, neuer Leiter von Kaufhaus und Logistik. Und den Machern bleibt nur der Blick nach vorn. "Wir müssen Gas geben", sagt Finkbeiner. "Ich gehe davon aus, dass der Zulauf an Kunden die nächsten Wochen massiv zunehmen wird."


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Das Geld fließt in Programme für Langzeitarbeitslose

Das erwirtschaftete Geld fließt in Programme für Langzeitarbeitslose ein, betont auch Geschäftsführer Gerald Bürkert. "Wir brauchen die Spender, um Menschen, die sich auf dem ersten Arbeitsmarkt schwertun, zu qualifizieren und zu beschäftigen."

Menschen wie Birgit S. Sie arbeitet in der Spülstraße. Gerade wäscht sie einen Sandkasten-Bagger und Schaufeln. Das macht sie gern, sagt sie. "Im Kaufhaus herrscht ein gutes Miteinander." Zwei, drei Jahre hing sie in der Schwebe. "Als die Zusage vom Jobcenter kam, dass ich hierher kann, hab ich mich gefreut wie ein kleines Kind."


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Für manchen ist das Kaufhaus wie eine zweite Familie

Auch Werner M. schätzt seinen Arbeitsplatz. Drei Schlaganfälle hat der gelernte Gleisbauer hinter sich, wurde als nicht vermittelbar eingestuft - aber frühberentet wurde er auch nicht. Im Kaufhaus hat er die Aufgabe, die Ware zu prüfen und für den Verkauf vorzubereiten, meist sind es elektrische Produkte. Das Fußbad mit Massagefunktion, das er vor sich stehen hat, hat den Test schon mal bestanden. Werner M. klebt einen OK-Zettel darauf. Was das Kaufhaus ihm bedeutet? "Es ist wie eine zweite Familie", sagt der 51-Jährige.

In den zehn Jahren, die er nun hier ist, hat er sämtliche Maßnahmen durchlaufen. Ein-Euro-Job, das Modellprojekt Malok, mit dem Langzeitarbeitslose gefördert wurden, und zur Überbrückung zwischen zwei Maßnahmen hat ihn die Aufbaugilde sogar ehrenamtlich beschäftigt. "Das war wichtig, um die Tagesstruktur zu erhalten, damit er nicht in ein Loch fällt", sagt Oliver Kraus, stellvertretender Leiter des Kaufhauses. Werner M. nickt. "Dann sitze ich nicht nutzlos daheim herum." Mittlerweise arbeitet er in einer so genannten 16i-Maßnahme, eine öffentlich geförderte Beschäftigung, angelegt auf fünf Jahre, wie die meisten hier.

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Es gibt nicht mehr so viele verschiedene Maßnahmen

Jörg Kiefer (von links), Birgit S., Gerald Bürkert und Oliver Kraus in der Spülstraße. Hier werden gespendete Waren gewaschen, bevor sie in den Verkauf gehen. Geflüchtete aus der Ukraine bekommen 20-Euro-Gutscheine für den Einkauf.
Jörg Kiefer (von links), Birgit S., Gerald Bürkert und Oliver Kraus in der Spülstraße. Hier werden gespendete Waren gewaschen, bevor sie in den Verkauf gehen. Geflüchtete aus der Ukraine bekommen 20-Euro-Gutscheine für den Einkauf.  Foto: Seidel, Ralf

Es ist ein weiteres Problem, mit dem das Kaufhaus kämpft: "Es gibt kaum noch gut finanzierte arbeitspolitische Instrumente", sagt Gerald Bürkert. Oliver Kraus rechnet vor: Gab es vor drei Jahren noch über 70 Menschen in Beschäftigungsmaßnahmen, sind es jetzt gerade noch 33 im Kaufhausbereich, teils ist das auch Corona geschuldet. Mit dem Lager sind es 100 - im Vergleich zu 150 vor einigen Jahren. Meist sind es nun 16i-ler.

"Diese breitere Mischung hat immer unser Überleben gesichert", sagt Kraus. Weil die nicht mehr gewährleistet ist, fordert Bürkert, "dass wir staatliche Grundförderung erhalten". Das Problem hält auch Finkbeiner für gravierend. "Die Arbeitsmarktpolitik hängt immer am Tropf der jeweiligen Regierung. Für uns bedeutet das seit Jahrzehnten eine Achterbahnfahrt."

 
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