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Zurück zum G9: Jetzt sollen die Bürger entscheiden

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Seit fünf Jahren kämpfen zwei Mütter mit einer Elterninitiative für landesweite Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium. Das sind die Gründe dafür.

Abitur mit Corona-Auflagen: Jugendliche sitzen während der Deutsch-Prüfung mit vorgeschriebenen Abstand zueinander in einer Sporthalle.

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Abitur mit Corona-Auflagen: Jugendliche sitzen während der Deutsch-Prüfung mit vorgeschriebenen Abstand zueinander in einer Sporthalle. Foto: dpa  Foto: Felix Kästle

Manchmal, sagt Anja Plesch-Krubner, verliere sie den Mut, und der Frustrationspegel steigt auf einen neuen Höhepunkt. "Ich frage mich dann, warum ich das eigentlich mache. Und wann eigentlich die Sache kippt von Engagement in Dummheit. Aber was mich dann doch hält, ist meine Wut. Die Wut darüber, wie hier mit Kindern und Jugendlichen umgegangen wird. Und dass es niemanden in der Politik gibt, der sich hinstellt und sagt: So geht es nicht weiter." Anja Plesch-Krubner, 54, Mutter und Ärztin aus Heidelberg, kann ein Lied davon singen, was das G8 mit Familien und Kindern macht. Seit fünf Jahren führt sie mit Corinna Fellner, 52, Mutter aus Amtzell im Allgäu, und einem harten Kern anderer Eltern einen Kampf gegen das achtjährige Gymnasium. "Ein Kampf gegen Windmühlen", sagt Plesch-Krubner.

Eine erste Online-Petition startet vor Corona

Die Eltern wollen in Baden-Württemberg zurück zum G9 an allgemeinbildenden Gymnasien. Mit der Turbo-Möglichkeit, durch Überspringen der Klasse 11 auch ein G8 zu machen. Die erste Online-Petition dazu, 2018 gestartet, scheiterte letztlich an Corona. Die zweite, im März 2021 begonnen, fand bislang über 28 000 Unterstützer und startet jetzt durch. Sie ist in einen Volksantrag gemündet, der mit einem Gesetzentwurf beim Landtag eingereicht wurde. Die Initiative will mit der Unterschriftensammlung beginnen. "Das direktdemokratische Verfahren ist das Einzige, mit dem wir Druck auf die Politik ausüben können", sagt Plesch-Krubner.


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Initiatorinnen reden von bis zu zwölf Stunden Unterricht am Tag

Aber Druck im Kessel sei jetzt, wo Lernlücken aus den Corona-Jahren in zusätzlichen Stunden aufgeholt werden sollen, noch höher als schon in den Jahren zuvor. Das erleben die Initiatorinnen in den eigenen Familien. Täglich zehn bis zwölf Stunden Unterricht, Fächer wie Physik oder Chemie nachmittags bis halb fünf, dazu statt der Mittagspause Rückenwind-Angebote - das ist für viele G8-Schüler die Regel. Und dann sind nach 40-Stunden-Wochen noch keine Hausaufgaben gemacht. Zusätzlich zu Lerndruck und Erschöpfung sorgt erschwerend noch die Pubertät für familiären Stress.

So sieht es im Land aus

Für die Politik im Land heißt der Volksantrag: Jetzt könnte es ernst werden. Während andere Bundesländer, auch das bildungsehrgeizige Bayern, längst den Weg zurück vom achtjährigen Turbogymnasium zum neunjährigen Abschluss wieder beschritten haben, ignoriert die Politik in Baden-Württemberg seit Jahren, dass Zufriedenheit mit dem G8 und auch Qualität längst nicht so hoch sind, wie es seitens des Kultusministeriums stets postuliert wird. Das Festhalten an dem G8-Weg mit landesweit 43 G9-Modellversuchen, der unter vielen Pädagogen als Irrweg gilt, hat mehrere Gründe. Der Wichtigste dürfte in einem Prestigeprojekt der Grünen liegen, einst umgesetzt in der grün-roten Landesregierung auf Drängen der SPD: ein landesweites G9 würde die Attraktivität der Gemeinschaftsschulen, für die es theoretisch die Möglichkeit der gymnasialen Oberstufe gibt, drastisch reduzieren. Zudem will die grün-schwarze Landesregierung einen neuen bildungspolitischen Systemstreit vermeiden.

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