Schüsse bei Firma Hänel in Kochendorf: Schütze soll 23 Mal abgedrückt haben
Nach tödlichen Schüssen im Januar in Bad Friedrichshall-Kochendorf geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass sie die Tatwaffe hat. Zudem nennen die Ermittler weitere Details zur Tat und zum mutmaßlichen Täter.
Die Schüsse am Abend des 7. Januar im Pausenraum der Firma Hänel in Bad Friedrichshall-Kochendorf haben Mitarbeiter und viele Menschen in der Region fassungslos zurückgelassen. Zwei Brüder im Alter von 44 und 49 Jahren starben. Ein weiterer Mitarbeiter wurde lebensgefährlich verletzt.
„Es wurden 23 Schüsse abgegeben“, teilt Mareike Hafendörfer, Sprecherin der Heilbronner Staatsanwaltschaft, auf Anfrage der Heilbronner Stimme mit. Die Opfer wurden mehrfach getroffen, unter anderen erlitten sie Verletzungen durch Schüsse am Kopf.
Schüsse in Kochendorf: Laut Staatsanwaltschaft schweigt der Tatverdächtige
Der maskierte Täter flüchtete zunächst. Dabei soll er weiteren Mitarbeitern begegnet sein, er habe diese aber nicht angegriffen. Durch die Ermittlungen der Polizei kristallisierte sich rasch ein Verdächtiger heraus. Noch in der selben Nacht stürmte ein Spezialeinsatzkommando der Polizei das Wohnhaus des mutmaßlichen Schützen in Seckach im Neckar-Odenwald-Kreis.
Der 52-Jährige sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Er hat sich laut Staatsanwaltschaft bisher nicht zu den Vorwürfen geäußert. Bei dem Mann handelt es sich um einen Mitarbeiter der Zahnradfabrik Hänel an der Siemensstraße in Kochendorf. Er war ein Arbeitskollege der Opfer.
Nach Tat in Kochendorf: Polizei durchsucht Wohnhaus in Seckach stellt Pistole sicher
Nach bisherigen Erkenntnissen schoss der Täter nicht wahllos um sich, sondern richtete seine Waffe gezielt gegen die beiden Brüder und den anderen Kollegen. Bei der Durchsuchung des Wohnhauses in Seckach stellte die Polizei zwei Waffen und Munition sicher: eine Repetierbüchse und eine Pistole. Der Tatverdächtige war Mitglied in einem Schützenverein und besaß die Waffen legal.
„Nach den Ermittlungen geht die Anklage davon aus, dass es sich bei einer der sichergestellten Waffen um die Tatwaffe handelt“, sagt Hafendörfer. Es handle sich um eine Selbstladepistole, auch Luger genannt. Das Magazin fasse 15 Patronen des Kalibers 9 mm.
Staatsanwaltschaft Heilbronn: Tatverdächtiger soll Opfern gegenüber „negative Gefühle“ gehegt haben
Wie jetzt bekannt wird, soll der Verdächtige schon vor den Schüssen auffällig gewesen sein und einen weiteren Hänel-Mitarbeiter angegriffen und verletzt haben. Die Hintergründe dieser vorherigen Tat sind nicht bekannt. Bislang gab es zum möglichen Motiv des Tatverdächtigen nur Spekulationen. Die Staatsanwaltschaft geht nach eigenen Angaben davon aus, dass der Angeschuldigte zunehmend negative Gefühle gegenüber zwei der Geschädigten hegte. Für Mobbingvorwürfe hätten sich bis jetzt keine konkreten Anhaltspunkte ergeben.
Die Ermittler erhielten früh Hinweise auf mögliche psychische Probleme des mutmaßlichen Täters. Es hätten sich dazu aber keine weiteren konkreteren Erkenntnisse ergeben, erklärt Hafendörfer. In einem Gerichtsprozess, sollte es so weit kommen, soll dieser Frage nachgegangen werden. Es ist zu erwarten, dass ein Gutachter sich zu dem Aspekt äußern wird.
Mutmaßlicher Täter von Kochendorf soll vor acht Jahren schon mal verurteilt worden sein
Was eventuelle Vortaten des Verdächtigen angeht, haben die Ermittlungen ergeben, dass er bereits vor acht Jahren als gewalttätig auffiel. Im Januar 2017 soll es bei einem früheren Arbeitgeber des Verdächtigen zu einer Körperverletzung gegen einen damaligen Kollegen gekommen sein. Dafür wurde der mutmaßliche Täter von Kochendorf zu einer Geldstrafe verurteilt. Nach den vorliegenden Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft war der Arbeitskollege ein Betriebsrat in jenem Unternehmen. Aufgrund von gesetzlich vorgeschriebenen Löschungsfristen ist die alte Tat nicht mehr im Bundeszentralregister hinterlegt.
Schüsse in Kochendorf: Welche Folgen die Verletzungen für das dritte Opfer haben, ist offen
In Kochendorf soll der 52-Jährige aus Seckach Autos der getöteten Brüder zerkratzt und beschädigt haben, er soll außerdem Autoreifen zerstochen haben. Entsprechende Anzeigen liegen zwar vor, allerdings äußerten die Betroffenen keinen Verdacht, wer das gewesen sein könnte, teilt Hafendörfer mit. „Dementsprechend wurden die Verfahren gegen unbekannt geführt.“ Das dritte Opfer des Todesschützen befindet sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft außer Lebensgefahr. Details zum Heilungsverlauf oder eine Einschätzung zu endgültigen Verletzungsfolgen können derzeit nicht genannt werden.