Schnelles Internet: Es gibt Tücken beim Glasfaseranschluss
Mehrere Kommunen in der Region sollen zeitnah schnelles Internet erhalten. Sorgen bereitet allerdings Glasfaser-Fans die rechtlichen Vorgaben. Hausverwaltungen befürchten, dass das Zeitfenster beim Ausbau zu kurz ist.

Schnelles Internet ist das große Thema in der Region. Fahrt aufgenommen hat die Diskussion über Glasfaser-Anschluss in jedes Haus spätestens zu dem Zeitpunkt, als Unternehmen hier ein lukratives Geschäft gewittert haben. Sie wollen auf eigene Rechnung in den Städten und Gemeinden die Leitungen verlegen, sofern ausreichend Verträge vorliegen. Kommunen im nördlichen Landkreis sollen recht zeitnah schnelles Internet erhalten, auch Brackenheim hat die erforderliche Quote an sogenannten Vorverträgen überschritten.
Sorgen bereitet allerdings Glasfaser-Fans die rechtlichen Vorgaben: Nicht jeder, der sich schnelles Internet wünscht, kann es ohne Weiteres erhalten. Mieter brauchen die Zustimmung des Vermieters. In Mehrfamilienhäusern, die mehreren Eigentümern gehören, stimmt die Eigentümerversammlung darüber ab, wie Kabel im Haus verlegt werden. Das ist nicht ohne.
Einem Hausverwalter fehlt die Zeit, die Eigentümerversammlung einzuberufen
Ein Neckarsulmer Hausverwalter blickt mit Sorge auf den zeitlichen Rahmen, in dem sogenannte Vorverträge mit der in der Region tätigen Deutschen Giga-Netz (DGN) abgeschlossen werden sollen. Bis Ende Februar müssen in Neckarsulm Unterschriften vorliegen. 35 Prozent der Haushalte müssen mitmachen, dann will das Unternehmen investieren. Nur: Mehrfamilienhäuser seien wichtig, so der Hausverwalter in einer Mail an unsere Zeitung. Sie scheinen ein Hebel zu sein, um die Teilnahme von 35 Prozent der Haushalte zu erreichen. "Man geht aber hier völlig unprofessionell vor", so der Hausverwalter, der namentlich nicht in der Zeitung stehen will. Er könne nicht einfach dem Unternehmen per Unterschrift gestatten, das Haus anzubinden. Dafür brauche es eine Eigentümerversammlung, "die in Corona-Zeiten nahezu nicht darstellbar ist". Der Verwalter betont, dass er kein Gegner des Glasfaserausbaus sei. "Nur werden hier Dinge über das Knie gebrochen, die Zeit brauchen."
Brackenheimer Hausverwalter geht einen Sonderweg
Die Bedenken sind kein Einzelfall, allerdings müssen die Eigentumsverhältnisse keinesfalls den Breitbandausbau ausbremsen. Das verdeutlicht das Beispiel Brackenheim, wo sich Ende 2021 bereits über 35 Prozent der Haushalte für einen Glasfaseranschluss entschieden haben. Laut einer Pressemitteilung ist die Stadt nun "die erste Kommune aus der Gigabit-Region Heilbronn-Franken", die an das Glasfasernetz angeschlossen werde. Soeren Wendler, Geschäftsführer der Deutschen Giga-Netz, sagt: "Unser Ziel ist es, möglichst viele Kommunen in Heilbronn-Franken auszubauen."
Allerdings: In einigen Mehrfamilienhäusern stehen die entscheidenden Eigentümerversammlungen noch aus. Margit Seiz ist beim Brackenheimer Unternehmen PBS Wohnbau in der Hausverwaltung tätig. Sie bestätigt die Befürchtungen ihres Neckarsulmer Kollegen, dass es kein Leichtes sein muss, einen Glasfaseranschluss in ein Mehrfamilienhaus zu legen, wenn dort mehrere Eigentümer das Sagen haben. "So kurzfristig bekomme ich keine Versammlung hin." In Brackenheim hätten die Haushalte nur wenige Monate Zeit gehabt, sich definitiv über einen Anschluss Gedanken zu machen. Das sei "relativ kurzfristig" gewesen, erinnert sich Margit Seiz. Sie wählte deshalb einen besonderen Weg: Wer in einer Wohnung wohnt und Glasfaser will, der solle zwar bei der DGN unterschreiben - aber nur mit dem Vorbehalt, dass dann noch die Eigentümer zustimmen. Dieses Votum steht in vielen Fällen noch aus. Erst wenn die Details zum Anschluss vorliegen, wenn klar ist, wie genau das Glasfaser ins Haus kommen soll, will Margit Seiz die Eigentümer darüber abstimmen lassen.
Das Glasfaser-Unternehmen kennt die Schwierigkeiten in Mehrfamilienhäusern
Dass es in Mehrfamilienhäusern diese Tücken geben kann, weiß auch die DGN. Martin Herkommer, Regionalleiter Süd beim Unternehmen, verweist auf das aktualisierte Wohnungseigentumsgesetz. Das erleichtert bauliche Veränderungen, wenn es unter anderem um Ladesäulen für Elektrofahrzeuge und den Anschluss ans schnelle Internet geht. Nur: Zwar dürften es Hauseigentümer nicht mehr ablehnen, dass Glasfaser ins Haus kommt. Allerdings ist eine Mehrheitsentscheidung der Eigentümer erforderlich, wenn es um den Kabelstrang durch den Gemeinschaftsbereich im Gebäude geht. Unter Umständen kann es also dazu kommen, dass zwar Glasfaser im Haus liegt, aber es zu keinem Votum über die letzten Meter bis zur Wohnung kommt.
Frank Wittich-Böcker, der bei DGN den Bereich Marketing und Sales Controlling leitet, rät zur Gelassenheit: Derzeit stünden Eigentümer von Mehrfamilienhäusern noch nicht unter Zugzwang. In vielen Kommunen laufe erst die Vorvermarktung, danach beginne man mit den Planungen, wie die Leitungen zu den einzelnen Häusern verlegt werden. Es dauere also unter Umständen noch mehrere Monate, bis eine finale Abstimmung in den Versammlungen vorliegen sollte.
Eppinger Immobilienexperte geht davon aus, dass Eigentümer, die Glasfaser wollen, das auch hinbekommen
Axel Muth aus Eppingen, der mit seinem Unternehmen unter anderem als Hausverwalter tätig ist, lässt sich von Eigentümern einen Vorratsbeschluss geben, um sich ums Glasfaser kümmern zu können. Außerdem bleibt er gelassen. Schnelles Internet ist für viele wichtig: "Wenn es Eigentümer hinbekommen wollen, dann bekommen sie es hin."