Regionale Wirtschaft fordert mehr Tempo beim Impfen
Heiße Debatten gab es in der IHK-Vollversammlung über die jüngsten Corona-Entwicklungen im Land. Die Unternehmen üben zum Teil deutliche Kritik.

Obwohl sie nur per Videokonferenz tagten, war der Gesprächsbedarf in der IHK-Vollversammlung groß. Schließlich leiden mehrere Branchen nach wie vor unter den Corona-Einschränkungen - oder mussten, wie der Handel in Heilbronn-Franken, nach wenigen Tagen die Lockerungen wieder zurücknehmen. "Die Lage ist sehr schwierig für unsere Firmen", sagt IHK-Präsident Harald Unkelbach nach der Sitzung. Im Einzelhandel gebe es sogar "eine katastrophale Situation".
Bestehende Konzepte nicht berücksichtigt
Die Kritik und Verbitterung der Unternehmer ist aus den Sätzen des Präsidenten deutlich herauszuhören. "Politiker versuchen, Dinge zu tun, von denen sie relativ wenig verstehen", sagt er zum Beispiel in Anspielung darauf, dass viele Unternehmen aus der Region Krisenkonzepte, erfahrenes Personal und Hilfsmittel besäßen - und nicht gefragt worden seien. "Jeder, der schon seit einigen Jahren in China unterwegs ist, weiß von dort, wie man mit solch einer Lage umgeht", ist Unkelbach verärgert. "Wir müssen stärker die vorhandenen Strukturen einbeziehen."
Firmen bereiten Impfungen vor
Das gelte auch für die weitere Impfkampagne. Viele Firmen verfügten schließlich über eigene Betriebsärzte oder bewährte Kontakte zum arbeitsmedizinischen Dienst. "Wir können und wir wollen Impfungen einführen", sagt Unkelbach. "Hier hätte man auch schon frühzeitig darauf zurückgreifen können." Die strikte Priorisierung der Impfberechtigten sei momentan noch ein Hemmnis - "sie kann für die Zukunft nicht mehr so bestehen", ist der Präsident überzeugt. "Hier brauchen wir andere Kriterien." Auch bei den Schnelltests stünden viele Betriebe bereit oder bieten diese bereits ihrer Belegschaft an. "Hier wünschen wir uns mehr Klarheit und Stringenz", ergänzt IHK-Hauptgeschäftsführerin Elke Döring. Es müsse doch möglich sein, eine einfache Lösung für Testnachweise einzuführen, etwa per App und QR-Code. Generell fordert Döring, die Öffnungsstrategie zu überarbeiten. "Es muss aufhören, dass wir durch die Inzidenzwerte derart geknebelt werden", sagt sie.
Impf-Priorisierung aufheben
Auch die Hauptgeschäftsführerin wünscht sich mehr Tempo beim Impfen - und die Einbeziehung der regionalen Unternehmen. "Die meisten sind doch bereits dabei, die Impflogistik bei sich aufzubauen", berichtet sie. "Dort steht man in den Startlöchern." Auch Betriebsärzte müssten bei der Verteilung der Impfdosen im Land einbezogen werden. "Es muss ein komplettes Gleichziehen geben von Betriebsärzten mit den Fach- und Hausärzten", fordert Döring. Und bei der Priorisierung der Impfberechtigten "muss ein Sonderweg eingeschlagen werden". Bislang sind in den IHK-Betrieben allenfalls Ältere, chronisch Kranke, Kontaktpersonen zu Pflegebedürftigen oder - in Prioritätsgruppe drei - Verkäuferinnen im Lebensmittel-Einzelhandel impfberechtigt.
Die neue Landesregierung sollte daher auch rasch feststehen, hofft Unkelbach. "Wir können keine Hängepartie brauchen - aber wir brauchen eine entscheidungsfreudige Regierung."