Kapazitäten zur Unterbringung von Geflüchteten aus der Ukraine an der Grenze
Die Stadt und der Landkreis Heilbronn erwarten einen weiteren Anstieg von Kriegsflüchtlingen. Wohnraum zur Unterbringung wird dringend gesucht. In Heilbronn haben bereits erste Deserteure aus Russland nach Schutz gefragt.

Die Lage rund um die Unterbringung von Flüchtlingen aus der Ukraine spitzt sich weiter zu. Bereits Anfang September hatten Stadt und Landkreis Heilbronn nicht ausgeschlossen, dass bald wieder Sporthallen oder Container zur Erstunterbringung benötigt werden. Das ist nun teilweise eingetroffen.
"Wir haben bereits die Sporthalle der Christian-Schmidt-Schule in Neckarsulm zu einer Notunterkunft hergerichtet", sagt Lea Mosthaf, Pressesprecherin des Landratsamts Heilbronn. 74 Personen können hier untergebracht werden.
"Angespanntes Zugangsgeschehen" im Landkreis
Derzeit sind im Landkreis 3472 Personen aus der Ukraine gemeldet, davon befinden sich 530 in vorläufiger Unterbringung, informiert Mosthaf. "Die Zuweisung in Anschlussunterbringung erfolgt dann über unseren Verteilungsschlüssel nach Einwohnerzahl und basiert noch auf einer freiwilligen Abnahmeerfüllung der Kommunen." Im September seien weniger Geflüchtete angekommen, "allerdings nur, weil die bundesweite Verteilung derzeit nicht optimal läuft". Mosthaf spricht von einem "angespannten Zugangsgeschehen". Im Vergleich zu 2015 seien seit Kriegsbeginn schon jetzt mehr Geflüchtete im Land angekommen als seinerzeit im gesamten Jahr.
Verfügbare Plätze bereits überbelegt
Baden-Württemberg habe seine Aufnahmequote noch nicht erfüllt und sei das nächste Bundesland, das seine Rückstände abbauen muss, so Mosthaf. "Wir rechnen daher wieder mit steigenden Zugängen." Die 1448 Plätze, die dem Landkreis zur Verfügung stehen, sind allerdings bereits überbelegt: "Nur durch die regelmäßige Zuweisungen in die Anschlussunterbringung können wir von Woche zu Woche einige freie Plätze schaffen." Erleichterung schaffe unter anderem die Unterstützung durch private Wohnraumangebote.
Darauf setzt auch die Stadt Heilbronn. "Vorsorglich sondieren wir weiterhin den Wohnungsmarkt nach freien Kapazitäten und freuen uns weiterhin über Angebote", sagt Rathaus-Pressesprecherin Claudia Küpper. In Heilbronn wurden bislang 1524 ukrainische Geflüchtete erfasst, von denen 200 bereits wieder weggezogen seien. "Neuankömmlinge kommen jetzt seltener auf dem privaten Weg, sondern vielmehr über Zuweisungen des Landes." Noch verfüge die Stadt über freie Kapazitäten, so Küpper. Bei weiter steigenden Zahlen werde es aber schwieriger. Derzeit sei die Sporthalle im Augärtle für die kurzfristige Flüchtlingsunterbringung hergerichtet.
Vorgehensweise bei Anfragen von Deserteuren aus Russland
Auf die Frage, ob Deserteure aus Russland Schutz in Heilbronn suchen, berichtet Küpper, dass die Stadt vereinzelt Anfragen per E-Mail erreicht haben. "Allerdings müssen russische Geflüchtete im Gegensatz zu Geflüchteten aus der Ukraine beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Asyl beantragen und werden dann über das geltende System auf die Kommunen verteilt."
Russische Staatsangehörige, denen politische Verfolgung droht, können in Deutschland Asyl beantragen. Deserteure, die von schweren Repressionen bedroht sind, erhalten in der Regel internationalen Schutz in Deutschland, erklärt eine Sprecherin des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge auf Stimme-Anfrage. Jedoch sei die Erteilung von Asyl eine Einzelfallentscheidung, in deren Rahmen auch eine Sicherheitsüberprüfung erfolgt.
Bewertet werde immer die individuell vorgetragene Fluchtgeschichte. Die Herkunft aus einem bestimmten Land oder ein bestimmter Fluchtgrund, wie beispielsweise eine Kriegsdienstverweigerung oder eine Desertion, führten nicht automatisch zu einem Schutzstatus oder zur Ablehnung des Asylantrags, heißt es weiter.
"Die Aufnahmestellen und Hallenkapazitäten sind erschöpft"
"Die Aufnahmestellen und Hallenkapazitäten im Land sind erschöpft. Die Belegung von Sporthallen soll vermieden werden, ist aber in anderen Landkreisen Realität", sagt der Eppinger Oberbürgermeister und Vizepräsident des Gemeindetags, Klaus Holaschke. In Eppingen versuche man, die Situation durch den Kauf weiterer Wohngebäude aufzufangen. 185 Menschen aus der Ukraine sind derzeit in der Stadt untergebracht, darunter viele Kinder und Jugendliche. "Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels an Schulen und Kitas stellt die Flüchtlingssituation eine enorme Herausforderung für die Kommunen dar", so Holaschke.
In Neckarsulm konnten nach Angaben von Pressesprecher Andreas Bracht die Aufnahmequoten bislang erfüllt werden. Seit Februar wurden dort 243 Ukraine-Flüchtlinge aufgenommen, 135 von ihnen sind in privaten, 108 in städtischen Wohnungen untergebracht. Aktuell stehen laut Bracht noch 44 Plätze in eigenen und angemieteten Wohnungen zur Verfügung, die aber nur nach und nach belegt werden könnten. Mit 36 Personen bereits voll belegt ist die Gemeinschaftsunterkunft im Grundschulgebäude der Wilhelm-Maier-Schule in Obereisesheim.
Dieser Artikel wird in unserem Nachrichten-Podcast AbendSTIMME erwähnt - für weitere Nachrichten aus der Region können Sie hier den ganzen Podcast anhören.
Mit dem Podcast AbendSTIMME informieren wir Sie von Montag bis Freitag über die wichtigsten lokalen und regionalen Nachrichten auf stimme.de und überall, wo es Podcasts gibt.

Stimme.de