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Rebenzüchter machen Trauben Schritt für Schritt fitter

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Pilzwiderstandfähige Rebsorten sind im Kommen. Seit über 100 Jahren arbeiten Züchter akribisch auf bestimmte Resistenzen hin. Der Heilbronner Öko-Pionier Andreas Stutz spricht von vier Piwi-Generationen.

Piwis gibt es schon seit über 100 Jahren. Die erste Generation wurde um 1900 aus Kreuzungen robuster amerikanischer oder asiatischer Wildreben mit empfindlichen europäischen Kulturreben gezüchtet: in erster Linie zum Schutz gegen die aus Amerika eingeschleppte Reblaus und gegen Mehltau-Pilze. In einem Aufsatz für das Fachblatt "Der Deutsche Weinbau" lässt der Heilbronner Öko-Winzer Andreas Stutz mit einem Autorenteam die Geschichte der Piwi-Züchtung Revue passieren.

Rodungen unter den Nazis

Während des Nationalsozialismus mussten diese Reben in Deutschland und Österreich gerodet werden: wegen "nicht arischen Ursprungs" des Genmaterials. Nach dem Zweiten Weltkrieg flossen Piwi-Trauben bis in die 1960er Jahre vornehmlich in die Weinbrand-Erzeugung ein, etwa in den Armagnac in Frankreich. Unterstützt durch staatliche Förderprogramme schrumpfte ihr Bestand aber bald auch dort. Heute stehen Rebsorten der ersten Piwi-Generation vorrangig in der Schweiz, Österreich und in wenigen Betrieben in Süddeutschland.

 


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Zwischen Regent und Donauriesling

Die zweite Generation an Piwi-Reben folgte in den 1960er bis 1980er Jahren. Besonders aktiv waren schon damals das Julius-Kühn-Institut (JKI) in Siebeldingen/Pfalz, das etwa den Regent hervorbrachte, und das Staatliche Weinbauinstitut in Freiburg (WBI) mit einer großen Anzahl an weißen (Solaris, Merzling, Johanniter, Helios) und roten Reben (Cabernet Cortis, Prior, Monarch). Nicht zu vergessen: Höhere Bundeslehranstalt und Bundesamt für Wein- und Obstbau in Klosterneuburg/Österreich mit dem Donauriesling. "Damalige Züchtungsziele, wie zum Beispiel frühere Reife, sind durch den Klimawandel zwischenzeitlich überholt", weiß Stutz. Der sogenannte "Fuchston" als unliebsames Geruchsmerkmal der ersten Piwi-Generation sei heute sensorisch nicht mehr wahrzunehmen.

Der legendäre Valentin Blattner

Bei der dritten Generation wurden seit 1990 durch weitere Rückkreuzungen die Resistenzen gegenüber Mehltau gestärkt und die Qualität der Weine weiter gesteigert. Stutz hebt hiervor allem den Schweizer Züchter Valentin Blattner mit Cabernet Blanc und Cabertin sowie das Weinbauinstitut Freiburg mit Souvignier Gris hervor.

Geheimtipp: Sauvitage aus Weinsberg

Mit der vierten Generation an Züchtungen ist die Resistenz seit den 1990er Jahren weiter verbessert worden, vor allem gegen Peronospora-Pilze. Durch lockerbeerige und nicht zu lange Trauben hat auch die Fäulnisgefahr abgenommen. Öko-Pionier Stutz hebt hier vor allem die mittlerweile sehr gefragte Sorte Sauvitage der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Wein und Obstbau (LVWO) Weinsberg hervor sowie den Calardis Blanc vom Julius-Kühn-Institut. Hinzu kämen etliche andere, noch namenlose Sorten, die bisher nur Züchtungsnummern tragen, etwa We 94-26-37.

In den vergangenen Jahren sind laut Stutz folgende Züchtungsziele in den Vordergrund gerückt: größere Widerstandskraft gegen Oidium und Peronospora mit möglichst vielen positiven Eigenschaften wie etwa späte Reife, senkrechtes Triebwachstum, lockere Beeren, gute Frosthärte und nicht zuletzt gute Weinqualität. 

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