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Staatsanwaltschaft Heilbronn: Rasen auf den Straßen der Region ist keine Seltenheit

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Die Heilbronner Staatsanwaltschaft leitete 2022 im Durchschnitt jede zweite Woche ein Verfahren wegen Straßenrennen ein. Dabei dürfte es sich nur um die Spitze des Eisbergs handeln.

Mit überhöhter Geschwindigkeit rücksichtslos durch die Stadt: Mit Straßenrennen beschwören die meist jungen Fahrer immer eine Gefahr hervor für sich und für andere.
Mit überhöhter Geschwindigkeit rücksichtslos durch die Stadt: Mit Straßenrennen beschwören die meist jungen Fahrer immer eine Gefahr hervor für sich und für andere.  Foto: DKcomposing/stock.adobe.com

Gegen den Todesfahrer in der Wollhausstraße hat die Heilbronner Staatsanwaltschaft Anklage erhoben. Im Februar starb ein 42-jähriger Familienvater, weil ein 20-jähriger Mann mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit mit seinem BMW in das Auto einer Familie krachte. Dieser Fall ist eine Tragödie, Rasen auf den Straßen aber keine Seltenheit.

Die Staatsanwaltschaft hat im vergangen Jahr 28 Verfahren wegen Straßenrennens eingeleitet. Das sind im Durchschnitt alle zwei Wochen eines.

Staatsanwaltschaft: Wettrennen sind im Einzelfall nur schwer nachzuweisen

"Straßenrennen - das ist ein Kriminalitätsfeld, das die Öffentlichkeit interessiert", sagt der Leitende Oberstaatsanwalt Frank Schwörer. Ein rechtlich einfaches Kriminalitätsphänomen seien sie aber nicht. Wenn sich zwei Fahrer ein Wettrennen liefern, "ist das im Einzelfall nur schwer nachzuweisen", sagt auch Oberstaatsanwalt Jan Holzner.


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Die alarmierte Polizeistreife trifft meist erst ein, wenn das Wettrennen längst vorüber ist. "Autorennen sind Momentaufnahmen und dynamische Geschehen", sagt Holzner. Rückwirkend ließen sie sich schlecht rekonstruieren. Wer saß wann in welchem Fahrzeug? Und welche Fahrzeuge waren überhaupt beteiligt?

Staatsanwaltschaft: Straßenrennen bleiben häufig einfach unbemerkt

Darüber hinaus sei für die Behörden auch der Nachweis kaum zu führen, dass zwei Fahrer die Übereinkunft getroffen haben, gegeneinander anzutreten. So behandeln von den 28 Verfahren, die die Staatsanwaltschaft Heilbronn 2022 eingeleitet hat, lediglich fünf "echte Kraftfahrzeugrennen". Wie viele Rennen tatsächlich stattfinden, sei schwer zu sagen. Häufig blieben sie einfach unbemerkt.

Dabei stehen die Rennen in der Statistik der Staatsanwaltschaft nicht ganz oben auf der Liste. Das Gros der erheblichen Tempoüberschreitungen führt die Anklagebehörde auf Fälle von Polizeiflucht zurück. Hier waren 2022 insgesamt 16 Verfahren anhängig. Weitere sieben Fälle überschreibt die Staatsanwaltschaft mit "Alleinrennen", in dem ein Autofahrer ohne erkennbaren Konkurrenten mit nicht angepasster Geschwindigkeit, grob verkehrswidrig und rücksichtslos fährt, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen. Hier hat die Staatsanwaltschaft im vergangenen Jahr sieben Verfahren eingeleitet

Unfälle und schwerverletzte Beifahrer durch Straßenrennen

Gegen 33 Beschuldigte hat die Staatsanwaltschaft 2022 ermittelt, darunter 23 Erwachsene und zehn Heranwachsende unter 21 Jahren. Aktuell sind hiervon noch sechs Verfahren anhängig. Acht Anklagen hat die Behörde erhoben und neun Strafbefehle erteilt. Der Rest wurde eingestellt. Fünf Unfälle führt die Staatsanwaltschaft im vergangenen Jahr auf Straßenrennen zurück. Drei davon bei Alleinrennen. Dabei gab es zwei schwerverletzte Beifahrer. Zwei Unfälle passierten, als die Fahrer vor der Polizei geflüchtet sind.

Geldstrafen von 40 bis 100 Tagessätzen sprach die Behörde aus. Und es gab fünf- bis sechsmonatige Freiheitsstrafen, die zur Bewährung ausgesetzt wurden. Außerdem wurden mehreren Rasern die Fahrerlaubnis entzogen. Sie dürfen zwischen drei Monate und einem Jahr kein Kraftfahrzeug mehr lenken.

Aufgemotzte Karosserien und lautstarke Motoren

In der sogenannten Poser-Szene seien mehr als 400 PS unter der Haube keine Seltenheit, weiß Oberstaatsanwalt Martin Renninger. Die Karosserien der getunten Fahrzeuge sind aufgemotzt und die Motoren heulen lautstark. Die Poser-Szene erhitzt auch in Heilbronn immer wieder die Gemüter. Poser wollten sich in erster Linie darstellen, so Renninger. "Sie wollen zeigen, dass sie einen starken Motor haben." Mit Autorennen sei diese Gruppe nicht so einfach in Verbindung zu bringen. "Was nicht bei uns landet oder im Straßengraben, ist in der Poser-Szene zu sehen", sagt der Oberstaatsanwalt.

Laut Renninger sei es nicht schwer, an solche Fahrzeuge zu heranzukommen. Deren Fahrer litten oft unter Selbstüberschätzung. Angestachelt würde die Gruppe meist junger Männer auch von "Filmen, die das Thema glorifizieren".

Aufnahmen von privat

Autorennen sind nur schwer nachzuweisen, so die Staatsanwaltschaft Heilbronn. Hilfreich könnten aber Aufnahmen sein, die die beteiligten Fahrzeuge und Fahrer sowie das Rennen selbst zeigen. Auch private Aufnahmen können einen Anfangsverdacht begründen und weitere Maßnahmen gegen Fahrer rechtfertigen, so die Staatsanwaltschaft.

Wie die Behörde weiter betont, sollten solche Aufnahmen nicht veröffentlicht, sondern nur Strafverfolgungsbehörden ausgehändigt werden. Grundsätzlich gelte, dass Personen sich bei den Aufnahmen niemals selbst gefährden sollten.

 

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